Klara Angress geb. Affenkraut

*7.4.1920 in Leipzig; oo Erwin Angress; Paderborn; ✡ 3.3.1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos

Vater Israel Moses Affenkraut *15.6.1885 in Brochnia; Textilhändler; ✡Auschwitz
Heirat der Eltern 21.10.1911

Mutter Reisel Dwora Unger *31.10.1884 in Wisnitz, Bukowina; Tod nach 21.1.1942 in Riga
Geschwister

Sophie Sonia Affenkraut *26.4.1913; oo 20.3.1936 Mordechai Spektorow; 1939 in die USA
Egon/IgonAffenkraut *1915; 1934 nach Palästina
Cäcilia Affenkraut *4.3.1917; 9.4.1935 nach Holland; Dez.1935 nach Palästina; oo Isaac Lew
Rosa Affenkraut *19.11.1918 in Leipzig; ✡5.4.2012 USA; oo Boris Oschrin (1919-1980)

Ruth Affenkraut *31.1.1926 in Leipzig; Dez. 1939 Haifa; oo Hoffman

Leni Affenkraut *8.11.1927; Belgien; Rivesaltes, Frankreich, Drancy; ✡26.8.1942 Auschwitz

Edith Affenkraut *11.10.1929 in Leipzig; 29. 9. 1944 Lissabon->New York ; oo Jakob Wornian; ✡2014
Beruf –
Adressen Leipzig, Humboldstraße 2; Walter-Blümel-Straße 21

Heirat 13.7.1942 in Paderborn mit Erwin Angress 16.5.1921 in Königshütte; + 3.3.1943 Auschwitz
Kinder –
Weiterer Lebensweg
3. 10.1934 Bruder Egon eingewandert in Palästina
Dez.1935 Schwester Cäcilia nach Palästina
1938 Schwester Sophie mit Ehemann Mordechai Spector nach Mailand
28.10.1938 Familie Affenkraut soll nach Zbaszyn abgeschoben werden, Schwester Edith berichtet:
„Als wir zu Hause ankamen, haben wir meiner ungläubigen Mama alles erzählt. Sie hatte schreckliche Angst, weil Papa bei der Zwangsarbeit war. Sie war sich sicher, dass er schon deportiert worden war. Meine Schwester Klara rannte in die eine Richtung, um Papa zu suchen. Meine andere Schwester Rosa rannte in die andere. Das war an einem Freitag im Oktober. Irgendwann kamen sie endlich wieder. Wir haben unsere Taschen gepackt und gegen 18 Uhr hat uns ein Polizist abgeholt und wir mussten nach Beuthen. Wir hatten Glück. Weil wir Kinder nicht auf den Pässen unserer Eltern standen, konnten wir die Grenze nicht überqueren und wurden zurück nach Leipzig geschickt. Wir kamen am Sonntag wieder in Leipzig an.“

Vater Israel flüchtet mit den beiden jüngeren Schwestern Edith und Leni nach Belgien
17.5.1939 in Leipzig mit der Mutter und 4 Geschwistern bei Minderheiten-Volkszählung
14.7.1939 Mutter will mit den Kindern Rosa, Klara, Ruth, nach Belgien; die Mutter Rosa, Ruth und Klara werden an der Grenze abgewiesen und müssen umkehren; daraufhin gehen Klara und Ruth zur Hachschara in das Umschulungsheim Hamburg Blankenese
30.11.1939 Schwester Ruth verlässt Blankenese

11.12.1939 Schwester Ruth Grenzübertritt nach Italien am Brenner
19.12.1939 Schwester Ruth gelingt die Emigration nach Haifa, Palästina

14.-23.12.1939 Sophie mit Ehemann Michael auf der SS CONTE DI SAVOIA von Mailand kommend ab Genau nach New York
1.3.1940 mit Schwester Rosa angemeldet im Hachschara-Umschulungslager Paderborn
20.1.1941 Schwester Rosa abgemeldet aus Paderborn nach Leipzig „zur Auswanderung“, da die Deportation der Mutter nach Riga angeordnet ist und sie diese nicht allein lassen wollte

21.1.1942 Transport von Schwester Rosa und der Mutter von Leipzig nach Skirotawa, Riga; Schwester Rosa nachträglich freiwillig auf der Liste
24.1.1942 Ankunft der Mutter und Rosa Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga
13.7.1942 Heirat mit Erwin Angress im Standesamt Paderborn
17.7.1942 Schwester Cila deportiert von Pithiviers auf Transport 6 nach Auschwitz
26.8.1942 Vater Israel mit Schwester Leni von Drancy Transport 24, Train 901-19 nach Auschwitz
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
27.2.1943 das Lager Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld; mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Judischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht” ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Erwin Angress wird ins Lager eingewiesen zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 104892.

17.-29. 9. 1944 Schwester Edith auf der SS NYASSA von Lissabon->Philadelphia; Ziel Schwester Sophie Spector in Philadelphia; letzter Wohnort Lissabon; es ist anzunehmen, dass Edith Affenkraut illegal mit Schleusern über die Pyrenäen nach Barcelona und dann weiter nach Lissabon gebracht wurde.
18.1.1945 „Evakuierung“ von Auschwitz; nach Todesmärschen aus Auschwitz über Gleiwitz nach Bergen-Belsen wird Erwin Angress am
10.4.1945 von britischen Truppen befreit.
Gedenken
20.4.1983 Page of Testimony von Schwester Rosel Oschrin
5.4.1990 Page of Testimony von Paderborn Chawer Alfred Ohnhaus

Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
www.80jahrepogrom.jgpb.de › erwin-angress
https://stolpersteine-guide.de/map/biografie/2138/affenkraut-familie
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de829104
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de829153
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1049353
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de35350
U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)
www.spurenimvest.de/2021/10/01/affenkraut-rosa/
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Passenger Lists of Vessels Arriving at Philadelphia, Pennsylvania, 1883-1945 (National Archives Microfilm Publication T840, roll 178, line number 29, record id 004855979_00333_28); Digital Folder Number 004855979, Image Number 00333-s