Edel Miriam

Margot Edel Miriam Ron geb Edel

*30.4.1922 in Stolp (Slupsk); ✡ 28.5.2014 Kfar HaMaccabi

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Oskar Edel 24.1.1889 in Krajenka Polen; ✡1962 in USA

Mutter Rosa Reich *31.3.1889 in Krajenka Polen; ✡ 1942 in Auschwitz

Geschwister

Hildegard Edel *29.4.1921 in Stolp; ✡ 1943 in Auschwitz

Ruth Edel *12.12.1923 in Stolp; ✡ 13.6.1942 in Auschwitz

Ilse Edel *14.11.1926 in Stolp; ✡ 1942 in Auschwitz

Beruf

Adressen

Heirat 27.10.1948 Heirat im Rabbinatsgericht in Haifa, Arlozorov-Straße mit Naftalie Rosenthal Ron (*27.11.1920, ✡19.1.2016 in Kfar HaMaccabi)

Kinder

Jonathan Ron

Jakob Ron *2.8.1956 in Kfar HaMaccabi

Weiterer Lebensweg

1928 bis 1935 Besuch der Volksschule

1935 mit 13 Jahren als Jüdin von der Volksschule verwiesen

Ihre Bewerbung für eine Pflegeausbildung am jüdischen Krankenhaus Berlin wird abschlägig beschieden

Oktober 1936 wurde die Hachschara-Stätte Ahrensdorf offiziell mit 40 Jungen und Mädchen aus vielen Städten Deutschlands eröffnet.

Späterer Ehemann Naftalie Rosenthal gehört zur ersten Gruppe nach Eröffnung von Ahrensdorf durch den Makkabi HaZair

10.11.1938 Vater Oskar verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ in Sachsenhausen

Dezember 1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Sachsenhausen mit der Auflage, Deutschland zu verlassen

17.5.1939 mit den Eltern und den jüngeren Schwestern in Stolp bei Minderheiten-Volkszählung

1939 Vater Oskar Edel mit dem Flugzeug nach Shanghai mit seinen drei Schwägern Philipp, Isidor, und Joseph Reich

1939 Vater als Metzger und die drei Schwäger Reich bereits im jüdischen Adressbuch von Shanghai, 138 Ward

Oktober 1939 zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf

Ende Mai -Ende September 1941 Auflösung des Hachscharalagers Ahrensdorf;

27.5.1941 Verlegung mit 15 Chawerim in das Lehrgut Neuendorf im Sande;

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung der noch bestehenden in „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager“

Oktober 1941 wird Miriam mit einer kleineren Gruppe von ca. 10 Chaluzim noch zu Wiederherstellungsarbeiten nach Ahrensdorf zurückgeschickt

26.12.1941 Entlassung von Naftalie Rosenthal aus dem britischen Camp Atlith

4.1.1942 sechs Chaluzim aus der Aufräumgruppe verlegt ins Arbeitseinsatzlager Paderborn

3.2.1942 Schwester Hildegard Edel auf dem 28. Osttransport von Berlin nach Auschwitz

5.5.1942 (?) Miriam zurück nach Neuendorf bei Fürstenwalde; sie arbeitet in einer Wäscherei in Fürstenwalde außerhalb des Lagers

12.6.1942 Fahrt nach Stolp mit der Frau des Lagerleiters von Neuendorf Martin Gerson, Bertel Beila Helmenreich-Gerson (*4.3.1902 in Krukenice, Galizien) auf einen Besuch zu ihrer Mutter und den jüngeren Schwestern Ruth und Ilse; Martin Gerson war zu der Zeit einer wenigen Juden in Deutschland, die noch einen Führerschein hatten

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

9.4. 1943 Herbert Growald teilt symbolisch die Makkabi Degel (Fahne) in 12 Teile, verteilt sie mit dem Auftrag, sie in Eretz Israel wiederzusammenzufügen

9. 4.1943 Aus Neuendorf auf LKW zum Bahnhof Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin ins Sammellager Große Hamburger Straße

19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.

Esther Bejarano erinnert sich:

„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“

Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere. Schimschon und Esther hatten sich getrennt, sie hatte inzwischen ein Auge auf Eli Heymann geworfen, an dessen Seite sie den Transport in die Hölle überstand.

20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Auschwitz-Kalendarium:

„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“

Häftlingsnummer  ?

Miriam kommt in ein Straßenbau-Kommando, muss Straßen pflastern

Einess Tages erkrankt sie mit Typhus, kommt sterbenskrank in den Häftlingskrankenbau von Birkenau.

Es wird auch eine Malaria diagnostiziert.

Nach ihrer Erholung kann sie in die Nähstube wechseln

15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner  30 km aus dem Osten

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;

18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau

Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches :

Zofia Posmysz:

„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“

Asher Aud:

„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“

Sigmund Kalinski:

„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“

Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück

Isidor Philipp berichtet:

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

21./22.1.1945 Ankunft der 400 Frauen aus Birkenau am Bahnhof in Loslau

22.1.-27.1.1945 Miriam mit Freundin Anni auf Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“

Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.

März/April bei Auflösung des Jugendlagers für wenige Tage ins Frauenlager des KL Ravensbrück

Anfang April 1945 mit einem Personenzug ins Lager Malchow, Außenlager des KL Ravensbrück

April 1945 Erneute Todesmärsche“ mit jeweils 2000 bis 3000 Frauen in zahlreichen Kolonnen aus dem bereits überfüllten KL Ravensbrück in mehrere Richtungen. Geschwächte und kranke Häftlinge, die dem Marsch nicht mehr folgen konnten, wurden erschossen. Die etwa 1500 Überlebenden des ca. 60 km langen Fußmarsches, die im April 1945 im Außenlager Malchow ankamen, sollten hier nur wenige Tage bleiben.

April 1945 Ankunft von Miriam in das Außenlager Malchow. Dort trifft sie ihre Freundin Esther Loewy (Bejarano) aus Ahrensdorf, Neuendorf und Auschwitz wieder. Sie bleiben von nun an bis zur Entlassung aus dem britischen Internierungscamp Atlith nahe Haifa im September 1945 zusammen.

Karte Todesmarsch, Grafik: Norbert Günther

1.5. 1945 Befehl der SS, das Lager Malchow zu räumen, Todesmarsch über Plau endet in Lübz.

1.5.1945 werden sie erneut auf dem Marsch getrieben. In der Umgebung der Stadt Crivitz traf der größere Teil der Sachsenhausener Häftlinge aus dem Waldlager Below auf die Frauen aus dem KL Ravensbrück, deren Todesmarsch sie über das Außenlager Malchow, nicht weit von Below entfernt, geführt hatte.

Der Zug mischt sich mit großen Flüchtlingsströmen. Die Wachmann-schaften werden von Tag zu Tag weniger, bis sie ganz verschwunden sind.

Anni Rosenhain, Margot Edel, Esther Loewy, Sylvia und Karla Wagenberg, Susi Rosenthal aus Essen und Irmgard Müller aus Halle treffen auf die Chawera Esther Loewy (Bejarano), die aus dem KL Ravensbrück dazukommt.  Auf dem Marsch lösen sie sich unbemerkt aus der Kolonne und können sich in einem Wald verstecken. Sie bleiben bis zum Kriegsende zusammen.

Sieben von nun an freie Gefährtinnen bitten einen Bauern Nahe Lübz um ein Nachtlager; sie bekommen sogar einen Eimer gekochte Kartoffeln.

3.5.1945 am nächsten Morgen rollen die US-Tanks in den Ort und nehmen die jungen Frauen zu einer gemeinsamen Siegesfeier mit Soldaten der ebenfalls eingetroffenen Roten Armee in den Ort Lübz mit. Esther Loewy begleitet das Fest auf dem Akkordeon.

3.5.1945 Befreiung durch US-Truppen in Lübz in Mecklenburg

4.5.1945 mit den sich zurückziehenden US-Truppen nach Schwerin

Esther Loewy/Bejarano berichtet von der Befreiung

„Am 3. Mai bin ich befreit worden. An diesem Tag fühlte ich mich zum ersten Mal, seit wir vom Todesmarsch geflüchtet waren, sicher. Sieben Mädchen waren wir, wir haben uns im Wald versteckt. Wir sind erst auf russische Soldaten getroffen und dann auf amerikanische Tanks. Die haben uns aufgenommen, nachdem wir ihnen unsere Nummern auf dem linken Arm gezeigt haben. Sie haben uns nach Lübz gebracht.“

Von Lübz kommen Sie in das neben dem alten KL liegende DP Camp Bergen-Belsen, dort erstmals Kontakt mit der Jewish Brigade, die dort einen Stützpunkt hatte. Die Jewish Brigade empfiehlt ihnen den „Kibbutz Buchenwald“ auf dem Gehringshof aufzusuchen.

Von Bergen-Belsen zu Fuß und per Anhalter zusammen mit ihrer Freundin Esther Bejerano nach Frankfurt zu den American Headquarters um Esthers Bruder zu suchen, der als Verwundeter in die USA zurückverlegt worden war.

Esther Bejarano:

„Ich bin dann mit Miriam Edel zusammen nach Frankfurt getrampt.“

„Kibbuz Buchenwald 1945“ Foto Yad Vashem

Von Frankfurt nach Fulda zum ehemaligen Hachschara Gut Gehringshof, ab Juli 1945 Kibbuz Buchenwald

Miriam Edel mit Esther Loewy und Karla Wagenberg und einige Wochen und im „Kibbuz Buchenwald“

Vom „Kibbuz Buchenwald“ Gehringshof vermutlich durch die BRICHA בריחה  (Schleuseraktionen)  der Jewish Brigade zunächst nach Belgien, dann nach Marseille gebracht. Während sie dort auf ein Alija beth Schiff warten, macht Adolf Reich, Soldat der Jewish Brigade, zunächst Miriam Edel einen Heiratsantrag. Als diese ablehnt, fragt er Hanna Buxbaum, die freudig einwilligt. Sie zieht mit Adolf Reich nach Tarvisio, dem Hauptquartier der Jewwish Brigade in Italien; die beiden heiraten dort. Adolf Reich war bereits 1940 auf der SS PACIFIC nach Haifa gelangt; freiwilliger Eintritt in der Jewish Brigade der 8. Armee der Royal Army

Miriam Edel mit falschen Papieren als Jutta Kupferberg Mitte August 1945 Alijah Beth mit 1200 Migranten auf der SS MATAROA von Marseille nach Haifa

15.8.1945 Ankunft in Haifa

Verhaftung durch die britische Mandatsmacht im Camp Atlith zusammen mit Esther Bejerano

Entlassung durch Intervention von Esther Loewys Schwester Tosca; Esther Bejarano:

„Ich habe meine Schwester Tosca sofort benachrichtigt. Die hat mich rausgeholt und meine Freundin Miriam Edel auch.“

Miriam sucht Hilfe bei Verwandten in Haifa, die sie aber an den Kibbuz Maccabi verweisen.

Sie ist krank und muss im Kibbuz gepflegt werden

27.10.1948 Heirat mit Naftalie Rosenthal Ron im Rabbinatsgericht in Haifa, Arlozorov-Straße

Ende 1949 Vater Oskar Edel aus Shanghai nach Israel mit seinen drei Schwägern Philipp, Isidor, und Joseph Reich

1961 Operation wegen Gebärmutter-Krebs; anschließend zunächst wieder im Kibbutz Hühnerstall, dann aber auf Drängen des Ehemannes in der Näherei

1962 Anni, Miriams Gefährtin aus Auschwitz, kommt aus New York nach Israel zu Besuch

Okt 2012 mit Lungenentzündung ins Carmel-Krankenhaus in Haifa

2013 gemeinsam mit Ehemann Ron mit Lungenentzündung ins Carmel-Krankenhaus in Haifa

28.5.2014 Tod von Miriam Ron in Kfar Maccabi

Gedenken

24.5.1955 Pages of Testimony für die Mutter und die drei Schwester von Miriam Ron

Grabstein für Naftalie und Miriam Ron in Kfar Maccabi

Quellen

Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen

Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V

Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004

http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html

Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013

Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989

Video-Interview mit Issy Philipp 1994

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Danuta Czech, Auschwitz-Kalendarium

https://genealogyindexer.org/view/1939Shanghai/41

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1016845

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de853814

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de853861

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1187035

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883

https://www.ortschroniken-mv.de/images/d/d9/MAL_KZ_Aussenlager.pdf

https://www.ernster.com/annot/564C42696D677C7C393738333839313434333533387C7C504446.pdf?sq=2

https://www.spiegel.de/geschichte/esther-bejarano-ist-tot-erinnungen-an-den-sommer-1945-a-06923ddf-6dc0-4c75-8136-011be044df7a

https://www.topfundsoehne.de/ts/de/service/mediathek/videos/2020/139178.html

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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