Unikower Siegbert

Franz Siegbert Unikower

*11.5.1901 in Breslau; ✡ 29.9.1997 in Langen bei Frankfurt

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Gustav Heimann Ludwig Unikower *4.10.1872 ✡1935

Heirat der Eltern 1898 in Kepno, Polen

Mutter Jenny Cohn *5.6.1877 in Kepno; ✡ 1926

Geschwister

Heinz Unikower *1.5.1907 in Breslau; Palästina

Beruf Jurist; Dr. jur.; Richter; Anwalt

Adressen Breslau, Gräbschener Straße 4; ab 1933 Tauentzienstraße 12 (Jüdischen Synagogengemeinde)

Heirat

1. Ehe 29. Mai 1925 Ilse Gerson *13.3.1902 in Duisburg; später Eisenstädt; 1942 nach Auschwitz

2. Ehe 1931 Schauspielerin Helene Nowak

3. Ehe 1942 Krankenschwester Charlotte Bremer *15.4.1905 in Berlin; ✡April 1943 im HKB Auschwitz-Birkenau mit Flecktyphus

4. Ehe 12.2.1949 Ursula Bauer *1918; Volksrichterin

Tochter Eva Unikower *15.10.1926 in Breslau; überlebt in Frankreich

Weiterer Lebensweg

1907 -1911 Volksschule

1911-1918 Realgymnasium am Zwinger in Breslau, Abschluß mit „Notabitur“

Juni-November 1918 Landsturmmann der Reichswehr im 1. WK, ohne Verwundungen

1919 Sekretär der jüdischen Arbeiterfürsorge

1919-1922 Jura-Studium an der Universität Breslau, Dissertation

Dezember 1922: Dissertation über „Das Delikt § 327 Str.-Ges.-B.“ (Seuchengesetz)

1921 Eintritt in die SPD; Vereinigung sozialistischer Juristen; als Jurist für die Sozialistische Arbeiterjugend und Gewerkschaftsorganisationen tätig

Heimatadresse Vater Gustav in Breslau

2.-14.2.1928 Bruder Heinz auf der SS CLEVELAND von Hamburg nach New York

17.5.1939 in Breslau bei Minderheiten-Volkszählung

Referendar an Gerichten in Oels und Breslau

1926-1928 Amts- und Landrichter

März 1927 Justizministerium Berlin, Assessor-Examen

1928-33 Anwaltstätigkeit in Breslau im Haus des Vaters Gustav; Zulassung am Land- und Amtsgericht

1933 Entzug der Zulassung als Rechtsanwalt; als Rechtsberater tätig, u.a. für Devisen-Angelegenheiten und Verwaltung ausländischen Vermögens;

1934 der in die USA emigrierte Bruder Heinz wandert nach Palästina aus

10.11.1938 verhaftet im Novemberpogrom,

11.11.1938 „Schutzhaft“ im KL Buchenwald, Häftlingsnummer 23001

6.1.1939 Entlassung aus Buchenwald;

Scheidung von seiner Ehefrau Helene

1938 Tochter und deren Mutter emigrieren nach Frankreich, von wo die Mutter nach Auschwitz deportiert wurde und umgekommen ist, die Tochter hat überlebt und wohnte nach 1945 in Toulon

1940-41 Zwangsarbeit in Breslau für die städtische Müllabfuhr

Sommer 1941 bis zur Fabrikaktion 27.8.1943 Zwangsarbeit bei den Fahrzeug und Motorenwerken (FAMO) GmbH in Breslau, zuletzt als Maschinenarbeiter

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

28.2.1943 Festnahme mit Ehefrau Charlotte im Rahmen der Fabrikaktion, in Breslau bezeichnet als „VII. Aktion“ bzw. „Märzwelle“; zunächst Verbringung in die Sammelstelle im Hof der alten Synagoge in Breslau, Wallstraße

5.-6.3.1943 Transport per Bahn und Ankunft in Auschwitz

8.3. 1943 Arbeitseinsatzführer Schwarz meldet an das RSHA in Berlin:

„Transport aus Breslau, Eingang 5.3.43, Gesamtstärke 1405 Juden. Zum Arbeitseinsatz gelangten 406 Männer (Buna) u. 190 Frauen. Sonderbehandelt wurden 125 Männer u. 684 Frauen u. Kinder.“

Unikower wird an der Rampe zum Arbeitseinsatz im KL Monowitz (IG-Farben-Werk BUNA) selektiert; ihm wird die Häftlingsnummer 107132 in den linken Unterarm tätowiert; zunächst Arbeiter im Holzplatzkommando

Oktober 1943 Schreiber für die Lagergestapo „Politische Abteilung II“

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge; aus dem KL Monowitz ca. 10000 Häftlinge auf dem Todesmarsch über 42 km von Monowitz nach Nikolai

Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

Übernachtung in einer Ziegelei in Nikolai. weitere 25 km bis nach Gleiwitz

Von Gleiwitz in Güterwaggons mit 4000 Häftlingen durch Tschechien in offenen Güterwaggons zum KL Mauthausen in Österreich, wo der Transport wegen Überfüllung vom Lagerkommandanten abgewiesen wird. Rückfahrt nach Thüringen

28.1.1945 Ankunft von 3500 und 500 Toten im KL Dora Mittelbau; in den nächsten zwei Tagen sterben weitere 600 diese Transportes; Unikower erhält die Häftlingsnummer 107 738

2.2.1945 Überstellung in das Dora-Nebenlager Boelcke Kaserne

6.2.1945 Rücküberstellung ins Hauptlager Dora, dort wieder Schreiber für die „Politische Abteilung“

5.5.1945 Evakuierung mit dem letzten Transport aus Dora

14.4.1945 Ankunft im überfüllten Frauen-KL Ravensbrück; Unterbringung im Jugendlager Uckermarck

Registrierung im KL Ravensbrück

24.4.1945 nach Weitertransport Ankunft im Auffanglager Wöbbelin, Außenlager des KL Neuengamme

2.5.1945 die SS-Wachen fliehen nach einem Luftangriff; Befreiung des Lagers Wöbbelin durch die 82. US-Luftlandedivision

Isidor Philipp berichtet:

„Das Glücksgefühl, wir fanden eine Flasche Cognac oder so und wir drei Leute, wir tranken bis zur Intoxikation. Am Tage, wir saßen oben in der Scheune, wir waren betrunken und schliefen ein. Dann gingen wir runter und fanden Unterschlupf bei einer freundlichen Familie, wir drei.“

„Das waren Theo (David Lehmann) und Unikower, Rechtsanwalt Unikower, schon älter, aber er war mit uns zusammen. Wir lebten hier in Rastow (10 Kilometer südlich von Schwerin). Wir lebten mit der Familie.“

Isidor Philipp berichtet, dass er Esther Loewy, später Bejerano und Miriam Edel zufällig trifft

“Ich lieh mir von der Familie ein Fahrrad und fuhr eine 30 Kilometer-Strecke nach Rostock. Ich erzählte es schon, dort traf ich die überlebenden Mädchen. Auf dem Rückweg hatte ich zwei Mädchen auf dem Rad, Neomi und Krümel. Eine davon ist heute in Kfar Macabi, im Norden. Vor zwei Monaten haben sie die Hochzeit ihres Sohne gefeiert. Sie waren mit Theo auf Hachschara. Naturlich, als sie Theo sahen und Theo sah sie, eine große Freude.“

30. September 1945 Autounfall, erneuter Ausbruch der TBC, wochenlange stationäre Behandlung

Sommer 1946 Vorsitzender Richter in Schwerin verschiedener NS-Strafprozesse

Nov.1946 -Juni 1947 Inhaftierung durch die sowjetische Militäradministration wegen seiner Tätigkeit als Richter im „Sachsenberg Euthanasie-Prozess“

7.6.1948 Gründung der Jüdischen Landesgemeinde Schwerin, 1. Vorsitzender

1952 „Beurlaubung“ als Richter in Schwerin; Vorwurf Zionismus, Agententätigkeit

10.1.1955 schreibt er aus Schwerin eine Karte an seinen Bruder Heinz in Hadera Israel

28.10.1956 Flucht nach Westdeutschland in die BRD nach der Weigerung, öffentlich gegen den „Aggressor Israel“ aufzutreten.

Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland

18.8.1966 Großes Bundesverdienstkreuz

1977 in Langen-Oberlinden

29.7.1997 Tod in Langen

Gedenken

3.6.1977 Page of Testimony für seine Frau Charlotte Bremer von Franz Unikower

20.9.1977 Page of Testimony für seine erste Frau Ilse Eisenstädt von Franz Unikower

Quellen

Beatrice Vierneisel, Franz Siegbert Unikower, ein Porträt, 2011; Link:

http://www.beatricevierneisel.de/namen/franz-siegbert-unikower

Rolf Bartusel, Biographische Skizze Franz Unikower, in Zeitgeschichte Regional, Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern, 1998

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/2744049

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/3768498

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 4210); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_sln_43a.html

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Video-Interview mit Issy Philipp 1994

Esther Bejerano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989

Esther Bejerano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013

Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen

Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015

Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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