Adolf Ulrich Adi Falkenstein
*9.4.1921 in Berlin; ✡ 31.8.2005
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
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Vater Hans Hermann Falkenstein *9.6.1881 in Friedeberg ✡18.10.1943 in Berlin
Mutter Hella Stella Drepper *8.11.1896 in Rostock ✡ 8.6.1968 in Beit Jitzchak
Geschwister
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Julius Hans Falkenstein *4.8.1923 in Polzin;
Elisabeth Falkenstein *23.6.1929 in Berlin
Beruf Damenschneider
Adressen Berlin, Neue Königstraße 11; Ahrensdorf; Ellguth; Palästina
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Heirat Mira Miriam Rosenau *27.11.1924 in Mühlhausen, Thüringen; 15.6.1916 in Beit Jizchak
Kinder zwei
Weiterer Lebensweg
Einschulung Ostern 1927
1931-1934 Humboldt-Gymnasium
1934-1935 erneut Volksschule
1935-1938 Lehre als Damenschneider im letzten jüdischen Modesalon Berlin; verliert die Stelle nach Arisierung des Betriebs
Als Jugendlicher aktiver Boxer im Makkabi Sport; seine Freunde gehören später zur Widerstandsgruppe um Herbert Baum; Kontakte mit Posnanski und Selbiger; vermutlich hier auch in Kontakt mit dem Jugendboxer Eli Ruckenstein („Shanghai Kid“), später auch Ahrensdorf-
Bei seiner Bewerbung auf einen Hachscharaplatz trifft er im Palästinaamt, Meinekestraße auf Kutti Salinger
2.8.1939 Ankunft im Landwerk Ahrensdorf; zu der Zeit ist Growald der Madrich, die Jungengruppen werden von Ernst Lindenthal und seine von Ernst Schäfer geleitet.
17.5.1939 mit den Eltern und Geschwistern in Berlin bei Minderheiten-Volkszählung
Zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair
Mai 1940 abgemeldet aus Ahrensdorf, zunächst zum Sammelplatz für Schlesien ins Umschulungslager Ellguth
16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Reiseleiter war Efraim Frank
30.8.1940 mit einer Gruppe von 29 Chawerim aus Paderborn offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt als Referenz Ernst Schaffer an
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
Hans Wendel bekommt von der Haganah den Auftrag, das Schiff mittels einer Bombenexplosion fahruntüchtig zu machen. Ein Zeitgenosse berichtet:
„Sein Kontaktmann an Bord war der frühere zionistsche Berliner Funktionär Hans Wendel. Nach den Initialen seines Namens gewöhnlich nur Hawe genannt. Hawe tarnte sich als neugieriger Gaffer, der bei den Areiten zuschaute und sich dabei mit seiner Freundin unterhielt. Tatsächlich aber waren seine mehr gemurmelten als gesprochenen Worte nicht für das Mädchen, sondern für den Abgesandten der Haganah bestimmt.“
Wendel übernimmt es, die Bombe im Bug des Schiffes zu platzieren.
25.11.1940 Sprengstoff-Explosion im Maschinenraum der SS PATRIA, gesteuert von der Haganah;
zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 jüdische illegale Einwanderer auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
In Palästina wechselnde Orte: Kibbuzim Ramat David, Hamaccabi,Fischer Kibbuz in Athlit
Heirat in Atlit mit Mira Rosenau aus dem jüdischen Kinderheim AHAWA in Haifa
Niederlassung der Familie im Moshaw Beth Jizchak
25 Jahre als Funktionär für die Arbeiterpartei in Israel
Schicksal der Familie
1943 Strafverfahren gegen den Vater (früherer Bankier) wegen Kriegswirtschaftsverbrechen (Handel mit Zigaretten)
28.4.1943 Vater wird zu einem Jahr Gefängnis verurteilt
18.10.1943 Tod des Vaters in Berlin, vermutlich in der Haft
19.5.1944 Bruder Julius Hans ab Berlin nach Auschwitz
Gedenken
19.6.1957 Pages of Testimony für Bruder Hans und den Vater von Schwester Elisheva Falkenstein Siegel
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1016653
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1010812
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9968562
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld