Reich Edith

Edith Reich

*20.5.1924 in Berlin; ✡ 31.3.2018 in Bronx, New York

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Emanuel Reich *10.5.1872 in Neu Sandetz; ✡ 5.1.1941 in Berlin

Mutter Rosa Lewin *17.10.1888 in Labischin; ✡ 7.12.1959 in Bronx, New York

Geschwister

Kurt Reich *21.8.1921 in Berlin; ✡23.9.1994 in Jersey City; oo Ursula Blass (1921-1996)

Ismar Reich *24.4.1926 in Berlin; ✡20.5.2005 in New York; oo Erika Friedrich (1926-1961)

Halbgeschwister aus erster Ehe des Vaters mit Nettie Müller (1871-1919)

Norbert Reich *1900 in Ungarn; ✡ ca. 1940 in Pyrenäen-Internierungscamp

Mallie Reich *1902 in Ungarn; ✡1942 in Auschwitz; oo Max Lychenheim (1901-1942)

Emil Reich *1904 in Ungarn; oo 1945 in Kapstadt mit Rosa

Cilli Reich *1906 in Berlin; ✡ in Sydney; oo Max Merel

Nichten, Neffe

Netty Lychenheim (Noemi Kidron)*10.3.1923 in Berlin; ✡ 17.3.2000 in Netanya

Herta Lychenheim *10.1.1925 in Berlin; ✡1942/1943 in Auschwitz

Mechel Lychenheim *4.6.1942 in Berlin; ✡11.12.1942 in Auschwitz

Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin

Adressen Berlin; Krausnickstraße 13; Ahrensdorf; Kopenhagen; Bronx; Edison

Heirat 2.7.1959 in Bronx mit Irving Reich *11.8.1921 in New York; ✡ 27.6.1994 in Edison

Kinder

Weiterer Lebensweg

24.4.1930 Einschulung

13.10.1932 Wechsel in die Schule des Jüdischen Schulvereins Berlin

Vermutlich Anfang Mai 1939 zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair mit Nichte Netty Lychenheim (Noemi Kidron)

17.5.1939 in Ahrensdorf doppelt erfasst bei Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 mit den Eltern und Brüdern bei Minderheiten-Volkszählung

September 1939 Emigration nach Dänemark zur Hachschara auf einzelnen Bauernhöfen

9.4.1940 Einmarsch der Deutschen in Dänemark; Dänemark bleibt in Teilen autonom bis zum Oktober 1943

9.12.1942 Schwester Malli Lychenheim mit Ehemann Max und Kindern Herta und Mechel auf Transport 24 von Berlin nach Auschwitz

10.9.1943 Bruder Ismar auf dem 42. Osttransport von Berlin nach Auschwitz; er kann der Deportation durch Flucht entkommen und zur Mutter Rosa nach Berlin zurückkehren; überlebt mit illegalen Papieren mit der Mutter im Versteck

Mutter Rosa und Bruder Ismar überleben mit Hilfe von Peter Friedrich

Peter Friedrich (1889-1968), Sozialist und glühender Gegner der Nazis, hielt Ismar Reich und seine Mutter von August 1943 bis zum Tag der Befreiung in seinem Haus am Rande Berlins versteckt. Der Kontakt kam über Friedrichs unverheiratete Tochter Erika zustande. Reich hatte sie in einer Wohnung kennengelernt, in der er Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt tauschte/kaufte, und die beiden jungen Leute verstanden sich auf Anhieb. Als Reich im August 1943 von der Gestapo auf der Straße aufgegriffen wurde, suchte seine Mutter Erika auf, die sie im Haus ihrer Eltern am Rande Berlins unterbrachte. Die Mutter kam bald darauf mit ihrem Sohn, der wie durch ein Wunder in letzter Minute entkommen konnte, bevor sein Zug in Auschwitz ankam. Das Haus der Friedrichs bestand aus einer Küche, einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einem kleinen Raum mit einem eingebauten Toilettenhäuschen und einem Kaninchenstall. Die Friedrichs und ihre beiden unverheirateten Töchter bewohnten das Schlafzimmer, Frau Reich schlief auf dem Wohnzimmersofa und ihr Sohn auf einem zusammenklappbaren Strandkorb – eigentlich ideal für den Fall, dass ein schnelles Verschwinden notwendig war. Im Kaninchenstall wurde schnell eine Doppelwand gebaut, die sowohl zum Verstecken bei Besuchen als auch zum Warmhalten im Winter diente. Niemand außer den Friedrichs wusste von den beiden zusätzlichen Untermietern im Haushalt, und Reich und seine Mutter trauten sich nie nach draußen.  Im Oktober 1944 brachte Friedrichs Tochter Erika ein uneheliches Kind zur Welt, die Frucht ihrer verbotenen Liebesbeziehung mit Reich.

Nach der Befreiung war Reich entschlossen, Deutschland mit seiner Mutter zu verlassen und in die Vereinigten Staaten zu gehen, doch Erika wollte sich um keinen Preis von ihrer Familie und ihrer Heimat trennen. So trennten sich ihre Wege. Erika starb etwa drei Jahre später, und ihr Kind wurde von seinen deutschen Großeltern aufgezogen. Reich hielt weiterhin den Kontakt zu seinen Gönnern aus der Ferne aufrecht. Friedrich starb 1967 in Berlin. Am 16. Juli 1985 wurde Peter Friedrich von Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ anerkannt.

Kurt, Ursula und Monika Reich überleben mit Hilfe des Ehepaars Schrödter

Während des Krieges lebten Otto Schrödter (* 1898), von Beruf Schmied, und seine Frau Hedwig Pohl (* 1896) in Hohenschönhausen, am östlichen Stadtrand von Berlin, wo sie einen kleinen Garten mit Gemüse, Hühnern und einem Schwein bewirtschafteten. Ihr Sohn Herbert wurde im Dezember 1942 zur Wehrmacht eingezogen und war an der Ostfront im Einsatz. Das Ehepaar Schrödter, beide Sozialdemokraten, verabscheute das Nazi-Regime. Im August 1943 traten die Schrödters an das Ehepaar Reich heran, das ihren Namen als eine Familie erhalten hatte, die bereit sein könnte, Verfolgten des Regimes Hilfe zu leisten. Kurt und Ursula Reich waren seit ihrer Heirat im Mai 1942 ständig unterwegs, um den Nazis zu entkommen. Im August 1943, als ihnen die Verstecke ausgingen, beschlossen sie, sich zu stellen, suchten aber zunächst einen sicheren Platz für ihre kleine Tochter Monica. Nachdem Hedwig Schrödter die Geschichte von der weinenden Mutter gehört hatte, schlug sie vor, alle drei in ihrem Haus unterzubringen. Dort blieben das Ehepaar Reich und ihre Tochter, abgesehen von einer kurzen Unterbrechung, von September 1943 bis zum Herannahen der Russen Ende April 1945. Als wäre das nicht schon Risiko genug, nahmen die Schrödters im Dezember 1943 eine weitere jüdische Familie auf, die untergetaucht war: Robert und Eva Sachs und deren 63-jährige Mutter, Johanna Hirsch. Die Schrödters lehnten jegliche materielle Entlohnung ab und versuchten sogar, die Stimmung ihrer illegalen Untermieter zu heben, indem sie sie einluden, die verbotenen BBC-Sendungen zu hören.

Am 16. Juli 1985 wurde das Ehepaar Schrödter von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt.

Ausnahmezustand in Dänemark 1943

29.8.1943 Die deutschen Besatzer verkünden den „Ausnahmezustand“ wegen zunehmender Widerstandaktionen

17.9.1943 Adolf Hitler befiehlt die „Endlösung“ in Dänemark

September 1943 Anordnung von Werner Best, SS-Obergruppenführer und Generalbevollmächtigter für Dänemark:

„Die Festnahme der zu evakuierenden Juden erfolgt in der Nacht vom 1. zum 2.10.43. Der Abtransport wird von Seeland zu Schiff (ab Kopenhagen), von Fünen und Jütland mit der Bahn Sonderzug durchgeführt“.

28.9.1943 der deutsche Diplomat Georg Ferdinand Duckwitz verrät die geplante Deportation bei einem treffenden mit dänischen Sozialdemokraten.

7700 Juden können sich mit Hilfe der dänischen Bevölkerung in einer Massenflucht über die Ostsee nach Schweden retten.

2.-5.10.1943 Edith Reich auf Transport XXV/1 von 21 Chaluzim der Jugendalija in Dänemark, insgesamt 83 in Dänemark Inhaftierten nach Theresienstadt

13.4.45 Vorbereitung auf den Abtransport in einer Kaserne in Theresienstadt

14.4.1945 Elf weiße Busse zur Befreiung der 450 dänischen Inhaftierten

Routen der schwedischen „Weißen Busse“

14.4.1945 Irrfahrt durch das zerbombte Berlin

Über Flensburg nach Odense auf Fünen

Weiße Busse aus Theresienstadt bei Ankunft in Haderslev, Dänemark

15.4.1945 von Odense nach Kopenhagen

5.5.1945 Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Dänemark

5.5.1945 SS verlässt Theresienstadt
8.5.1945 die Rote Armee erreicht Theresienstadt

13.-24.5.1946 Mutter Rosa, Bruder Ismar, Bruder Kurt mit Ehefrau Ursula und Tochter Monika auf dem USS Transporter MARINE PERCH von Bremen nach New York

1945-1948 Wohnsitz in Kopenhagen

6.-17.1.1948 Edith Reich auf der SS Batory von Kopenhagen nach New York

Zieladresse Mutter Rosa Reich in Bronx, New York

2.3.1953 Einbürgerung in Bronx, New York

1993 Wohnsitz Edison New York

Gedenken

1971 Georg F. Duckwitz von Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet

16.7.1985 Peter Friedrich von Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ anerkannt.

30.12.1993 Hedwig and Otto Schrödter geehrt als „Gerechte unter den Völkern“ (Yad Vashem)

Quellen

https://www.juedische-allgemeine.de/unsere-woche/auch-schweigen-gehoert-zum-erzaehlen/

Ismar Reich, Interview mit Dana L. Kline, 12.7.1990; Fortunoff Video Archive for Holocaust
Testimonies, Yale University Library

https://fortunoff.aviaryplatform.com/collections/5/collection_resources/1445/file/94990

https://righteous.yadvashem.org/?searchType=righteous_only&language=en&itemId=4036701&ind=0

https://righteous.yadvashem.org/?searchType=righteous_only&language=en&itemId=4014896&ind=0

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/12669365

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/12669367

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/127213126

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/11252923

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127207583

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7108); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7534); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

New York City Eheschließungen, 1950-2017

New York City Ehelizenz-Index 1908-1972

U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen

Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V

Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004

http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html

Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015

Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015

https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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