Leo Berger
*6.7.1921 in Wolfenbüttel; ✡
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Jacob Berger *19.6.1884 in Galizien; ✡ ?; 1941 ins Ghetto Warschau
Mutter Rosa Loscher oder Laiter *4.2.1888 in Ottynia; ✡ ?; 1941 ins Ghetto Warschau
Geschwister
Kurt Berger *13.2.1924 in Wolfenbüttel; ✡2001 in Frankfurt
Max Berger *10.7.1918 in Wolfenbüttel;
Beruf –
Adressen Wolfenbüttel, Großer Zimmerhof 21
Heirat –
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Vater seit 1909 in Wolfenbüttel; Altwarenhändler
1936/37 zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair
31.3.1937 steht er auf der Ahrensdorf Praktikanten-Liste, Stand 31. März 1937, 41 männliche, 14 weibliche Chaluzim; Betriebsleiter Hans Winter; landwirtsch. Inspektor Paul Semler; Küchenleitung Ruth Seemann
10.11.1938 verhaftet im Novemberpogrom, SS-Männer stürmen um 6 Uhr morgens die Wohnung der Bergers, zerschlagen die Wohnungseinrichtung, misshandeln die Eltern. Vater Jacob Berger wird ins Wolfenbütteler Gefängnis gebracht. Er kam nach einigen Tagen wieder frei. Max und Leopold Berger wurden aus dem Haus getrieben und auf einen Lastwagen verfrachtet. 33 weiteren Verhaftete aus Wolfenbüttel zur „Schutzhaft“ ins KL Buchenwald.
Leo Berger berichtet
„Während der Zugfahrt nach Buchenwald mussten wir unsere Köpfe zwischen die Beine legen und den Fußboden anstarren. Bei unserer Ankunft erwarteten uns SS-Männer. Statt Waffen trugen sie Holzknüppel. Beim Aussteigen schlugen sie auf uns ein. Weil ich mich duckte, erhielt mein Nebenmann die Schläge. Er blutete schwer und war halb bewusstlos. Ich stützte ihn und sagte ihm, dass er nicht hinfallen soll. Ich befürchtete, dass es sonst sein Ende wäre. Nach dieser Begrüßung wurden wir durch das Haupttor durch einen Korridor von SS-Männern gejagt, die uns wieder mit Knüppeln schlugen. In diesem Handgemenge wurde ich von meinem Bruder getrennt. Als wir durch das Tor rannten, fielen einige ältere Männer hin. Die Nachkommenden fielen auf sie drauf. Einige wurden zu Tode getrampelt. Mir gelang es, über die Fallenden hinweg zu springen und ins Lager zu kommen. Hier fand ich auch meinen Bruder wieder. 72 Stunden lang standen wir draußen in der Kälte ohne Essen und Trinken auf dem Appellplatz. Am 3. Tag brachte man uns Essen. Es war so was wie Reispudding. Als ich probierte, dachte ich, das beste Essen zu essen das ich je hatte. Nach dem Essen wurden wir gezählt und unseren Hütten zugewiesen, wo wir bis zu unserer Entlassung blieben.“
Bruder Max berichtet:
Ich erhielt 10 Reichsmark von meiner Mutter, die ich mit meinem Bruder teilte. Er kaufte sich dafür Zigaretten. Ich kaufte mir Schokolade. Die enthielt 12 Stücke. Ich verkaufte jedes Stück für 10 Pfennig und machte dadurch einen kleinen Gewinn. Durch das Herumlaufen im Lager bekam ich ständig nasse Füße. Mein linker Fuß schien eingefroren zu sein. Glücklicherweise besaß jemand eine Flasche mit Haaröl. Damit rieb ich den Fuß ein. Ich glaube, ich habe ihn dadurch gerettet. Einige Tage später traf ich meinen Bruder. Er sah krank aus. Er wollte zunächst nicht zum Doktor gehen. Doch dann tat er es, und ich brachte ihn in eine Krankenbaracke. Es war nicht gerade der beste Ort, um eine Krankheit zu heilen. In einem kleinen Laden, der eigentlich für die österreichischen Gefangenen gedacht war, konnte ich eine Zitrone kaufen. Mit meinem Trinkbecher aus Metall schmolz ich auf dem Ofen in der Baracke Schnee und drückte den Zitronensaft hinein. Ich brachte das Getränk meinem Bruder. Am nächsten Tag noch mal, und am Tag darauf konnte mein Bruder die Krankenbaracke verlassen.“
5.1.1939 Bruder Kurt Berger mit einem der ersten Kindertransporte nach England
10.1.1939 Entlassung von Leo und Max aus Buchenwald mit der Auflage, Deutschland zu verlassen
Sommer 1939 Emigration mit Bruder Max nach England
11.4.1942 Die Eltern werden ins Ghetto Warschau deportiert und kommen in Polen um
Nach 1945 Auswanderung der drei Brüder Berger in die USA
Gedenken
–
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5518914
https://www.stolpersteine-wolfenbuettel.de/
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de840648
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de840563
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Jürgen Kumlehn, „Jüdische Familien in Wolfenbüttel – Spuren und Schicksale“, Appelhans, 2009
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld