Hanni Johanna Dessauer geb. Passmann
*9.12.1921 in Werne, heute Bochum ✡3.3.1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Levy Passmann *27.12.1884 in Xanten; ✡3.9.1942 in Auschwitz
Mutter Ernestine Tinchen Heymann *23.12.1882 in Gnesen; ✡ 1943 in Riga
Geschwister
Die Zwillingsschwestern
Elli Passmann *25.5.1916 in Werne; ✡nach 1941 im Ghetto Lodz; oo Hans van Geldern (*17.7.1910 in Essen)
Dorothea Passmann *25.5.1916 in Werne; ✡1943 in Auschwitz; oo Bruno Achtermann (*26.2.1909)
Rosa Passmann *16.8.1918 in Werne; ✡ nach 1941 im Ghetto Minsk
Cousin
Erich Walter Passmann *3.2.1903 in Wesel; ✡nach 8.6.1943 Tod in Sobibor
Beruf ohne
Adressen Werne, Bochum; Bielefeld;
Heirat Dezember 1940 in Gelsenkirchen Arthur Dessauer *21.3.1916 in Gelsenkirchen; ✡ in Auschwitz; sie benötigt als Minderjährige die Zustimmung des Vaters, die dieser aus Oss/ Niederlande erteilt
Schwiegervater Gustav Dessauer *10.9.1879 in Warendorf; ✡18.3.1942 in Frankfurt
Schwiegermutter Selma Regine Heymann *14.8.1875 in Wattenscheid; ✡ in Gelsenkirchen
Tochter
Mathel Dessauer *24.2.1942 in Gelsenkirchen; ✡ 3.3.1943 in Auschwitz
Weiterer Lebensweg
17.5.1939 Schwester Dorothea und Mann in Dortmund bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 Artur Dessauer mit beiden Eltern in Gelsenkirchen bei Minderheiten-Volkszählung
1939 Zwangsarbeiterlager in Borghorst, Dumte, Regulierung der Steinfurter Aa
Nach Mai 1939 Vater nach Frankfurt, Grüne Straße 36
Schwester Irma Umzug nach Wörth a.M.,Göttingen; Emigration nach Palästina
1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Bielefeld zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers zunächst Koblenzer Straße 4, dann Schloßhofstraße 73 a;
28.11.1939 angemeldet in Gelsenkirchen
Dezember 1940 Heirat in Gelsenkirchen mit Artur Dessauer
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager Bielefeld“
27.10.1941 Deportation der Schwester Elli mit Mann Hans und Sohn Lazarus von Essen über Düsseldorf in Ghetto Lodz
10.11.1941 Deportation der Schwester Rosa aus Essen (zuvor Ahlen, Gelsenkirchen) über Düsseldorf ins Ghetto Minsk
27.1.1942 Mutter Ernestine Passmann aus Gelsenkirchen über Dortmund nach Riga Skirotawa
18.3.1942 Schwiegervater Gustav stirbt im Krankenhaus der israelitischen Gemeinde in Frankfurt, Gagernstraße 36; Diagnosen Lungenentzündung, Herzschwäche, Schenkelhalsbruch
24.2.1942 Geburt der Tochter Mathel in Gelsenkirchen; Vorname aus der Liste der vorgeschriebenen Mädchennamen gemäß Runderlaß des Reichsminister des Inneren vom 18. August 1938
8.9.1942 Johanna mit Mann und Kind nach Bielefeld (Umschulungslager Schloßhofstraße)
mit demselben Transport wie Familie Dessauer drei weiteren jungen Familien aus Gelsenkirchen ins Umschulungslager Bielefeld, Schloßhofstraße: Familien Dessauer, Hess, Levy, Windmann, alle jeweils mit einem 1942 in Gelsenkirchen entbundenem Säugling nach Bielefeld. Vorherige Adresse der Familien Dessauer, Hess, Levy war das Judenhaus, Bahnhofstraße 39
Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände.
29.8.1942 Vater Levy Passmann aus Oss in das Judendurchgangslager Westerbork
31.8.1942 Vater Levy Passmann aus Westerbork nach Auschwitz
November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.
27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.
1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz
Erwin Angress berichtet:
„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“
2.3.1943 Schwester Dorothea und Ehemann Bruno Achtermann bereits ab Dortmund, Stauffenstraße 13 deportiert; sie befinden sich auf demselben Transport über Bielefeld nach Auschwitz
2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager
3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;
Ernst Michel berichtet:
„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“
Arthur wohl nicht eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz,
Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943
„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“
Johanna mit Tochter Mathel vermutlich direkt nach der Selektion an der Rampe in die Gaskammern von Auschwitz-Birkenau geschickt
Gedenken
Suchanzeige von Carl Passmann aus Xanten für die Verwandten von Johanna Hanni Passmann: ihre Eltern Levy und Ernestine, die Zwillingsschwestern Dorothea und Elli sowie Schwester Rosa
10.6.1999 Page of Testimony für die Schwiegereltern Gustav und Selma Dessauer von Enkelsohn Abraham Nave Fernheimer
9.12.2008 Stolperstein für Schwester Rosa Passmann in Ahlen Südstraße 14
Stolpersteine für Vater Levy Passmann und sechs weitere Mitglieder der Familie Passmann in Xanten, Scharnstraße 14
Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420127-Dortmund10.jpg
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/131724322
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/130351561
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/5151797
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/131724323
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de851573
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de942509
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1578336
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de829495
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de829494
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https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420127-Gelsenkirchen11.jpg
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411110-Essen5.jpg
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/76728735
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998