Kirschstein Peter

Peter Hans Ludwig Kirschstein

*13.7.1922 in Niederlössnitz; ✡ 1943 in Auschwitz

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Hans Kirschstein *18.7.1880 in Brunshaupten; ✡1.4.1960 in Cochabamba

Heirat der Eltern 22.4.1919

Mutter Rose Irene Brasch *14.1.1889 in Dresden; ✡ 19.4.1973 in FRankfurt

Geschwister

Charlotte Kirschstein *24.3.1920 in Dresden; 24.3.2008 in Hannover; oo Goldmann

Beruf Landwirtsch. Praktikant

Adressen Niederlössnitz; Kötzenbroda, Dresden; Berlin; Neuendorf

Heirat ledig

Kinder –

Weiterer Lebensweg

Vier Klassen deutsche Volksschule, 6 Jahre Realschule

17.5.1939 in Leipzig bei Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 Eltern in Dresden bei Minderheiten-Volkszählung

1939 Emigration der Familie nach La Paz, Bolivien

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung der noch bestehenden in „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager“

Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk selbst arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.

1.9.1941 aus Dresden zur Zwangsarbeit ins Landwerk Neuendorf im Sande

2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in eine große Turnhalle nach Frankfurt/Oder

3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe mit 1009 Personen nach Warschau

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

1943 eingesetzt als Waldarbeiter in Berkenbrück und zuletzt im März und April 1943 im Forsteinsatzlager Gut Wulkow, Hangelsberg zusammen mit Ralf Löwenstein, Werner Koppel, Günter Schäfer

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

13.3.1943 Beschwerde der Preußischen Forstverwaltung Berkenbrück

31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 76 Frauennamen

7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für Neuendorf

Ein letzter Brief /Telegramm des DRK an die Eltern

„Wahrscheinlich letzter Brief. Macht Euch keine Sorgen bin stark und mutig. Meine Gedanken bleiben ständig bei Euch. Seid innig umarmt und geküßt von Eurem Mops.“

10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße 26; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)

19.4.1943 Chawerim aus 10 jüdischen Einsatzlagern, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde auf dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz (Fabrikaktion)

Esther Bejarano erinnert sich:

„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“

Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diese mehrere Tage dauernde Fahrt in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.

20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:

„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“

Peter Kirschstein wird zur Zwangsarbeit im Auschwitz-Nebenlager Monowitz eingewiesen. Ihm wird die Auschwitz-Häftlingsnummer 116964 in den linken Unterarm tätowiert.

August 1943 letzte Aktennotiz aus Monowitz

Tod in Auschwitz

Restitution eines Buches

Ende Juni 2018 wurde das Buch „Jugend von heute“ von Otto Ernst an den Enkel von Irene Kirschstein zurückgegeben. Es war Teil der Privatbibliothek eines Gärtnereibesitzers aus Brockwitz bei Dresden, der nach 1945 wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus enteignet wurde. Seine Bibliothek ging in die in die Sächsische Landesbibliothek über.

Aufgrund des Autogramms von Irene Kirschstein konnte es zugeordnet werden.

Naheliegend ist die Vermutung, dass Irenes Sohn Peter Kirschstein bei diesem Gärtner gearbeitet hat und das Buch dort zurückblieb.

Gedenken

Quellen

Lilli Ulbrich (Red.), Buch der Erinnerung: Juden in Dresden, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dresden Arbeitskreis Gedenkbuch, 2006

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1089998

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5185329

BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)

https://yvng.yadvashem.org/ad

https://blog.slub-dresden.de/beitrag/2018/07/03/ns-raubgut-restitution-an-die-erben-von-irene-kirschstein

Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019

Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996

Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten

Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2

Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989

Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013

Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970

Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386

Video-Interview mit Issy Philipp 1994

Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015

Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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