Löwenberg Hans

Hans Löwenberg

*13.4.1907 in Berlin; ✡ 1989 Beersheva

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Abraham Adolf Löwenberg *3.11.1869 in Stolzenau; ✡ 30.12.1942 in Theresienstadt

Heirat der Eltern 28.5.1906 in Berlin

Mutter Fanny Wallheimer *27.5.1882 in Kolmar; ✡ 9.5.1942 in Kulmhof

Geschwister Alice Löwenberg *7.9.1911 in Berlin; ✡ Dezember 1972 in Zürich

Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Berlin; Westerkappeln; London

Heirat Luise Lucie geb. Löwenberg * 2.9.1903 in Berlin; Überlebende, England; 1971 in Israel

Kinder-

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Hof Stern in Westerbeck

Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932  bei einer Zwangsversteigerung erworben. In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine landwirtschaftliche Ausbildung für die mittlere (14-17 Jahre) und die reguläre Hachschara(>17 Jahre) anbot.

Januar 1934 Beginn der Hachschara; die ersten Chawerim heißen Henry Cohen (Altkarbe), Edgar Adamski (Leipzig) und Markus Lichter (Chemnitz)

1934-1938 arbeiteten und lernten hier 97 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) 31 Mädchen und 66 Jungen, im Mittel 19 Jahre alt. Manche blieben nur wenige Tage, andere bis zu eineinhalb Jahren zwei allerdings sogar zweieinhalb Jahre

1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet

Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, 18.2.1938 18 Personen abgemeldet aus Westerbeck. Dieser Exodus markiert wohl das Ende der strukturierten Hachschara-Ausbildung.

März -August 1938 nur noch fünf Chaluzim auf dem Hof gemeldet.

Die Leitung des Hofes lag zuletzt (Mai-November 1938) bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.

9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern; Julius Weinberg, Hans Bensew, Rudi Frank, werden mit Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Nur Rudi Frank kann später nach Santo Domingo flüchten.

3.12.1938 Zwangsverkauf des Hofes an den Landwirt Heinrich Pöppelwerth aus Haustenbeck/Lippe

Weiterer Lebensweg

1929 Naturalisation in Hamburg

Vater ist Mittelschullehrer, Dr. phil. ; vermutlich bereits 1933 in Ruhestand versetzt

Hans Löwenberg zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern, Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln

26.10.1936 Ehefrau Luise Löwenberg abgemeldet aus Westerkappeln nach Berlin

13.3.1937 Hans Löwenberg abgemeldet aus Westerkappeln; nach Berlin

10.11.1939 Hans Löwenberg im Novemberpogrom verhaftet

„Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen

17.5.1939 Hans Löwenberg mit Ehefrau Lucy in Berlin bei Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 Hans Löwenberg mit Ehefrau Lucy in Berlin bei Minderheiten-Volkszählung

28.9.1939 Hans Löwenberg und Ehefrau Lucy abgemeldet in Berlin zur „Emigration nach Palästina“

29.9.1939 Hans und Luise im Kitchener Camp in Richborough bei britischen Census

29.9.1939 Ausstellung eines Passes in London

10.12.1939 Ankunft von Hans und Luise  Löwenberg in Haifa

1942 sind sie im Kwuzat Shiller in Rehovot

27.10.1942 Einbürgerung in Palästina

Das Schicksal der Familie

17.5.1939 bei der Minderheitenzählung leben die Eltern bereits getrennt in Berlin

1.11.1941 Mutter von Berlin auf dem IV. Transport nach Litzmannstadt/Ghetto Lodz

9.5.1942 Transport der Mutter von Lodz in das Tötungslager Kulmhof

5.8.1942 Vater auf dem 37. Alterstransport von Berlin nach Theresienstadt

30.12.1942 Tod des Vaters in Theresienstadt; Diagnose: Enteritis

Gedenken

Quellen

Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946

Personenkarte von Hof Stern in Westercappeln, Westerbeck Nr. 74

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot4.html

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1111919

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1111975

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot4.html

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127200290

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

Gisbert Strotdrees, Kibbuz Westerbeck (Hof Stern), in: Hachschara als Erinnerungsort, 12.12.2022

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/4

https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/ein-kibbuz-in-westfalen/

https://www.wochenblatt.com/landleben/nachrichten/fluchtpunkt-landwirtschaft-ein-bauernhof-als-rettende-insel-12528911.html

https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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