Goldschmidt Julius

Julius Goldschmidt

*1.11.1880 in Syke, Twistringen; ✡ 9.3.1960 in San Francisco

Er wird zu Ehren seines verstorbenen Onkels Jakob Julius Goldschmidt (1844-1870) benannt

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Herz Goldschmidt *5.2.1848 in Heilihenloh; ✡ 11.7.1893 in Leipzig

Mutter Bertha Jaobsohn; ✡   

Geschwister

Matilde Goldschmidt *2.9.1877 in Twistringen ; ✡nach 1940; oo Hermann Vogel (1876-1957)

Moritz Goldschmidt *3.2.1879 in Twistringen; ✡ 30.7.1916 in Frankreich, kriegsgefallen

Isidor (Fritz) Goldschmidt *29.10.1882 in Twistringen; ✡ 4.4.1917 in Frankreich, kriegsgefallen

Alfred Goldschmidt *ca. 1884 in Twistringen; ✡ 1886

Else Goldschmidt *17.7.1884 in Twistringen; ✡ 1942 in Auschwitz

Emma Goldschmidt *1886 in Twistringen; ✡1889

Siegmund Goldschmidt *19.4.1887 in Twistringen; ✡nach 25.10.1941 in Minsk

Erich Goldschmidt *15.10.1888 in Twistringen; ✡ 17.6.1975 in San Francisco; oo Klara Plaut

Willy Guillermo Goldschmidt *9.2.1891 in Twistringen; ✡ 1967 in Buenos Aires

Beruf Geschäftsmann

Adressen Syke, Twistringen; Gelsenkirchen, Zeppelinallee 51;

Heirat 23.11.1923 in Aachen Else Dreyfuss *18.3.1987 in Aachen; ✡3.8.1996 in San Francisco

Kinder

Fritz Goldschmidt *Sept 1924 im Elisabeth-Krankenhaus in Essen; 28.12.1924 in den Städtischen Kliniken Essen

Karl Werner Goldschmidt *1.4.1926

Lieselotte Bertha Goldschmidt *7.6.1927

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Haus Berta am Freudenberg bei Alt-Schermbeck

Auf Betreiben von Leo Gompertz, Vorsitzender der RjF-Ortsgruppe Gelsenkirchen entstand 1934 auf dem Heide und Waldgelände des Julius Goldschmidt ein Jugend-und Ferienheim, Haus Berta, benannt nach der Mutter des Julius Goldschmidt.

Feierliche Eröffnung am 29.7.1934 im Beisein von reichsweiter RjF- und Rabbinats-Prominenz

Heimleiter wurde Dr. jur. Willi Stern, 1933 von den Nazis außer Dienst gestellter Amtsgerichtsrat aus Recklinghausen.

Die geistliche Betreuung übernahm der zuständige Bezirksrabbiner Dr. Selig Auerbach aus Recklinghausen. Das Ehepaar Leo und Rosa Auerbach war für die Hauswirtschaft zuständig, Ruth Stamm für den Jugendsport und die Gymnastik. Die vom Hamburger Oberrabbiner Dr. Joseph Carlebach empfohlene Edith Möller aus Hamburg-Altona führte die streng koschere Küche.

Madrich für das erste Landsommerhalbjahr 1935 war Heinz Kahn (HaKa)aus Eschwege.

Vom 10.5.-31.10.1935 fand das bereits an einer Hachschara ausgerichteten erste Landhalbjahr statt; Madrich war Heinz Kahn (HaKa) aus Eschwege.

Als vermutlich bewusste Provokation wurde Haus Berta 1937 während eines wie immer besonders festlich begangenen Freitagabend-Gottesdienst zum jüdischen Schabbat von der Gestapo geschlossen.

Aus dem Lagebericht von 1937 der Staatspolizeidienststelle für den Regierungsbezirk Münster:

„Die polizeiliche Schließung des jüdischen Ferienhauses (…) hat nach dem vorliegenden Bericht des Landrats in Recklinghausen in der Bevölkerung lebhafte Befriedigung ausgelöst.“

Weiterer Lebensweg

16.11.1930 steht er auf der Wahlliste der zur Gründung der liberalen jüdischen Synagogengemeinde

1925-1933 Julius Goldschmidt Direktor und Mehrheitsaktionär der Kaufhauskonzern „Gebr. Alsberg AG“

Mai 1933 Arisierung der „Alsberg AG“, die jüdischen Vorstandsmitglieder scheiden zwangsweise aus

Bruder Willi „Guillermo“ Goldschmidt 1963 aus Buenos Aires

1934 stellt er dem RjF sein Grundstück am Freudenberg bei Alt-Schermbeck für den Aufbau des Jugendheim „Haus Berta“ in Trägerschaft des Reichsbund jüdischer Frontsoldaten RjF: Der zuvor das Gelände für Wehrübungen nutzende Kyffhäuserbund muss auf Druck der Nazis die Nutzung aufgeben, da es einem Juden gehörte. Diese Gelegenheit nutzt der RjF-Vorsitzende Leo Gompertz.

Julius und Else Goldschmidt links mit Leo Gompertz (Mitte) bei der Einweihung am 29. 7. 1934.
Die geladenen Gäste vor der Einweihung; Julius G. mit dunklem Anzug vor der Birke

10.5.-31.10.1935 Erstes Landhalbjahr in „Haus Berta“

1935 Umzug der Familie nach Berlin

Emigration nach Antwerpen, Belgien

1939 Flucht in die USA, Julius Goldschmidt ohne seine Familie zu Schwager Dr. med. Philipp Harff

26.8.-6.9.1939 Ehefrau Else mit beiden Kindern aus Antwerpen ab Rotterdam auf der SS VEENDAM nach New York

Zieladresse ist Elses Schwester Steffi Harff und deren Ehemann Dr. med. Philipp Harff, wohin Julius Goldschmidt bereits zuvor geflohen ist.

Einbürgerung als US-Citizen und Umbenennung in „Goldsmith“

1963 Else Goldsmithan den Gründer von „Haus Berta“ Leo Gompertz: Ewald Elsbach war der Vorbesitzer des Grundstücks am Freudenberg

Familie

23.10.1940 Schwester Mathilde Vogel nach Polen ? abgeschoben.

1.11.1940 Schwester Mathilde Vogel bereits verstorben gemeldet

Schwager Hermann Vogel auf Transport VIII/1 von Hannover nach Theresienstadt, Überlebender

Gedenken

Quellen

http://www.gelsenzentrum.de/wahlliste_juedische_1930.htm

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de992845

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12677302

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Preußische Verlustlisten vom 19.8.1916 und 24.5.1917

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://archives.cjh.org/repositories/5/archival_objects/785194

https://archive.org/details/leogompertzcolle01gomp/page/n59/mode/1up?view=theater

http://www.holstina.de/history/hausberta.html

https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345341#id20

http://www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de/2012/05/28/haus-bertha-am-freudenberg-ein-lichtblick-und-kurzer-hoffnungsstrahl-fur-bedrangte-judische-kinder-aus-dem-reich-den-willen-zum-uberleben-gestarkt/

https://www.schermbeck-grenzenlos.de/index.php/aktuelles/2-uncategorised/17069-auf-den-spuren-der-geschichte-von-haus-berta

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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