Marie Anna Guggenheim
*30.3.1921 in Tiengen, Waldshut, Baden; ✡ 1942/43 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Julius Guggenheim *26.10.1879 in Tiengen; 27.11.1938 im KL Dachau
Mutter Telly Lichtenberger *6.3.1889 in Bretten; in Auschwitz
Großeltern Samson Guggenheim und Frau Bertha Rothschild
Geschwister
Ernst Guggenheim *5.6.1922 in Tiengen; ✡in Israel
Cousin Benno Levi Guggenheim *15.12.1910 in Tiengen; oo 30.12.1936 Anna Eichwald (*10.10.1908 in Castrop; ✡26.7.1991 New York)
Verwandte in Tiengen
Heinrich und Fanny Guggenheim Farbengeschäft
Hermann Guggenheim Geflügelhandlung, Synagogendiener
Ida Guggenheim Arbeiterin in der Zigarrenfabrik
Karl Jakob Guggenheim Geschäft für Felle, Hüte und Bekleidung; Hauptstraße 90
Josef Guggenheim Gerberei
Max Guggenheim Jüdische Metzgerei
Paul und Betty Guggenheim Schuhmacherbedarf
Beruf landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Tiengen, Waldshut; Frankfurt; Offenbach; Steckelsdorf
Heirat ledig
Kinder –
Weiterer Lebensweg

Die Eltern Julius und Telly Guggenheim führen ein Schuhgeschäft, Hauptstraße 48.
Besuch des katholischen Kindergartens im Josefheimmit Bruder Ernst
1927-1935 Besuch der Volksschule
1936 Anna abgemeldet aus Tiengen
1937 Bruder Ernst nach seiner Schulentlassung auch aus Tiengen abgemeldet; er durfte noch an der Entlassfeier der 8. Klasse teilnehmen, sein Lehrer Ernst Holler hatte sich dafür stark gemacht
10.11.1938 Vater Julius und Mutter Telly verhaftet im Novemberpogrom; angeblich soll eine Waffe bei ihm gefunden worden sein; beide Eltern getrennt auf LKW transportiert in das Gefängnis Waldshut; Vater Julius soll seinen breiten Gebetsschal um den Kopf gewickelt haben
11.11.1938 Mutter Telly entlassen nach Tiengen;Vater Julius interniert als „Aktionsjude“ im KL Dachau
27.11.1938 Tod des Vaters im KL Dachau
April 1939 nach Verkauf des Besitzes Umzug der Mutter nach Freiburg
17.5.1939 Anna Guggenheim in Frankfurt bei Minderheiten-Volkszählung
Alija des Bruders Ernst nach Haifa

27.3.1939 Ankunft von Bruder Ernst auf der SS GALILEA von Triest in Haifa
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
Anne Guggenheim zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger war zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger Alle männlichen Funktionsträger wie Betriebsleiter Werner Hoffbauer, Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.
21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald
1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD
1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen
24.9.1941-9.5.1942 Zwangsarbeit, auf der Lohnkarte der Rathenower Reißverschluß GmbH, Steckelsdorf
Die Schließung des Landwerks
21.5.1942 schriftliche Ankündigung der Schließung für den 24.5.1942
24.5.1942 offizielle Schließung, nur die Stammbelegschaft des Landwerks verbleibt und 15 Zwangsarbeiter der optischen Industrie in Rathenow

11.7.1942 Anne Guggenheim deportiert aus Steckelsdorf auf Transport Magdeburg – Dessau-Berlin nach Auschwitz; unter Leitung des Steckelsdorf-Madrich Kurt Silberpfennig, der sich mit Frau und dem siebenjährigen Sohn Siegfried freiwillig dem Transport anschließt. 52 Chawerim kamen aus dem Landwerk Steckelsdorf
11./13. Juli 1942, Auschwitz, vermutl. Magdeburg – Leipzig/Chemnitz
13.7.1942 Ankunft und Selektion der Chaluzim aus Steckelsdorf in Auschwitz
Anneliese Borinski schreibt:
„Noch aus der Bahn bekommen wir eine Karte, abgestempelt hinter Breslau. Sie schreiben, dass sie in Richtung Auschwitz fahren. Dann haben wir nie wieder etwas von ihnen gehört. Auch in den Karteien von Auschwitz (Borinski arbeitete in Auschwitz in der SS-Kommandantur, FJW) konnte ich keinen von den mir namentlich bekannten finden, noch haben unsere Chawerim während der Lagerzeit oder auch nach der Befreiung etwas von irgendjemanden von ihnen gehört. Nur ein erschütterndes Zeichen fand ich. Als wir in der SS-Wäscherei in Auschwitz (Kommandantur) arbeiteten, brachte mir eines Tages eine Chawerah aus der SS-Wäsche eine Unterhose, die mit vollem Namen: Kurt Silberpfennig, gezeichnet war.“
Tod 1942/43 in Auschwitz
Wagner-Bürckel-Aktion
22.10.1940 Mutter verhaftet in Freiburg mit insgesamt 5600 Juden aus Baden, sowie 900 Juden aus der Pfalz und dem Saarland in das Internierungslager Gurs deportiert
1942 der Mutter von Drancy nach Auschwitz
1942 Tod der Mutter in Auschwitz
Gedenken
–
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de881326
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de881439
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de881476
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/128450688
https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20354/Gegen%20das%20Vergessen-part2of2sm.pdf
https://www.fjl-juden-in-waldshut-tiengen.de/geschichte-b.htm
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Einreiselisten Israel
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
<https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra BenGershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020