Hirschfeld Günter

Günter Hirschfeld

*30.4.1921 in Berlin; ✡1945 in Ellrich

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Siegfried Hirschfeld *26.9.1900 in Breslau; ✡ 11.3.1942 in Auschwitz

Mutter Margarete Aronade *26.9.1900; ✡ 11.3.1942 in Auschwitz

Geschwister eins

Vorname unbekannt Hirschfeld

Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Berlin; Breslau, Opitzstraße 21; Groß Breesen;

Heirat ledig

Kinder

Weiterer Lebensweg

17.5.1939 Günter Hirschfeld mit der Mutter in Breslau, Opitzstraße 21 bei Minderheitenzählung

Überseegruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen

Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)

1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.

Leiter der landwirtschaftlichen Ausbildung war Oberinspektor Erwin Scheier, dessen Frau Ruth oblag die Hauswirtschaft, Tischlermeister Max Kiwi die Schreinerei.

10.11.1938 Überfall der SA auf den Hof in Groß Breesen, alle über 18-Jährigen Männer werden mit einem Bus abgeführt und ins KL Buchenwald gebracht, auch Curt Bondy, der als Homosexueller besonders gefährdet war; die Frauen und Jungen bleiben auf dem Hof zurück.

1939 Günter Hirschfeld zur Umschulung ins Überseeauswanderer-Lehrgut Groß Breesen

Scheier wird als Verwalter abgelöst von Dingethal, der wiederum wegen Fronteinsatz von Inspektor Hildebrandt: Nachfolger von Bondy wird Walter Bernstein.

31.8.1941 Gestapobefehl: Das Lehrgut Groß Breesen wird Arbeitslager

Die Schließung der Arbeitslagers Groß Breesen

6.10.1942 Das Schloss (Hauptgebäude) in Groß Breesen muss von den Juden für „arische“ Arbeitskräfte freigeräumt werden, Unterbringung im „Schafferhaus“;

Die Grüssau Gruppe

21.10.1942 Gestapo-Offizier Hampel verliest beim Appell die Namen der 22 zur Verlegung nach Grüssau befohlenen Bewohner

30.10.1942 Verabschiedung der Ehepaare, der jungen Frauen und sechs Jungen

Günther Marcuse schreibt in sein Tagebuch:

„Nach dem Abendessen rief der Inspektor (Hildebrandt) alle zusammen, um die Leute zu verabschieden.“

31.10.1942 Verbringung der 22 Personen in das Judenlager im Kloster Grüssau bei Landeshut – neben Tormersdorf und Riebnig eines der drei Sammellager für die Juden aus der Region Breslau

25 junge Männer verbleiben noch auf dem Hof in Groß Breesen.

15.11.1942 Belegung des Schafferhauses in Groß Breesen; Günter Hirschfeld in Zimmer 6 in der Gruppe der Hannioten (Peter „Hannio“ Ollendorf); Zeichnung Günter Marcuse

Fabrikaktion im Arbeitslager Groß Breesen

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“ als Vorbereitung auf die „Fabrikaktion“

Ende Februar/Anfang März 1943 verlassen die letzten „Volljuden“ das Lehrgut Groß Breesen

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

26.2.1943 Das Tagebuch von Günther Marcuse endet mit dem Hinweis, dass bis zum 1.3.1943 mit einer Gestapoentscheidung zum Abtransport der „Volljuden“ zu rechnen ist, während die „Halbjuden“ in Groß Breesen verbleiben sollten.

1.3.1943 Anordnung der Verbringung der „Volljuden“ aus Groß Breesen

Deportation von Günter Hirschfeld in ein Sammellager nach Breslau, Meister Max Kiwi als Leiter der Gruppe mit Frau und 21 jungen Männern; vier „Halbjuden“ bleiben zurück (Ernst Böhm, Heinz Breslauer, Helmuth Mayer, Josef Oppenheimer)

5.3.1943 Deportation der Groß-Breesener mit dem Breslauer Transport nach Auschwitz; eine Transportliste ist nicht überliefert.

6.3.1943 Ankunft des Breslau-Transportes in Auschwitz; 16 der 21 deportierten Männer aus Groß Breesen bekommen in Auschwitz nach Selektion an der Rampe eine Häftlingsnummer, sind somit zu Zwangsarbeit in BUNA Monowitz vorgesehen. Für Günter Hirschfeld ist die Auschwitznummer nicht bekannt.

Todesmarsch von Auschwitz

18.1.1945 Todesmarsch der 10 000 von Buna Monowitz nach Gleiwitz

Günter Hirschfeld mit 4000 Häftlingen von Gleiwitz in offenen Güterwaggons auf Irrfahrt über Tschechien, nach Mauthausen und wieder nach Deutschland

28.1.1945 Ankunft von 3500 Häftlingen und 500 Toten im KL Mittelbau Dora bei Nordhausen, unterirdische Flugzeug- und V2-Raketenfabrikation

Zwei Tage später waren weitere 600 Häftlinge tot;

Außenlager Ellrich-Juliushütte (Mittelbau 2 Ellrich)

Die beiden Groß Breesener Gefährten Fritz Singer und Günther Hirschfeld werden nach Ankunft im KL DORA verlegt in das Außenlager Ellrich-Juliushütte (Mittelbau 2 Ellrich, M2E).

Das Außenlager des KL Dora bestand von Mai 1944 bis April 1945; Einsatz von über 8000 Häftlingen bei unterirdischen Stollenausbau  u.a. für Bauvorhaben der SS-Führungsstäbe B 3a im Himmelberg und im Kohnstein bei der Mittelwerk GmbH; 4000 Häftlinge kamen dort um.

Anfang März 1945 Start des Krematoriums im Lager Ellrich-Juliushütte; bis Anfang April über 1000 Einäscherungen!

4.-6.4. 1945 Räumung des Lagers Ellrich-Juliushütte; Deportation von 4000 Häftlingen nach Bergen Belsen, 3000 in das Sachsenhausen-Außenlager Heinkel-Werke

12.4.1945 Befreiung von Ellrich

15.4.1945 Befreiung von Bergen-Belsen

20./ 21.4.1945 Todesmarsch von Sachsenhausen Richtung Norden

Fritz Singer und Günther Hirschfeld haben die Befreiung nicht erlebt.

Gedenken

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de884426

Werner Angress, Generation zwischen Furcht und Hoffnung, 1985

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_sln_43a.html

Arthur Wolff, Bericht für den Groß Breesen Rundbrief Nr. 24, 1984

Damit es nicht vergessen wird, Bericht in zwei Teilen, 1991

Günter Marcuse, Tagebuch Groß Breesen; Groß Breesen Rundbrief Nr. 23, 1966

https://archive.org/details/jdischesausb001f022/page/n2/mode/1up?view=theater

https://zeitgeschichte-hamburg.de/files/public/FZH/Publikationen_digital/Werner%20T%20Angress%20Generation%20zwischen%20Furcht%20und%20Hoffnung.pdf

https://www.yumpu.com/de/document/read/3840614/21-brief-19-p745-54-gross-breesen-silesia

https://yvng.yadvashem.org/ad

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert