Eick Annette

Annette Eick

*13.10.1909 in Berlin; ✡ 25.2.2010

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Louis Eick * 26.11. 1877 in Krojanke, Westpreußen; ✡1.3.1943 in Auschwitz

Mutter Minna Seelig*20.7.1888 in Hirschberg, Riesengebirge; ✡1.3.1943 in Auschwitz

Großmutter Martha Seelig geb. Feistel *27.12.1866 in Rawitsch; ✡ 25.4.1944 Theresienstadt

Geschwister

Horst Eick *28.12.1918 in Berlin; ✡?

Beruf Schriftstellerin, landwirtschaftliche Praktikantin

Adressen Berlin, Kantstraße 128 b; Havelberg; London; Brixham

Lebenspartnerschaft über 40 Jahre mit Gertrude Klingel; + 1.4.1989 in Brixham

Weiterer Lebensweg

Anette Eickbesuchte eine Privatschule am Savignyplatz.

In den 1920er Jahren ist sie als Lesbierin häufig Gast der „Damenclubs“ von Berlin:

„Wir waren frei in Berlin. Wir konnten tun, was wir wollten.“

Sie schreibt Gedichte, Kurzgeschichten und Artikel unter anderem für die lesbische Wochenzeitschrift „Frauenliebe“, aber auch Filmkritiken für die Berliner Zeitung.

1.4.1933 Boykott des Möbelgeschäft des Vaters in der Mommsenstraße im „Aprilboykott“

Novemberpogrom

10.11.1938 das Möbelgeschäft des Vaters wird vom SA-Mob völlig zerstört. 

17.5.1939 beide Eltern in Berlin, Leibnizstraße 20 bei Minderheitenvolkszählung

17.5.1939 Großmutter Olga in Berlin, Stallschreiberstraße 37 bei Minderheitenvolkszählung

Waldgehöft Havelberg

16.5.1938 Annette Eick mit einer Gruppe von fünf durch die Berliner Zionistische Vereinigung BZV finanzierten Chaluzim von Berlin zur landwirtschaftlichen Hachschara ins Waldgehöft nördlich von Havelberg (1934-1941), Träger bis zum Pogrom November 1938 war der Hechaluz, dann die RVJD. Die frühere Jagdpacht gehörte dem jüdischen Rechtsanwalt Siegfried Freund, er war zunächst auch der Leiter. Es umfasste acht Hektar Land, eine kleine Villa, zwei Wohnhäuser, eine Werkstatt, einen Stall, Gewächshäuser und Schuppen. Bis zu 50 Chaluzim waren hier untergebracht.

16.11.1936 Richard Horn eingestellt als Betriebsleiter in Havelberg; in dieser Funktion bleibt er bis September 1939.

30.6.1938 Auf der Belegschaftsliste von Havelberg finden sich neben den Angestellten Horn und Werner Waitzfelder 12 Chaluzim und fünf Chaluzoth.

Die Chaluzoth 1936

Im Novemberpogrom 1938 wird das Gehöft verwüstet. Die jungen Männer über 17 Jahre ins örtliche Polizeigefängnis gebracht. Die Chaluza Annette Eick berichtet:

»Die Frau unseres Leiters (Johanna Horn) war auf der Farm geblieben und stand vor der Entbindung. Das Kind blieb im Bauch, sie hat furchtbar gelitten und ist daran gestorben.«

Johanna Horn ist auf dem jüdischen Friedhof unweit vom Waldgehöft begraben.

Annette kann in dem Chaos der Verwüstung des Waldgehöftes fliehen, dank der Frau eines Polizisten, die mit Absicht eine Tür nicht abgeschlossen hatte. Nachdem sie ihren Pass gefunden hatte, fuhr sie mit einem Fahrrad nach Berlin. Irgendwann überholte sie der Postbote und gab ihr einen Brief mit ihrem Visum für Großbritannien. Eine Bekannte aus den Tagen der lesbischen Clubs von Berlin beschaffte ihr ein „Domestic Permit“:

 „Hätte ich den Brief verpasst, ich wäre mit meinen Eltern in Auschwitz gelandet.“

Die Eltern lehnten eine Auswanderung ab:

„Die Leute, die schon etwas älter waren, dachten immer: So schlimm wird es schon nicht werden. Da nahm ich also meine paar Sachen und fuhr ab, vom Bahnhof Zoo. Am schlimmsten war, dass ich meine Eltern vom Bahnsteig winken sah und genau wusste, ich sehe sie nie wieder.“

Als erste der Familie Eick wurde Minnas verwitwete Mutter Martha Olga Seelig deportiert. Am 4. Oktober 1942 verschleppte man die alte Frau nach Theresienstadt, wo sie noch anderthalb Jahre lang die Schikanen und Strapazen ertragen musste. Am 23. April 1944

 „Hätte ich den Brief verpasst, ich wäre mit meinen Eltern in Auschwitz gelandet.“

Ihre Eltern wollten nicht auswandern:

„Die Leute, die schon etwas älter waren, dachten immer: So schlimm wird es schon nicht werden. Da nahm ich also meine paar Sachen und fuhr ab, vom Bahnhof Zoo. Am schlimmsten war, dass ich meine Eltern vom Bahnsteig winken sah und genau wusste, ich sehe sie nie wieder.“

Annette Eick darf in England zunächst nur als Haushilfe, Nanny und Krankenpflegerin arbeiten.

1984 Gedichtband „Immortal Muse“, wegen seiner lesbischen Inhalte verbannt aus der Stadtbücherei von Brixham

Hachschara von Bruder Horst

4.6.1937 Bruder Horst zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf

1939 Bruder Horst zur Hachschara nach Dänemark

Wohnt in Aasum, Odense

1943 zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt wegen Diebstahls

14.2.1944 Bruder Horst mit einem Boot von Kopenhagen über den Öresund nach Helsingborg, Schweden

22.11.1944 in Malmöhus, Helsingborg

24.5.1945 Rückkehr von Horst Eick nach Dänemark

Deportationen

Minna und Louis Eick zur Untermiete in die Grolmannstraße 27 eingewiesen

14.10.1942 Großmutter Martha Seelig aus dem ehemaligen Jüdischen Krankenhaus in der Auguststraße 14-16 in Berlin-Mitte auf dem 3. Großen Alterstransport von Berlin nach Theresienstadt

26.2 1943 beide Eltern am Vorabend der Fabrikaktion auf dem 30. Osttransport vom Güterbahnhof Moabit nach Auschwitz

23.4.1944 Tod der Großmutter in Theresienstadt

Gedenken

13.10.2010 Stolpersteine für die Eltern in Berlin, Sybelstraße 5

Quellen

https://www.stolpersteine-berlin.de/de/sybelstr/5/minna-eick

https://safe-haven.dk/fileadmin/user_upload/P.M._Eick__Horst.pdf

Schweden, Haushalte-Untersuchungsbücher, 1840-1947

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11257767

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert