Bagainski Margot

Margot Bagainski/ Miriam Timna

*10.11.1919 in Berlin ; ✡ ?

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Hirsch Hermann Bagainski *8.5.1888 in Gnesen; ✡28.5.1942 im KL Sachsenhausen

Heirat der Eltern am 23.12.1918 in Gnesen

Mutter Helene Ruschin * 4.7.1895 in Schokken; ✡5.7.1930 in Berlin

Stiefmutter Margarete Schach *9.2.1895 in Lissa

Großeltern Julius und Minna Bagainski

Großeltern Leiser Ruschin und der Dorothea Ruschin, geborene Pinkus

Geschwister

Julius Bagainski *6.5.1921 in Berlin; ✡7.5.1942 KL Kulmhof

Arno Bagainski *30.1.1924 in Berlin; ✡1944

Halbgeschwister aus zweiter Ehe des Vaters

Erna Minna *20.8.1934; ✡?

Joachim Bagainski *7.1.1937; ✡?

Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin

Adressen Berlin, Elisabethstraße 12, Lietzmannstraße 6, Greifswalder Straße 202

Heirat Heinrich Timendorfer/ Shmuel Timna *7.4.1917 in Pless

Kinder

Weiterer Lebensweg

1918/19 Zuzug der Eltern Bagainski nach Berlin

Ostern 1926 Einschulung, vermutlich in die Städtische Volksschule in der Georgenkirchstraße, die unweit der elterlichen Wohnung nahe dem Volkspark Friedrichshain

1929 Oberschenkel-Amputation des Vaters wegen früherem Arbeitsunfall

5.7.1930 Tod der Mutter Helene in Berlin

Einschulung von Bruder Arno Ostern 1931

1933 Zweite Ehe des Vaters mit Margarete Schach

17.5.1939 Vater Hermann, Stiefmutter Margarete, die Brüder Julius und Arno sowie die Halbgeschwister Erna und Joachim in Berlin, Prenzlauer Berg, Greifswalder Straße 202 bei der Minderheitenvolkszählung

Überseegruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen

Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)

1936 Margot Bagainski zur landwirtschaftlichen Hachschara nach Groß Breesen

1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.

Leiter der landwirtschaftlichen Ausbildung war Oberinspektor Erwin Scheier, dessen Frau Ruth oblag die Hauswirtschaft, Tischlermeister Max Kiwi die Schreinerei.

Waldgehöft Havelberg

5.10.1937 Margot Bagainski zur landwirtschaftlichen Hachschara ins Waldgehöft Barella, Damlacker Weg, nördlich von Havelberg (1934-1941), finanziert durch die Berliner Zionistische Vereinigung BZV; Träger des Zentrums war bis zum Pogrom November 1938 der Hechaluz, dann die RVJD. Die frühere Jagdpacht gehörte dem jüdischen Rechtsanwalt Siegfried Freund, er war zunächst auch der Leiter. Es umfasste acht Hektar Land, eine kleine Villa, zwei Wohnhäuser, eine Werkstatt, einen Stall, Gewächshäuser und Schuppen. Bis zu 50 Chaluzim waren hier untergebracht.

16.11.1936 Richard Horn eingestellt als Betriebsleiter in Havelberg; in dieser Funktion bleibt er bis September 1939.

2.5.1938 Günter Timendorfer vom Hachscharalager Freienstein nach Havelberg

16.5.1938 Eintritt von Werner Waitzfelder als Leiter der Makkabi-Gruppe

Chaluzoth in Havelberg Sommer 1936; Foto Timendorfer, YD

30.6.1938 Auf der Belegschaftsliste von Havelberg finden sich neben den angestellten Leitern Horn und Waitzfelder 12 Chaluzim und fünf Chaluzoth.

Die Brüder Günter und Heinrich Timendörfer mit dem „Professor“ Horn in Havelberg; Foto Timendorfer, YD

Sommer 1938 Heinrich Timendorfer zur Hachschara nach Havelberg

Im Novemberpogrom 1938 wird das Gehöft verwüstet. Die jungen Männer über 17 Jahre ins örtliche Polizeigefängnis gebracht. Die Chaluza Annette Eick berichtet:

»Die Frau unseres Leiters (Johanna Horn) war auf der Farm geblieben und stand vor der Entbindung. Das Kind blieb im Bauch, sie hat furchtbar gelitten und ist daran gestorben.«

Johanna Horn ist auf dem jüdischen Friedhof unweit vom Waldgehöft begraben.

29.3.1939 Heinrich Timendorfer flüchtet in die Niederlande

8.4.1939 Timendorfer in der Zentrale der „Deventer Vereniging“ in der Papenstraat 45

Margot Bagainski kommt ebenfalls in die Zentrale der „Deventer Vereniging“

Alija beth auf der SS DORA

Juli 1939 Alija beth Margot Bagainski und Heinrich Timendorfer nach Palästina auf der SS DORA

16.7.1939 Boarding mit 183 Chaluzim in Amsterdam auf der zur Alija Beth von den Mossad-Agenten Jehuda Berginski, Gideon Ruffer und Shmarya Tzameret gekauften SS DORA nach Palästina

17.7.1939 Zustieg von etwa 200 weiteren Chaluzim in Antwerpen auf das Alija Beth Schiff SS DORA

17.-19.7.1939 Verzug in Vlissingen (Flushing)

12.8.1939 Ankunft der SS DORA in Palästina; die Chaluzim werden am Strand von Shefayim in der Nähe von Tel Aviv mit Booten illegal ins Land gebracht

1949 Miriam und Shmuel Timendorfer auf der Wählerliste für die Knesset

Groß Breesen

1936-1938 Bruder Julius zur Hachschara in Groß Breesen

1938 und 1941 Julius Arbeiter beim Zentralviehhof in Lichtenberg und bei der Herrenfabrikation der Firma „Fellner“; Zwangsarbeit in der „Lederwarenfabrik Gebr. Schlägel“ in der Lichtenberger Röderstraße 25

18.10.1941 Julius Bagainski auf dem ersten Massentransport von Berlin ins Ghetto Lodz

7.5.1942 Bruder Julius ermordet im KL Kulmhof

Die Vergeltungsaktion

Hermann wurde am Abend des 27. Mai 1942, anlässlich einer Vergeltungsaktion der Nationalsozialisten als Reaktion auf den Brandanschlag gegen die NS-Propagandaausstellung „Das Sowjet-Paradies“ am 18. Mai 1942 durch die Gruppe um Herbert Baum, als Jude in Geiselhaft genommen und direkt nach der Ankunft am Morgen des 28. Mai 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet.

Margarete Bagainski 1955 in einer eidesstattlichen Erklärung:

„Am 27. Mai 1942 abends gegen 8 Uhr erschienen in unserer Wohnung in der Greifswalder Straße 202 einige Polizeibeamte, die erklärten, dass sie meinen Mann abholen müssen. Als ich sie fragte, warum nur mein Mann und nicht die ganze Familie abgeholt würde, erhielt ich zur Antwort, eine Auskunft könne mir nicht gegeben werden, ich bekäme eine solche im Sammellager Levetzowstraße. Die Ursache dieser Festnahme wurde mir klar, als ich bald darauf hörte, dass am gleichen Abend 500 Männer, sämtliche Juden, in allen Bezirken Berlins aus ihrer Wohnung geholt wurden.“

Von den 500 Verhafteten wurden 250 Geiseln am Morgen des 28. Mai in Sachsenhausen erschossen, darunter auch Margots Vater Hermann Bagainski. Die anderen 250 wurden im Verlaufe der nächsten Wochen nach und nach ermordet.

Theresienstadt

5.6.1942 Unmittelbare Folge der Massenerschießung in Sachsenhausen für die Angehörigen war auf Anordnung des RSHA die Deportation aus Berlin nach Theresienstadt. Dafür wurde der 3. Alterstransport I/3 zu einem Sondertransport ausschließlich für Angehörige der Erschossenen umfunktioniert.

5.6.1942 Stiefmutter Margarete, Bruder Arno und die Halbgeschwister auf dem 3. Alterstransport I/3 von 207 Juden ab Berlin nach Theresienstadt

Freiheitstransport nach Sankt Gallen

5.2.1945 Stiefmutter Margarete und die Halbgeschwister Erna und Joachim Bagainski auf dem Transport EW, Zugnummer 182 T, dem einzigen Freiheitstransport mit 1200 Juden aus dem KL Theresienstadt, über Konstanz nach Kreuzlingen in der Schweiz

Weitertransport nach St. Gallen, Unterbringung im Schulhaus im Hadwig, „Desinfektionslager“

10.- 15.2.1945 Verlegung der Befreiten auf vier „Quarantäne-Lager“

Sommer 1945 Stiefmutter Margarete und die Halbgeschwister Erna und Joachim Bagainski in das DP Camp Bari in Italien

30.8.1945 Alija nach Palästina

Die Ermordung von Bruder Arno

Arno Bagainski kam im Ghetto Theresienstadt zu verschiedenen Arbeiteinsätzen

März 1944 Verlegung in das Außenkommando Zossen nach Wulkow

1944 Bruder Arno vom Lagerkommandant Franz Stuschka mit anderen Häftlingen wegen des Besitzes von Zigaretten „strafversetzt“; die Versetzungen erfolgten ins KL Sachsenhausen oder in das Gestapogefängnis Kleine Festung im Ghetto Theresienstadt

Ende September 1944 erreichte Margarete Bagainski im Ghetto Theresienstadt ein Brief ihres Stiefsohnes Arno aus dem Sammellager in der ehemaligen Pathologie des Jüdischen Krankenhauses im Berliner Wedding, vermutlich vor der Deportation.

20.2.1945 Bruder Arno wurde in Theresienstadt von der Gestapo in der Häftlingsverwaltung abgemeldet

Gedenken

Stolpersteine für den Vater Hirsch, und die Brüder Julius und Arno Bagainski

27.6.1955 Pages of Testimony für ihre Brüder Julius und Arno sowie den Vater Hirsch von Miriam Timna

Quellen

https://collections.yadvashem.org/en/photos/collection/13069463

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/12648149

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/11221453

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/12648148

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/127187766

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1046700

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1046699

https://www.erinnerungsort-wulkow.de/en/topic/59.arno-bagainski-1924.html

https://www.mappingthelives.org

https://danielabraham.net/tree/related/dora

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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