Walter Safirstein
*14.8.1922 in Bad Warmbrunn; ✡2012 in Israel
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Aron Safirstein *7.5.1884 in Warschau; ✡ 6.5.1945 in Theresienstadt
„Nicht privilegierte Mischehe“
Mutter Martha Kohl *29.3.1897 in Bad Warmbrunn; ✡ 10.9.1945 in Witten
Onkel David Safirstein, Safirstone (1948 in Chicago)
Geschwister –
Arthur Jakob Safirstein *31.1.1921 in Bochum; ✡ 12.10.1941 in Zasavica bei Massenerschießung
Paul Alex Safirstein *4.2.1925 in Witten; ✡ 12.7.1991 in Ridgefield, New Jersey
Beruf –
Adressen Witten, Breite Straße 82, Hauptstraße 63; Bad Warmbrunn; Witten; Ahrensdorf
Heirat Esther Adler *1921 in Wien; ✡21.10.2012 in Israel
Kinder drei
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Aktiv im jüdischen Sportverein Schild des RjF und Pfadfinderbund Makkabi Hazair
1936 Umzug der Familie von der Breite Straße 82 zur Hauptstraße 63 (Kaufmann Max Löwenstein) in Witten
1936/1937 Walter Safirstein zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Makkabi HaZair
Gestapo Mitteilung 15. November 1936
Mitglied im Pfadfinderbund Makkabi HaZair
Zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Träger Makkabi HaZair
November 1936 in Ahrensdorf gemeldet
22.2.1937 Pass in Jüterbog ausgestellt
31.3.1937 steht er auf der Ahrensdorf Praktikanten-Liste, Stand 31. März 1937, 41 männliche, 14 weibliche Chaluzim; Betriebsleiter Hans Winter; landwirtschaftlicher Inspektor Paul Semler; Küchenleitung Ruth Seemann
22.7.1938 Ausstellung des britischen Visums in Berlin
10.8.1938 Einschiffung in Triest
15.8.1938 Ankunft von Walter Safirstein in Haifa mit B III Studentenzertifikat
13.13.1946 Einbürgerung Palästina
10.11.1938 Vater Aron verhaftet im Novemberpogrom, „Schutzhaft“ in Sachsenhausen
Bruder Paul berichtet über den Novemberpogrom in Witten:
„ … Wir wohnten damals Hauptstraße 63, gegenüber dem Feuerwehr-Depot. … Langsam neigte sich der Abend und wir hörten von Zeit zu Zeit Gruppen oder motorisierte Kolonnen vorbeiziehen mit ihren Gesängen, die den Refrain hatten: „SA-Kameraden, hängt die Juden, stellt die Bonzen an die Wand” oder: “Erst wenn das Judenblut vom Messer spritzt, dann geht´s noch mal so gut”. – Gegen 11 Uhr hörten wir eine Kolonne näherkommen, und dann flogen die ersten Steine durch die Fenster. … Aber es blieb nicht bei einzelnen Steinen und bald brach man in das Haus ein, … Die Familie Löwenstein … kam zitternd vor Angst die Treppen hoch, um in der ersten Etage Zuflucht zu nehmen. … Meine Mutter sagte sofort, dass wir uns alle auf dem Trockenboden verstecken sollten. Das Getöse von brechendem Geschirr, zerschlagenen Möbeln und Rufen von “Juda verrecke” wurde immer stärker und bald rochen wir den Rauch von einem angelegten Feuer. Als es klar wurde, dass man das Haus mit seinen Bewohnern niederbrennen wollte, wehrten sich die deutschen Mitbewohner und verlangten, dass das Feuer gelöscht wurde. Obwohl das Feuerwehr-Depot direkt gegenüber war, rührte man keinen Finger, um das Feuer zu löschen. … konnten wir in Richtung Synagoge sehen und wir sahen, wie der Himmel immer heller wurde von dem Widerschein der brennenden Synagoge, aber kein Feuerwehrauto bewegte sich, um den Brand zu löschen. …”
22.12. 1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Sachsenhausen mit der Auflage, Deutschland zu verlassen
17.5.1939 in Witten mit Bruder Arthur bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 Mutter Martha in Witten bei Minderheiten-Volkszählung
Paul Safirstein zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung der noch bestehenden in „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
Juli -September 1941 Auflösung des Hachscharalagers Ahrensdorf; Verlegung der übrigen Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; viele gehen zurück in die Heimatorte
22.11.1942 Einbürgerung von Bruder Walter in Palästina; Kibbuz Dawrat Ruwen
1943 Vater Aron im Zwangsarbeiterlager in der Gastwirtschaft „Deutsche Eiche“ in Kamen
30.11.1943-8.1.1944 Vater mit „Harnblasenschwäche“ im Marien-Hospital Hamm
Oktober 1944 Mischehen-Aktion; Vater Aron vermutlich in ein Lager der Organisation Todt, am ehesten nach Halle/Saale
14.2.1945 Deportation des Vaters Transport XII/10 ab Frankfurt, Leipzig, Halle nach Theresienstadt
6.5.1945 Tod des Vaters in Theresienstadt
1.3.1946 Bruder Paul gemeldet in Berlin, Mommsenstraße 22
28.7.1949 Bruder Paul von Berlin nach Palästina
1.-11.8.1951 Bruder Paul auf der TSS NEPTUNIA mit Frau Alice von Cherbourg nach New York
Der Kladovo-Transport von Bruder Artur Sonderhachschara Nr
Vom Hechaluz Österreich organisierte Alijah; Plan über die Donauroute, Schwarzes Meer, Palästina
24./25.11.1939 mit 822 von Wien nach Bratislava; dort kamen weitere 130 aus Berlin, 50 aus Danzig, 100 aus Prag hinzu
Anfang Dezember auf die SS URANUS zunächst nach Gyor; dann wieder zurück nach Bratislava
12.12. 1939 weiter nach Bezdan
14./15.12.1939 in Budapest auf drei jugoslawischen Schiffen SS Kraljica Marija, Car Dusan and Car Nikola zur jugoslawisch-rumänischen Grenze. Die Rumänen verweigern die Einreise
18.12.-30. 12.1939 in Prahovo
31.12.1939 die Schiffe liegen im Winterliegeplatz in Kladovo, die Flüchtlinge bleiben an Bord
Januar 1940 ein umgebauter Schleppkahn wird angehängt, um mehr Platz zu haben
Mai 1940 die Schiffe fahren ab, die Flüchtlinge suchen bei Bauern Unterkunft
19. 9.1940 die Flüchtlinge werden auf dem Kahn nach Sabac geschleppt
Unterbringung in Sabac in einer alten Mühle und einem Getreidespeicher
März 1941 verlassen bevorzugt Kinder und Jugendliche Sabac mit legalen Visa
6.4.1941 Einmarsch der Wehrmacht in Serbien
August 1941 Juden von Sabac und die Flüchtlinge in einer alten Festung Camp Sabac interniert
11.10.1941 Jüdische Männer, Zigeuner und manche Serben verlegt in das Seniak Camp
12./13. Oktober 1941 Massenerschießung in Zasavica von 2100 Männern als Vergeltungsaktion für 21 tote deutsche Soldaten
Anfang Januar 1942 Frauen und Kinder des Kladovo-Transportes (ca. 750 – 800) aus dem KL Šabac deportiert in das von der SS verwaltete KL Sajmište
19. 3. bis 10. 5.1942 tägliche Fahrten eines Gaswagens mit 50 – 80 Opfer zur Erstickung mit CO-Gas
Gedenken
Gedenkstein auf dem Dovrat Ahuzat Barak Common Cemetery für Martha, Aron und Arthur Safirstein
Grabstein für Bruder Walter und Ehefrau Esther auf dem Dovrat Ahuzat Barak Common Cemetery
Quellen
Mordechai Mal’an (Erich Wallach), Dies ist eine Geschichte über …; in: Erhard Wiehn, Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag
Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/3435-aron-safirstein/
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de956756
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12671212
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/129110887
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 8019); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Namensverzeichnis von im Oktober 1941 im Dorf Zasovica bei Schabac erschossenen Juden
https://collections.arolsen-archives.org/en/search?s=Zasovica
Martina Kliner-Lintzen/Siegfried Pape, “ … vergessen kann man das nicht” – Wittener Jüdinnen und Juden unter dem Nationalsozialismus, Hrg. Stadt Witten, Bochum 1991
https://www.lwl.org/hiko-download/OA_AR/Witten_(Kliner-Fruck)_813-829.pdf
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld