Ruth Stamm
*19.3.1912 in Gelsenkirchen; ✡ 26.5.2004 in Flushing, New York
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Josef Stamm *10.7.1880 in Lütgeneder; ✡ 9.9.1935 in Gelsenkirchen
Mutter Betty Gompertz *12.2.1888 in Krefeld; ✡ 11. 6. 1959 in New York
Onkel Leo Gompertz
Geschwister
Beruf Sport- und Gymnastiklehrerin
Adressen Gelsenkirchen, Bahnhofstraße 16; Alt-Schermbeck; Velp, Mariastraat 18, NL;
Heirat Leo Uitzinger *1890 in Velsen
Tochter
Ingrid Stamm *10.12.1944 in Leeuwarden; ✡15.1.1996 in Queens; oo Lawrence Iceman *31.5.1933
Die Hachschara Bewegung
In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.
Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.
Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).
So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.
Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.
Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.
Weiterer Lebensweg
1932 Vater Josef Stamm 1932 1. Vorsitzender der Synagogengemeinde Gelsenkirchen; Inhaber eines Modewarengeschäftes
Ruth Stamm Sportlehrerin im Sportverein des RjF „Schild“ (im Bildzentrum)
1932-1934 Ruth Stamm (mit Gitarre) Gruppenleiterin der jüdischen Jugendgruppe „Schwarzes Fähnlein“ (deutschgesinnt, stark patriotisch und politisch rechts)
Haus Berta am Freudenberg bei Alt-Schermbeck
Auf Betreiben ihres Onkels Leo Gompertz, Vorsitzender der RjF-Ortsgruppe Gelsenkirchen entstand 1934 auf dem Heide und Waldgelände des Julius Goldschmidt ein Jugend-und Ferienheim, Haus Berta, benannt nach der Mutter des Julius Goldschmidt. Die feierliche Eröffnung fand am 24.8.1934 im Beisein von reichsweiter RjF- und Rabbinats-Prominenz statt.
Ihr Vater Josef Stamm übergibt im Namen der jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen einen silbernen Chanukka-Leuchter.
Heimleiter wurde Dr. jur. Willi Stern, 1933 von den Nazis außer Dienst gestellter Amtsgerichtsrat aus Recklinghausen.
Die geistliche Betreuung übernahm der zuständige Bezirksrabbiner Dr. Selig Auerbach aus Recklinghausen. Das Ehepaar Leo und Rosa Auerbach war für die Hauswirtschaft zuständig,
Ruth Stamm für den Jugendsport und die Gymnastik.
Die vom Hamburger Oberrabbiner Dr. Carlebach empfohlene Edith Möller aus Hamburg-Altona führte die streng koschere Küche.
Vom 10.5.-31.10.1935 fand das bereits an einer Hachschara ausgerichteten erste Landhalbjahr statt; Madrich war Heinz Kahn (HaKa) aus Eschwege.
Als vermutlich bewusste Provokation wurde Haus Berta 1937 während eines wie immer besonders festlich begangenen Freitagabend-Gottesdienst zum jüdischen Schabbat von der Gestapo geschlossen.
Aus dem Lagebericht von 1937 der Staatspolizeidienststelle für den Regierungsbezirk Münster:
„Die polizeiliche Schließung des jüdischen Ferienhauses (…) hat nach dem vorliegenden Bericht des Landrats in Recklinghausen in der Bevölkerung lebhafte Befriedigung ausgelöst.“
1934/35 Ruth Stamm als Sportlehrerin in das Ferienheim/ Umschichtungslager „Haus Berta“ am Freudenberg bei Alt-Schermbeck in Trägerschaft des Reichsbund jüdischer Frontsoldaten RjF
10.5.-31.10.1935 Erstes Landhalbjahr in „Haus Berta“
1937 Zwangsauflösung von „Haus Bertha“
Flucht mit der Mutter in die Niederlande nach Velp, Mariastraat 13
„Onderduiker“ in Leeuwarden Wirdummerdijk 35, bei Familie Bijlsma;
10.12.1944 Geburt der unehelichen Tochter Ingrid Stamm in Leeuwarden
4.5.1945 melden sie sich im „Onderduikersbureau“ in Leeuwarden
2.-13.12.1947 Ruth mit Mutter und Tochter aus der SS Veendam von Rotterdam nach Vew York
26.4.1950 Ruth Stamm mit Mutter Betty und Tochter Ingrid Stamm in Queens, NY bei US Census
20.12.1950 Ruth auf der 50. Geburtstagsfeier ihrer Tante Betty Gompertz (stehend 2. v.l.)
1963 schreibt ihr Onkel Leo Gompertz an Hete Silberberg:
Gedenken
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Quellen
https://ondergedokeninfryslan.nl/duikkaarten/ruth-stamm-1912
http://www.gelsenzentrum.de/gompertz_family.htm
Volkszählung 1950 der Vereinigten Staaten – Ruth Stamm
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/130379882
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/130379876
National Archives Microfilm Publication 7517, roll T715
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://archive.org/details/leogompertzcolle01gomp/page/n59/mode/1up?view=theater
http://www.holstina.de/history/hausberta.html