Wolfgang Zeev Brill
*13.10.1922 in Herzebrock; ✡ 14.6.1994 in Jerusalem
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch

Vater Julius Brill * 16.10.1896 in Rinteln; ✡29.8.1942 in Auschwitz
Mutter Paula Blume *6.6.1898 in Herzebrock; ✡ ? in Holon, Israel
Onkel Hugo Brill *10.6.1886 in Rinteln; ✡ 21.9.1956 in Herzebrock
Tante Selma Brill geb. Blume *5.12.1886 Herzebrock; ✡ 28.12.1934 Franziskus-Hospital Bielefeld
Geschwister
Erika Brill *13.10.1922 in Herzebrock; ✡ in Holon, Israel; oo Jehuda Ostrovitch
Cousin
Walter Brill *13.9.1910 in Herzebrock; ✡ 7.2.1989 in West Orange, New Jersey; oo Irmgard Levy
Erna Brill *21.4.1912 in Herzebrock; ✡ 31.7.1960 in Ilford, London; oo Avi Gerecht
Irmgard Jeanette Brill *27.7.1923 in Herzebrock; ✡ 11.8.2008 in Paris; oo Jacques Warech
Bruno Brill *30.5.1918 in Herzebrock; ✡23.3.1943 in Sobibor
Simon Brill *1940 in Perpignan
Beruf –
Adressen Herzebrock, Möhlerstraße 5
Heirat Chana Baum ; in Modi‘im
Kinder zwei
Weiterer Lebensweg
Schlachterei an der Möhlerstraße 5
10.11.1938 Vater Julius und Cousin Bruno Brill verhaftet im Novemberpogrom, KL Buchenwald
19.12.1938 Entlassung des Vaters aus „Schutzhaft“ im KL Buchenwald

2.1.1939 Entlassung des Cousins aus dem KL Buchenwald
29.1.1939 Cousin Bruno nach Zutphen, NL
Wolfgang auf Hachschara in das Landwerk Ahrensdorf
17.5.1939 Zwillingsschwester Erika in München bei Minderheitenzählung
Schwester Erika nach Belgien
Die Sonderhachschara SH 7
Mit der Ahrensdorf-Gruppe zum Vorbereitungskurs ins Landwerk Ellguth-Steinau /Falkenberg O. S.
Anfang August 1940 abgemeldet aus Ahrensdorf, zunächst Zugfahrt nach Berlin
16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Reiseleiter war Efraim Frank
30.8.1940 mit einer Gruppe von 29 Chawerim aus Paderborn offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt als Referenz an: Michel Michaeli Jewish Trade School POB Haifa 1073
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 jüdische illegale Einwanderer auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Weitere Ereignisse der Familie
1939 Walter und Irmgard Brill nach England
15.7.1939 Flucht des Vaters Julius mit Bruder Hugo und dessen Tochter Irmgard nach Antwerpen, Belgien; Hugo lernt hier seine 2. Frau Ella Vogelhut (1901-1969) kennen
10.5.1940 Einmarsch der Wehrmacht u.a. Belgien Verhaftung in Belgien und Abschiebung in den unbesetzten Süden Frankreichs; Ste. Livrade-Villemur bei Toulouse; Internierung im Lager St. Cyprien, Perpignan; Cousin Simon wird außerhalb des Lagers geboren; den Brüdern gelingt die Flucht; Julius wird erwischt als er zurückkehrt, um seine Pfeife zu holen.
26.8.1942 Deportation des Vaters Julius von Drancy nach Auschwitz
23.3.1943 Cousin Bruno von Drancy nach Sobibor
7.3.1944 Cousine Irmgard von Drancy nach Auschwitz; Häftlingsnummer 75911 mit Winkel

23.11.1944 Irmgard Brill von Auschwitz in das Frauen-Außenlager in Lippstadt I, Lippstädter Eisen und Metallwerke (LEM, später HELLA), Rüstungsproduktion, Lager an der Cappeler Landstraße

Buchenwald -Arbeitskarteikarte; Buchenwald-Häftlingsnummer 25822
4.1.1945 Außenlager Lippstadt wird zum Außenlager von Buchenwald statt Auschwitz
Ende März 1945 Irmgard in der dritten Evakuierungswelle von Lippstadt nach Bergen-Belsen
1.4.1945 zwischen Delbrück und Kaunitz, etwa 25 km östlich von Lippstadt von der US Army befreit. Sie schreibt in einem Brief vom 21.5.1945 aus Paris an ihren Bruder Walter:
„Ich bin am 1. April in Kaunitz bei Lippstadt von den Amerikanern befreit worden u. fühlte mich seit diesem Tag wie eine Neugeborene, denn ich glaubte nicht bis zur Minute der Befreiung, dass ich lebend davonkomme.“
Gedenken
21.2.1992 Page of Testimony für Cousin Bruno Brill von seiner Schwester Jeanette Warech
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de586349
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1587655
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de848356
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9968439
https://www.jmberlin.de/feature-brief-brill-befreiung-1945
https://eg-rheda.de/besuch_brill
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5614636
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015