Max Reich
*2.5.1920 in Breslau; ✡ 20.10.1973 Palma de Mallorca
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Benno Reich *24.6.1895 in Oppeln; ✡ ?; in Auschwitz
Mutter Henriette Tichauer *27.1.1896 in Alt Tarnowitz; ✡ in Auschwitz
Geschwister
Johanna Reich *8.9.1921 in Breslau; ✡ in Auschwitz; oo Röthler
Beruf Praktikant; Physiotherapeut
Adressen Breslau; Beuthen, Ring 13; Bielefeld; Haifa; Köln, Melatengürtel 121;

Heirat 9.4.1956 in Jerusalem Eva Chava Aviva Kleinmann *1.11.1932 in Berlin; ✡28.1.2008 in Köln
Kinder –
Weiterer Lebensweg
10.11.1938 Vater verhaftet in der Pogromnacht; Internierung im KL Buchenwald
16.12.1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Buchenwald
17.5.1939 in Beuthen bei Minderheitenzählung
Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a
1939 Nachdem zahlreiche, in Bielefeld lebende Jüdinnen und Juden in „Judenhäusern“ zwangseingewiesen wurden, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a und Paderborn, Grüner Weg 86;
Anfang September entstand zunächst ein Wohn- und Arbeitslager in der Koblenzer Straße 4 (heute: Artur-Ladebeck Straße 6)
September1939 Ummeldung von Beuthen als Praktikant in das Lager Koblenzer Straße 4

23.3.1940 wegen der räumliche Enge Wechsel in das Lager in der Schloßhofstraße 73a. Dort bestand auch eine Unterkunft für alte und kranke Jüdinnen und Juden („Siechenheim“) als Einrichtung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt, die Frauen im Haushalt des Lagers.
1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit dem Umschulungslager Paderborn; die zionistischen Chawerim wechselten nach Paderborn und umgekehrt.
23.7.1940 Ausstellung des Passes in Bielefeld
Die illegale Alija beth auf der SS PACIFIC, Sondertransport SH 7
12.8.1940 Max Reich abgemeldet aus Bielefeld mit fünf weiteren Chaluzim, zunächst Zugfahrt nach Berlin
16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Transportführer war Ephraim Frank
13..8.1940 mit einer Gruppe von 6 Chawerim aus Bielefeld offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft auf der SS PACIFIC in Haifa.
3.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt als Referenzen an: keine
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 Ma’apilim (illegale Immigranten) auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
29.6.1942 Eltern von Gleiwitz nach Auschwitz deportiert

4.3.1943 Schwester Johanna auf dem 33. Osttransport aus Berlin (Fabrikaktion) nach Auschwitz
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
9.4.1956 Heirat mit Eva Chava Aviva Kleinmann in Jerusalem; Scheidung vor 1973

Juni 1960 von Köln Einreise nach Rio de Janeiro
März 1961 von Köln Einreise nach Rio de Janeiro mit Ehefrau Eva
Gedenken
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Quellen
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9970139
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de947869
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de947970
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1140814
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=9968967
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12669382
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013
Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998