Heinz Simon Henry Baermann
*118.12.1922 in Simmern; ✡ 28.10.2013 in Chicago
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Vater Bernhard Baermann *14.5.1876 in Dörrebach; ✡30.3.1942 in Riga
Heirat der Eltern 21.10.1907 in Bad Homburg
Mutter Barbara Betty Seligmann *2.11.1884 in Bad Homburg; ✡30.3.1942 in Riga
Geschwister
Erna Baermann *24.1.1909 in Simmern; ✡18.9.1885 in Chicago; oo Strauss (1902-1976)
Onkel Hugo Baermann *2.5.1887 in Dörrebach
Tante Elisabeth Walter *21.6.19890 in Kreuznach
Cousin Hans Baerman *19.9.1923
Beruf Schweißer, Schlosser
Adressen Simmern; Köln, Pantaleonstraße 17
Heirat 1946 Margrit Kohlmann* 3.3.1924 in Wesel
Kinder
Ruth Baermann *1949
Jeffrey Baerman
Weiterer Lebensweg
Mittelschule
17.5.1939 bei Minderheiten-Volkszählung
Seine Frau Margrit erinnert sich Sie erinnert sich an das erste Mal, als sie ihn kurz vor dem Krieg sah. Es war auf einer Jüdischen Tanzveranstaltung in Köln. Er trug einen schicken Zweireiher, stand einen Moment da und blieb in der Tür stehen, um sie hereinzulassen. „Er war ein sehr gutaussehender junger Mann, und ich sagte: ‚Wer ist das?‘?“Nachdem sie gemeinsam zur Musik aus einem Grammophon über den Tanzboden gewirbelt waren, begleitete er sie nach Hause. Ihre Mutter mochte ihn sofort. Sie konnte sehen, dass Heinz sicherstellen wollte, dass die 15-jährige Margrit vor der für Juden verhängten Ausgangssperre um 20 Uhr zu Hause war.
Vermutlich handelte es sich um die jüdische Tanzschule von Grete Keller in der Agrippastraße 10
17.5.1939 mit den Eltern in bei Minderheiten-Volkszählung
Ausbildung als Schweißer (jüdische Handwerkerschule Utrechter Straße 6 )
November 1941 Deportationsbefehl der Gestapo, sich am 6.12.1941 im Sammellager Messehallen Köln Deutz einzufinden
6.12.1941 Sammellager Messehallen Köln Deutz

7.12.1941 Transport von Heinz mit seinen Eltern Köln Deutz in 3. Klasse-Waggons der Reichsbahn nach Skirotawa, Riga;


ebenfalls auf diesem Transport seine Freundin Margrit mit ihren Eltern

und die Familie des Onkels Hugo Baermann
8.12.1941 soll es einen kleinen Nachtransport gegeben haben
8.12.1941 Transport von Köln Deutz in 3. Klasse-Waggons der Reichsbahn nach Skirotawa, Riga
Cousin Hans Baermann berichtet:
„Die Evakuierung wurde uns drei Wochen vorher durch die Gestapo mitgeteilt. Zugleich erging die Auflage, jeden Verkauf irgendwelcher Gegenstände zu unterlassen. … Am 8.Dezember, morgens vier Uhr, nachdem nur noch ein einziger Koffer zur Mitnahme verblieben war, verbrachte uns die SS zum Deutzer Bahnhof. Die Fahrt dauerte achtzig Stunden und endete in Riga….
10.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto Riga
13.12.1941 18 km Fußmarsch von 200 jungen Männern aus dem Ghetto Riga zum Aufbau des Lagers Salaspils; Heinz Baermann zusammen mit fünf Freunden aus dem Kölner Transport: Cousin Hans Baermann, Rudi Billig, Artur Kann und Max Leib; alle sechs überlebten Riga
Cousin Hans Baermann berichtet:
„Zwei Tage nach unserer Ankunft wurden 200 Juden im Alter von 18-40 Jahren in das Lager Salaspils, 18 km von Riga entfernt, gebracht. … In diesem Vernichtungslager hungerte ich sieben Monate. … 15000 Menschen, die durch dieses Lager gingen, wurden nahezu vollständig aufgerieben. Lediglich 192 blieben am Leben.“
März 1942 Tod der Eltern bei der „Dünamünde-Aktion“ im Ghetto Riga
2.8.1942 Rückkehr der letzten 192 Salaspils-Häftlinge ins Ghetto Riga
Ehefrau Margrit Baermann berichtet:
„Er sah aus wie ein Skelett“, sagte sie. Bis heute weiß sie nicht, wo sie den Mut hernahm, aber sie flehte den Lagerkommandanten an, ihn bleiben zu lassen bis er stärker war. „Ich weiß nicht, wie ich das gemacht habe. Ich habe es eben versucht. Mutig sagte ich: „Herr Kommandant, bitte, da ist ein junger Mann, er ist sehr, sehr krank. Könnten Sie ihn nur ein oder zwei Tage hier lassen?‘ “ …„Es war unglaublich – er hat mir die Erlaubnis gegeben“
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer
3. 11.1943 Auflösung des Ghetto Riga
1943/44 Schweißer in der SS- KFZ Werkstatt Vairogs
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli 1944 Krebsbach-Aktion im KL Kaiserwald; die Eltern von Margrit Kohlmann fallen unter die Selektion und werden ermordet
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig
1.10.1944 Ankunft von Heinz Baermann in Stutthof


3.11.1945 aus Stutthof in das Buchenwald-Außenlager Polte Werke (Munitionsfabrik) in Magdeburg, zusammen mit Alex Salm und Hans Leiser aus Köln, Siegfried Joseph, Adolf Lewy aus Herford, Dagobert Menschenfreund aus Recklinghausen, den Brüdern Ernst und Kurt Neuwald aus Gelsenkirchen,
19.11.1945 offizielle Übernahme in die Lagerstärke des KL Buchenwald
Mitte April Befreiung von Magdeburg durch die US-Army in Magdeburg
Mithäftling Kurt Neuwald berichtet:
„Das Kriegsende habe ich folgendermaßen erlebt: Das war auch wieder ein Glücksfall. Ich war in einem Außenlager des KZ-Lagers Buchenwald in Magdeburg und wurde von SS-Leuten bewacht. Wir arbeiteten in einer Munitionsfabrik. Die Amerikaner standen schon jenseits der Elbe, und wir sollten abtransportiert werden. Das wussten wir aber nicht so genau. Als wir nun abmarschieren sollten, gab es plötzlich Bombenalarm. Die Bewachungsmannschaften liefen alle weg, wir liefen auch. Da haben mein Bruder und ich das Glück gehabt, daß wir ein Versteck gefunden haben, in dem wir drei Tage bleiben konnten, bis die Amerikaner uns befreiten. Die anderen, die nicht das Glück gehabt haben, solch ein Versteck zu finden, wurden nach dem Bombenalarm von den Wachmannschaften wieder eingesammelt. Die meisten von ihnen sind auf den Hungermärschen erschossen worden.“
Alex Salm berichtet, dass sie mit anderen Häftlingen durch Volkssturm Wachmannschaften in mehreren Etappen von Magdeburg in östliche Richtung nach Genthin getrieben wurden und danach wieder zurück in westliche Richtung nach Burg.
5.5.1945 Befreiung durch die Rote Armee
1946 Heirat Margrit Kohlmann

25.7.-3.8.1951 mit Frau Margrit und Tochter Ruth auf der USS GENERAL MB STEWART von Bremerhaven nach New York
Sein ganzes Leben konnte Heinz Baerman den Geschmack von Kümmel oder den Geruch von Kartoffelschalen nicht mehr ausstehen. Sie erinnerten ihn an die wässrige, mit Kartoffelschalen und Kümmel aromatisierte Suppe, die in den Lagern gekocht wurde.
28.10.2013 in Chicago Tod an Pancreaskarzinom
Gedenken
8.4.1979 Pages of Testimony für ihre Eltern von Margrit Baermann
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5480804
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5283833
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411207_2.jpg
Baermann, Hans (Köln), Bericht, in: Eugen Kogon, Der SS – Staat, München, 1974, S. 222–227
https://groups.google.com/g/alt.obituaries/c/HkjL_xvevY4?pli=1
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 8016); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411207_21.jpg
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Christin Sandow (Hrsg.), Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017