Iwan Herzberg, später Irving Herzberg
*3.5.1915 in Varel; ✡ 17.5.1991 in New York
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Saul Salli Herzberg *16.5.1881 in Bremen-Vegesack; ✡
Mutter Gertrud Horwitz *10.4.1890 in Zbaszyn; ✡14.6.1946 in New York
Großeltern Heinrich Herzberg (*2.9.1855; ✡6.3.1934 in Varel) und Elise Gunst
Geschwister
Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant; Färber; Fotograf
Adressen Varel; Westerkappeln;
Heirat Chaya Helen Schwarmenfeld *13.10.1915 aus Polen; 1.10.2014 in New York
Kinder
Susan Elaine Herzberg *2.5.1944 in New York
Richard Herzberg *1947 in New York; oo Goodman
Die Hachschara Bewegung
In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.
Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.
Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).
So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.
Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.
Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.
Hof Stern in Westerbeck
Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932 bei einer Zwangsversteigerung erworben. In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine landwirtschaftliche Ausbildung für die mittlere (14-17 Jahre) und die reguläre Hachschara(>17 Jahre) anbot.
Januar 1934 Beginn der Hachschara; die ersten Chawerim heißen Henry Cohen (Barmen), Edgar Ambursky (Leipzig) und Markus Lichter (Chemnitz)
1934-1938 arbeiteten und lernten hier 97 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) 31 Mädchen und 66 Jungen, im Mittel 19 Jahre alt. Manche blieben nur wenige Tage, andere bis zu eineinhalb Jahren zwei allerdings sogar zweieinhalb Jahre
1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet
Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, 18.2.1938 18 Personen abgemeldet aus Westerbeck. Dieser Exodus markiert wohl das Ende der strukturierten Hachschara-Ausbildung.
März -August 1938 nur noch fünf Chaluzim auf dem Hof gemeldet.
Die Leitung des Hofes lag zuletzt (Mai-November 1938) bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.
9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern: Fritz Goldschmidt, Schwiegersohn des Verwalterehepaares Löwenstein, Julius Weinberg, Hans Bensew, Rudi Frank, werden mit Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Nur Rudi Frank kann später nach Santo Domingo flüchten.
3.12.1938 Zwangsverkauf des Hofes an den Landwirt Heinrich Pöppelwerth aus Haustenbeck/Lippe
Weiterer Lebensweg
Vater Salli Unternehmer, Färberei in Varel, Lange Straße 57 (bis 1937);
1924 Großvater Heinrich Herzberg Vorsteher der Synagogengemeinde Varel
1932 Heinrich Herzberg Beisitzer der Synagogengemeinde Varel
Jüdische Volksschule an der Synagoge in Varel
Oberrealschule in Varel
Iwan Herzberg zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern,Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln
abgemeldet aus Westerkappeln;
7.-15.3.1935 Iwan Herzberg auf der SS HAMBURG von Bremen nach New York;
Heimatadresse Vater S. Herzberg; Ziel Onkel Daniel Herzberg in Brooklyn
16.4.1940 erfasst bei US Census in New York mit den Eltern und Onkel/Tante Herbert und Anna Horowitz, sowie Cousine Renee Horowitz
Gründer des Trump Village Camera Club
1.4.1950 erfasst bei US Census in New York mit Ehefrau und beiden Kindern
Leidenschaftlicher Amateurfotograph
Gedenken
Grabstein auf dem New Montefiore Cemetery, West Babylon, Suffolk County
November 1995- Januar 1996 Brooklyn Public Library Exhibition: Irving I. Herzberg – A Vision of Brooklyn (1950-1989), a retrospective
Brooklyn Public Library about Irving Iwan Herzberg
Irving Herzberg (1915-1992) was rarely without his camera. In the tradition of street photographers such as Eugene Atget, he documented the neighborhoods, subways and boardwalks of Brooklyn beginning in the early 1950s until his death at the age of 77, when he bequeathed his life’s work-about 2,300 photographs, negatives and slides-to Brooklyn Public Library’s Brooklyn Collection.
Herzberg, who lived in Brighton Beach for thirty years, was drawn to Hasidic Williamsburg after a chance visit to the neighborhood in the early 1960s. During a decade of Sunday visits he became a familiar figure, at first photographing street scenes but gradually gaining entry to businesses, schools and the inner life of the community.
One can readily understand why this poet of the urban landscape was drawn to Williamsburg–an austere urban environment combined with a community dedicated to the preservation of a traditional spiritual life generates intriguing visual juxtapositions. While his images of adults include fine character studies, Herzberg was often at his most charming when photographing children, capturing their beauty in moments of mischief, play and contemplation.
The Williamsburg photographs comprise one of several subject groups Herzberg undertook during the course of his prolific amateur career. Others include a vibrant and humorous subway series, a Coney Island series, and images of Jewish life on Ocean Parkway. Working from the bathroom of his apartment* for nearly forty years, Irving I. Herzberg amassed and gave to the people of Brooklyn an irreplaceable record of change, tradition and spirituality in the life of our communities.
Quellen
Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946
Personenkarte von Hof Stern in Westercappeln, Westerbeck Nr. 74
https://www.bklynlibrary.org/blog/2014/07/14/quiet-colorful-moments
https://findingaids.library.nyu.edu/cbh/bcms_0056/
U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
Gisbert Strotdrees, Kibbuz Westerbeck (Hof Stern), in: Hachschara als Erinnerungsort, 12.12.2022
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/4
https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/ein-kibbuz-in-westfalen/
https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt