Lotte Adam später Dr. Mirjam Michaelis
*18.6.1908 in Berlin; ✡ 21.1.2003 in Israel
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Samuel Adam *12.2.1867 in Posen; ✡ 3.3.1926 in Berlin
Mutter Hedwig Belgard *15.5.1876 in Berlin; ✡ ?
Großeltern Louis Adam und Röschen Moses
Geschwister
Elieser Werner Adam *19.12.1906 in Berlin;
Beruf Schriftstellerin
Adressen
Heirat 1937 Heirat in Schniebinchen Fritz „Micha“ Michaelis *24.5.1908 in Berlin; 2004 in Israel
Kinder
Alit Michaelis *28.2.1941; oo Yanishevsky
Evyatar Michaelis
Weiterer Lebensweg
12.12.1934 Fritz Michaelis zur Hachschara ins Werkdorp Wieringermeer
8.3.1935 Passausstellung für Lotte Adam in Berlin
26.5.1935 Lotte Adam zur Hachschara ins Werkdorp Wieringermeer
Mirjam Michaelis schreibt in einem Brief, sie sei vom Leiter der jüdischen Jugendhilfe nach kurzer Zeit nach Holland geschickt worden, um dort ein Jugendlager zu leiten:
„In Holland vertiefte ich meine Beziehungen zu meinem zukünftigen Lebensgefährten, Micha, der ebenfalls die Jugendlichen im Werkdorp anleitete.“
24.3.1936 Lotte Adam abgemeldet aus dem Werkdorp ins „buitenland“ (Ausland)
10.4.1936 Fritz Michaelis abgemeldet aus dem Werkdorp nach Berlin
als Madricha ins Umschulungslager der Jüdischen Jugendhilfe Schniebinchen bei Sorau
1937 Heirat in Schniebinchen mit Fritz „Micha“ Michaelis
14.6.1937 Pass umgeschrieben auf Michaelis
„Von 1935 bis 1938 war ich Leiterin (Madricha) von Jugendalijagruppen, die sich in Deutschland, Holland und Dänemark auf ihre Einwanderung nach Erez Israel vorbereiteten. Ich selbst wanderte im Jahre 1938 mit meinem Mann nach Erez Israel ein. Wir gehörten zu den Gründern des Kibbuz Dalia, in dem ich bis zum heutigen Tag lebe.“
Hachschara-Lehrgut Schniebienchen
„Heil Hitler Schalom“
Gut Schniebinchen war ein zuletzt dem Apotheker Otto Kaesbach gehörendes Landgut von 1117 Morgen bei Sorau/ Sommerfeld in der Niederlausitz. Kaesbach produzierte hier nach Aufgabe der Landwirtschaft Pharmaka wie das Sexmittel OKASA.
Seine geschiedene Ehefrau Martha Kaesbach stellte als Verwalter Herrn v. Horn ein. Die zum Gutsbesitz gehörende Wassermühle (Jessener Mühle) verkaufte Kaesbach 1929 an die Familie Lichting, auch hier entstand später ein Hachscharalager.
1933/34 Abschluss eines Pachtvertrages über 180 RM monatlich mit dem Jüdischen Jugendbund Habonim Noar Chaluzi (Bauleute), der offizielle Briefkopf lautete:
Jüdische Jugendhilfe Schniebinchen über Sommerfeld NL, Telefon: Niewerle Nr. 11
Später lag die Verwaltung reichsweit bei der Ssochnuth (Sochnut, hebräisch הַסּוֹכְנוּתִ היְּהוּדִית לְאֶרֶץ יִשְׂרָאֵל ha-Sochnut ha-Jehudit le-Erets Jisra’el, ‚Jewish Agency‘ auch ‚Jüdische Agentur für das Land Israel‘)
10.11.1938 in der Pogromnacht wird das Lager für einige Tage von örtlicher SA besetzt, die aber keine Misshandlungen an den Bewohner begeht.
1939 waren 109 Chaluzim und Personal im Lager;
Leiter von Schniebinchen war Dr. Alfred Cohn (April-Sept 1939); ab September 1939 wurden Ludwig Kuttner und Fanny Bergas als Wirtschaftsleiterin dessen Nachfolger. Cohn und Kuttner waren zuvor zuvor Lehrer an der Privaten Waldschule Kaliski in Berlin. Lotte Kaiser und Lotte Adam hatten die pädagogische Leitung. Das Verhältnis Jungen/Mädchen lag bei 60/40. Für Mädchen stand vor allem Hausarbeit wie Kochen, Backen, Nähen und Stricken auf dem Plan.
Ab April 1939 war Jenny Rosenbaum später Aloni Jugendleiterin, bevor auch sie im November nach Palästina auswanderte. Sie berichtet von ihrer Ankunft:
„Auf dem Zaun ein Papagei. Ein lebendiger Papagei. Er heißt Laura… Papagei Laura rief im Vorbeigehen jedem zu „Heil Hitler Schalom“
Vor der Besetzung Dänemarks 1940 gingen viele mangels ausreichender Zertifikate für Palästina zur Einzelhachschara auf Bauernhöfe in Dänemark.
März 1939 eine erste Alija beth Gruppe von einer Gruppe Chawerim aus Schniebinchen von in Wien einem Sammeltransport angeschlossen, die ab Spalato, Jugoslawien auf einem kleinen Seeschiff „Dora“ nach etwa 10-tägiger Fahrt unbehindert in Palästina landete; sogenannte erste illegale Sonderhachschara SH1
13.10. 1939 fuhren etwa 20 Chawerim, ab Schniebinchen über Sommerfeld und Breslau nach Wien, wo sie der Sonderhachschara (SH2) über die Schwarzmeerroute angeschlossen werden und auf der SS HILDA vor der Drei-Meilen-Zone von der Royal Navy vor Haifa geentert werden.
29.1.1940 Erlaubnis der Briten im Hafen von Haifa zu landen, von wo sie mit Bussen in das britische Internierungslager nach Athlith verbracht werden
5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Umbenennung „Jüdisches Arbeitseinsatzlager“
31.7.1941 Auflösung Schniebinchen; Ludwig Kuttner und seine Familie und eine Gruppe von Jugendlichen gehen ins Lager Paderborn; Fanny Bergas und andere wie Max Bermann ins Landwerk Neuendorf
In ihren autobiografischen Erinnerungen schreibt sie:
„Von Holland wurden wir nach Deutschland zurückgerufen, um eine Mittlere Hachscharah in Schniebinchen (Lausitz) zu leiten. Mit dieser gleichen Gruppe gingen wir zur landwirtschaftlichen Ausbildung (Hachscharah) nach Dänemark. Im Ganzen leiteten wir vier Jahre lang Mittlere Hachscharahgruppen. Dann bekamen wir ein Zertifikat für unsere Einwanderung. Von Dänemark fuhren wir noch einmal für drei Wochen nach Berlin, um uns von meiner Mutter zu verabschieden. In Berlin erfuhr ich, dass ich von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) gesucht wurde. […] Auf Anraten des Palästina-Amtes verließen wir sofort Berlin, um in Triest auf die Abfahrt unseres Schiffes […] zu warten. […] wir kamen unbehelligt in Bat Galim an. Dort warteten wir einige Tage, um in den Kibbuz, dem wir uns angeschlossen hatten, aufgenommen zu werden.
26.9.1938 Ankunft des Ehepaars Michaelis aus Triest in Haifa mit dem Hechaluz-Arbeiterzertifikat C LS des Mannes, sie als Ehefrau mit C 2 Zertifikat
11.5.1944 Einbürgerung in Palästina
Eltern und Bruder Werner
3.3.1926 Tod des Vaters in Berlin; Beisetzung auf dem jüdischen Friedhof Weißensee, Berlin
17.5.1939 Bruder Werner im Hachschara-Lehrgut Schocken/Gut Winkel bei Spreenhagen
1940 Ankunft von Bruder Werner in Haifa
3.4.1942 Deportation der Mutter Hedwig von Berlin ins Ghetto Warschau
Gedenken
26.6.1955 Pages of Testimony für die Mutter Hedwig von Bruder Elieser Adam
1.2.1985 Pages of Testimony für die Mutter Hedwig von Mirjam Michaelis
Quellen
Anne Betten, Autobiographische (Re-)Konstruktion am Beispiel schriftlicher und mündlicher Erzählungen von Holocaust-Überlebenden, in: Konzepte des Authentischen, hg. v. H. Kämper / Ch. Voigt-Goy, Göttingen 2018
Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT12-9.jpg
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Israel, Einwanderungslisten
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1036138
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316