Emma Modrze geb. Sommer
*29.6.1877 in Bebra; Überlebende; Tod nach 1955 in Israel
Staatsangehörigkeit deutsch
Vater Leonhard Bernhard Sommer *17.8.1847 in Osterspai; ✡ in Bebra
Heirat der Eltern 2.5.1882 in Bebra
Mutter Jettchen Goldschmidt *21.7.1858 in Bebra; ✡ in Bebra
Geschwister
Beruf Hausfrau
Adressen Bochum Hermannstraße 45, Emscherstraße 22, Rottstraße 7, Goethestraße 9; Berlin N 58, Greifenhagenerstr. 4
Heirat 1908 in Rotenburg Robert Joseph Modrze *27.12.1882 in Breslau; ✡25.6.1942 in Riga
Kinder
Charlotte Modrze *23.9.1914 in Bochum ; oo Nathan Paul Tawrigowski gen Friedlander; Sohn Denny; alle am 12.1.1943 Berlin-> Auschwitz; ✡ 15.1.1943 in Auschwitz
Anneliese Modrze *1917 später Aliza Hecht/Halewi Emigration Palästina; ✡ 9.4.2007 in Yavne, Israel; oo Elijahu Hecht/Halevi
Weiterer Lebensweg
Ehemann Robert 13 Jahre als Kassierer bei Julius Seidemann, Bochum
31.8.1936 Passausstellung für Tochter Anneliese Modrze in Breslau
14.9.1936 Einreise von Schwiegersohn Manfred Neumann in Haifa mit Arbeiterzertifikat C /LS
22.2.1937 Einreise von Tochter Anneliese mit Zertifikat Kategorie D für Angehörige
9./10.11.1938 Ehemann Robert Modrze verhaftet im Novemberpogrom
28.11.1938 Ehemann Robert Entlassung aus dem KL Sachsenhausen
Ehemann Robert arbeitslos; Bote und Inkassant der jüdischen Gemeinde
17.5.1939 mit Ehemann Robert in Bochum Rottstraße 7 bei Minderheiten-Volkszählung
Jan. 1942 Kurz vor der Deportation Umzug in die ehem. Jüd. Schule Wilhelmstraße (Huestraße)
23.1.1942 deportiert aus Bochum nach Dortmund, Viehhof Dortmund
27.1.1942 Transport Dortmund nach Skirotawa; Riga, Ghetto
1.2.1942 Ankunft Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto
Emma Modrze in einer eidesstattlichen Erklärung 1955 (im Weiteren Kursiv):
„Am 23.1.1942 mussten mein Ehemann Robert M. und ich uns auf schriftlichen Befehl der Gestapo morgens am Bochumer Hauptbahnhof melden, von wo wir nach Dortmund in ein Sammellager kamen (Viehhof). Von dort wurden wir nach einigen Tagen weiter transportiert nach Riga Ghetto, wo wir nach etwa sechstägiger Reise ankamen. „
„Das Ghetto Riga war abgeschlossen, mit Stacheldrahtverhau befestigt, stand unter deutschem Befehl und deutscher Bewachung. Kommandant war SS-Offizier Krause. Sein Assistent war Unterscharführer Gimnich. Vorsitzender des Judenrats war ein gewesener jüdischer Bürgermeister aus Köln (Ältester des Judenrats Max Leiser, zuvor in Köln Leiter des jüdischen Wohlfahrtsamtes), dessen Name mir entfallen ist. Mitglied des Judenrates war ein gewisser Samuel (Louis Samuel aus Fulda), ein RA Dr. (Willy) Stern aus Recklinghausen. Das Verlassen des Ghettos war mit Todesstrafe bestraft.„
25.6.1942 Tod Robert Modrze in Riga
„Nach etwa einem halben Jahr Ghetto-Aufenthalt, d.h. am 24. oder 25.6.1942, ist mein Ehemann durch die Nazis umgekommen.„
10.8.1942 Emma Modrze im Gewerbebetrieb im Ghetto Riga zusammen mit den Bochumerinnen Cilly Benjamin, Berta Cletsoway, Hilde Meyer; Leiter Simon, Köln
Ich habe Zwangsarbeit geleistet, Aufräumungsarbeiten, später im Gewerbebetrieb (Schneiderwerkstatt für die deutsche Armee). Jüdischer Leiter der Werkstatt war ein gewisser Simon. (Ferdinand Simon *10.11.1896 in Rosbach; Köln).Der obenbezeichnete Kommandant Krause und Unterscharführer Gimnich machten Kontrollbesuche.
Ich blieb im Riga-Ghetto bis 30.12.42.
Durch verschiedene Aktionen wurde die Bevölkerung reduziert, und am 31.12.42 wurde ich über
führt in das Arbeitslager Riga-Dünawerke (Kaiserwald). Ich habe dort Zwangsarbeit geleistet
Erdarbeiten (Ausschachtungen) und Ausladung von Schiffen. Dort blieb ich bis 30.6.43.„
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Libau nach Danzig
9.8.1944 Ankunft von Emma Modrze in Stutthof
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung, Emma Mordze zusammen mit Rosa Naftalie und Marianne Schwarz aus Bochum in die Außenkasernierung Strasdenhof:
„Ungefähr am 30.6.43 kam ich in eine Spezialabteilung des Arbeitslagers Riga zur AEG Abt.
Kabelreparaturen, und ich war in einem Fabrikgebäude der AEG untergebracht. Dort blieb ich
bis etwa 30.4.44.
Verlegung der AEG Arbeiterinnen nach Thorn, Aufbau einer neuen AEG-Fabrik im Stutthof-Frauen-Außenlager AEG-Thorn-Winkenau, Kabelabteilung mit ungefähr 5000 jüdischen Frauen
„Vom 1.5.44 bis etwa 30.11.44 war ich in Thorn/Festungs-Arbeitslager, habe Zwangsarbeit geleistet– Küchendienst. „
1.10.1944 Ankunft von Rosa Naftalie und Marianne Schwarz in Stutthof
Oktober 1944 Verlegung von Rosa Naftalie und Marianne Schwarz ins Außenlager Thorn
1.12.1945 Marsch zusammen mit Rosa Naftalie und Marianne Schwarz von Thorn nach Bromberg
26.1.1945 Befreiung zusammen mit Rosa Naftalie und Marianne Schwarz durch die Rote Armee
„Von etwa 1.12.44 bis kurz vor der Befreiung war ich in Bromberg, ebenfalls zur Zwangsarbeit bei der AEG, chemische Fabrik, Abtl. Kabelreparatur.
Etwa Ende Januar 1945– vor Herannahen der Russen– wurden wir zu Fuß abmarschiert, unter Eskorte des diensthabenden Oberscharführers. Unterwegs, etwa 80 km entfernt von Thorn,
wurden wir Ende Januar 1945 von der russischen Armee befreit.
Nach der Befreiung war ich von März bis Juni 1945 im russischen Lazarett, dann ging ich zunächst nach Berlin, um meine übrige Familie zu suchen. Ich habe niemanden gefunden, da sie
alle von den Nazis ermordet worden waren.“
Emma Modrze zunächst Berlin, N58,Greifenhagenerstraße 4, bis 1948 im jüdischen Altersheim in Berlin-Niederschönhausen
1948 Emma Modrze zieht zur Tochter Alice nach Israel
6.2.1955 Eidesstattliche Erklärung (Wiedergutmachungsakte in Münster)
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Hessisches Personenstandsregister, 1849-1931 Heiratsurkunden Rotenburg Nr. 15 aus 1908
StA NRW Münster Regierung Arnsberg Wiedergutmachung 617713: Modrze
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de931603
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de931602
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de971315
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1170727
Hubert Schneider, Die Entjudung des Wohnraums: Judenhäuser in Bochum; Münster, 2010
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_420127.html
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017