Alfred Graf
*27.11.1911 in Wattenscheid
Staatsangehörigkeit deutsch
Vater Jakob Graf *11.3.1875 in Olmütz; Kaufmann; nach 1942 keine Daten; auf keiner Transportliste
Heirat der Eltern 16.6.1901
Mutter Adelheid Kraus ✡1919
Stiefmutter
Amalie Goldschmidt *1.9.1876 in Wiedenbrück; Theresienstadt; ✡21.12.1943 in Auschwitz
Beruf Kaufmann, Kleingewerbe für Schneiderbedarfswaren,
Handelsvertretung für Schneiderbedarfsartikel Hattinger Straße 26
Mechaniker
Adressen Wattenscheid; Bochum; Alte Hattinger Straße 26; Ehrenfeldstraße 9; Rottstraße 9
Heirat 6.11.1941 Ilse Hertz *24.3.1919 in Köln, Überlebende
Weiterer Lebensweg
1933 Umbenennung von TuS Hakoah in Schild Bochum, Vorsitzender und Sponsor Zahnarzt Dr. Julius Goldschmidt, Castrop-Rauxel
6.6.1938 Schild Bochum gewinnt das Endspiel um die Schild Reichsmeisterschaft 4:1 gegen den Favoriten Schild Stuttgart, Mitspieler Erich Gottschalk, Alfred Graf, Paul Levy, Isaak; Hans Cohen, Otto Ruthmann, Ernst Alexander
10.11.1938 Novemberpogrom; „Schutzhaft“ im Polizeigefängnis Bochum
13.11.1938 Transport mit Autobussen zur Steinwache Dortmund; mit dem Zug nach Oranienburg ins KL Sachsenhausen, zusammen mit seinem Vater Jakob und Mitspieler Erich Gottschalk
1.1.1939 Schließung der Handelsvertretung
11.2.1939 Entlassung aus dem KL Sachsenhausen
30.4.1939 Zwangsumzug mit den Eltern in das Judenhaus Rottstraße 9
4.3. 1939 Anforderung von Unterlagen in Münster für eine Emigration nach Australien
Zwangsarbeit auf dem Bau
17.5.1939 bei Minderheiten-Volkszählung
6.11.1941 Heirat Ilse Hertz in Bochum
24.1.1942 Alfred und Frau Ilse deportiert aus Bochum nach Dortmund, Gaststätte Zur Börse 27.1.1942 Transport Dortmund nach Skirotawa; Riga, Ghetto
1.2.1942 Ankunft Skirotawa, Fußmarsch ins Ghetto
1942 Stiefmutter Amalie ins Altenheim Bielefeld, Schloßhofstraße 73 a, das Schicksal des Vaters ist unbekannt
Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
8.8.1944 Ankunft Stutthof
16.8. Transport ins KL Buchenwald; neue Häftlingsnummer 82470
16.9.1944 Transport ins Buchenwald-Außenlager Bochumer Verein an der Brüllstraße in Bochum, KDO 16/9 Bm; zusammen mit Rolf Abrahamsohn und Rolf Aron (Nr.82471) aus Recklinghausen sowie Hermann Neudorf, Gelsenkirchen
4.11.1944 schwerster Bombenangriff auf Bochum mit Zerstörung der gesamten Innenstadt und drei Lagerbaracken; 37 Häftlinge sofort und weitere 21 später an den Verletzungen verstorben
5.-7.11.1944 Bombenräumkommando in Bochum mit Rolf Abrahamsohn:
„Deshalb dachte ich, wenn du jetzt hier abhaust, hängen die Leute dich am nächsten Baum auf. Also versuchten wir nicht zu flüchten. Wir haben vor dieser Bevölkerung eine furchtbare Angst gehabt. Auch Alfred Graf, der aus Bochum stammte und früher als Jugendlicher Fußball hier in Bochum gespielt hatte, wagte es nicht zu fliehen.“
19.-21.3.1945 Rücktransport aus Bochum -> Buchenwald
Blockältester von Block 51 im März 1945: Franz Mraz, Tscheche
10.4.1945 Evakuierung des KL Buchenwald in geschlossenen Güterwaggons nach Flossenbürg
Transport zum Militärflugplatz Ganacker, Außenlager des KL Flossenbürg, westlich von Wallersdorf, Landau, Bayern
Ausbau und Wiederherstellung der Landebahnen des Militärflugplatzes nach massiven Luftangriffen am 20.3.1945 auf den Flugplatz, auf dem auch fünf Me-262 stationiert sind
April 1945 Todesmarsch aus dem Lager Gannacker, vermutlich kurz nach Abmarsch erschossen
Begraben im Massengrab; zusammen mit den Gefährten aus dem Lager Bochum Brüllstraße Fritz Capell (Nr. 82471) und Alexander Volks (Nr.83.161)
Bei Exhumierung über die Häftlingsnummer 82470 identifiziert
April 1957 Umbettung in Wallersdorf
Witwe Ilse Graf im Antrag auf „Wiedergutmachung“, eidesstattliche Erklärung vom 28. Mai 1955:
„Wie mir bekannt ist, ist mein Mann kurz nach seiner Einlieferung in Stutthof nach Buchenwald gekommen. Von dort wurde er nach Bochum zur Zwangsarbeit geschickt. Beim Nähern der alliierten Truppen kam mein Mann nach Buchenwald zurück und drei Tage vor der Befreiung ist er von den Nazis ermordet worden.“
Gedenken
Grabmal in Ganacker bei Landau in Bayern
20.10.2008 Stolpersteine für Amalie Jakob und Alfred Graf in Bochum Alte Hattinger Straße 26
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Henry Wahlig, Bochums vergessene Fußballmeister,Die jüdische Sportgruppe Bochum 1925-1938, in: Zeitpunkte 19, 2007
Lorenz Peiffer, Arthur Heinrich, Juden im Sport und in der Weimarer Republik, Wallstein, 2019
Auszug aus dem Hausbuch Schloßhofstraße des Einwohnermeldeamtes Bielefeld (Signatur: StArchBi, Bestand 104,3 Einwohnermeldeamt, Nr. 1547)
Hartmann, Jürgen, Die Bezirksstelle Westfalen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in Bielefeld 1939-1943, in: Rosenland. Zeitschrift für lippische Geschichte, 25/2021, S. 68-151. URL
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de878563
Hubert Schneider, Die Entjudung des Wohnraums: Judenhäuser in Bochum; Münster, 2010
Rolf Abrahamsohn, Was machen wir, wenn der Krieg zu Ende ist? Klartext, 2010
Kogon, Eugen, Der SS-Staat, 1974, Verlag Kindler
Gedenkstätte Buchenwald (Hrsg.) Buchenwald – Mahnung und Verpflichtung, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften 1983
Hubert Schneider, Verschleppung jüdischer Männer, Bochum 2014
https://collections.arolsen-archives.org/archive/5996873/?p=1&s=Graf%201911&doc_id=5996877
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_wfn_420127.html
https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=en&itemId=11509786&ind=1
https://regiowiki.pnp.de/wiki/KZ-Au%C3%9Fenlager_Ganacker
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Gestern war der Gedenktag der Reichspogromnacht. Hier in Pulheim-Stommeln wurde ein Stiller Spaziergang von Bürgern organisiert. Wir waren an Orten, wo die jüdischen Menschen im Dorf mit allen zusammen lebten. Wir dürfen nicht vergessen was passiert ist. Ich frage mich wie wohl viele Menschen auch, wie konnte das geschehen? Seien wir wachsam. Schätzen wir unser Leben in Freiheit und Demokratie.