Kadden Kurt

 Kurt Kadden

*19.9.1915 in Hagen; ✡ 1970

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Moritz Kadden *22.12.1881 in Kirchhain; ✡ nach 1941 in Minsk

Mutter Meta geb. Kadden *15.8.1890 in Hagen; ✡  nach 1941 in Minsk

Zwillingsbrüder

Gerd Kadden *19.11.1921 in Herford

Rainer Kadden *19.11.1921 in Herford

Großeltern Emanuel Kadden (1850-1932; Shochet) und Röschen Löwenstein (1856-1929)

Onkel Siegmund Kadden (1884-1942) und Paula Silberberg (1893-1942)

Tante Paula Speier geb. Kadden; *28.4.1888 in Kirchhain; ✡1944 in Stutthof

Tante Johanna Sondheimer  geb. Kadden *24.5.1885 in Kirchhain; ✡in Zamosc

Tante Minna Portmann geb. Kadden *17.7.1871 in Kirchhain; 12.10.1942 Theresienstadt

Onkel Alfred Kadden * in Wetter; oo Frieda Roos

Cousin Kurt Kadden *24.8.1923 in Elberfeld;

Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Hagen; Herford; Westerkappeln; Essen, Gemarkenstraße 41

Heirat

Kinder-

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Hof Stern in Westerbeck

Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932  bei einer Zwangsversteigerung erworben. In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine landwirtschaftliche Ausbildung für die mittlere (14-17 Jahre) und die reguläre Hachschara(>17 Jahre) anbot.

Januar 1934 Beginn der Hachschara; die ersten Chawerim heißen Henry Cohen (Altkarbe), Edgar Adamski (Leipzig) und Markus Lichter (Chemnitz)

1934-1938 arbeiteten und lernten hier 97 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) 31 Mädchen und 66 Jungen, im Mittel 19 Jahre alt. Manche blieben nur wenige Tage, andere bis zu eineinhalb Jahren zwei allerdings sogar zweieinhalb Jahre

1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet

Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, 18.2.1938 18 Personen abgemeldet aus Westerbeck. Dieser Exodus markiert wohl das Ende der strukturierten Hachschara-Ausbildung.

März -August 1938 nur noch fünf Chaluzim auf dem Hof gemeldet.

Die Leitung des Hofes lag zuletzt (Mai-November 1938) bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.

9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern: Fritz Goldschmidt, Schwiegersohn des Verwalterehepaares Löwenstein,  Julius Weinberg, Hans Bensew, Rudi Frank, werden mit Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Nur Rudi Frank kann später nach Santo Domingo flüchten.

3.12.1938 Zwangsverkauf des Hofes an den Landwirt Heinrich Pöppelwerth aus Haustenbeck/Lippe

Weiterer Lebensweg

1923 Umzug der Familie Moritz Kadden von Herford nach Essen

Vater Moritz zunächst Handelsvertreter tätig, später Polier

Kurt Kadden zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern,Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln

26.7.1937 Passausstellung in Berlin

20.9.1937 Ankunft in Haifa mit Hechaluz Arbeiter-Zertifikt C /L.S.

10.11.1938 im Novemberpogrom Inhaftierung des Vaters und der Zwillingsbrüder in Essen; 17.11.1938 „Schutzhaft“ der Zwillingsbrüder im KL Dachau

1939 die Zwillingsbrüder mit Kindertransport nach England

5.-15.11.1939 Onkel Alfred Kadden mit Familie auf der SS NOORDAM von Rotterdam nach New York

10.11.1941 Deportation der Eltern aus Essen ab Düsseldorf nach Minsk

9.12.1941 Tante Paula Speier ab Kassel nach Riga

1940-1942 Internierung der Zwillingsbrüder of der Isle of Man

28.4.1942 Familie Siegmund und Paula Kadden von Hagen nach Zamosc

28.4.1942 Tante Johanna Sondheimer Kadden von Wattenscheid nach Zamosc

29.7.1942 Tante Minna Portmann von Hattingen ab Dortmund (X/1) nach Theresienstadt

Eintritt in die Royal Army Palestinian/ Coy, The Buffs; die Einheit ging 1944 in die Jewish Brigade über

1942 Kurt Kadden im Kfar Maccabi

9.12.1942 Einbürgerung von Kurt Kadden in Palästina

26.5.1943 Cousin Kurt Eintritt in die US Army

Gedenken

Stolpersteine in Essen für Kurt Kadden, die Eltern und die Zwillingsbrüder

Oktober 2008 Pages of Testimony für die Eltern von Cousine Eva Lore Grabobwski, Johannesburg

Quellen

Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946

Personenkarte von Hof Stern in Westercappeln, Westerbeck Nr. 74

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de890208

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de890207

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de972678

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de945561

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11198908

https://www.statistik-des-holocaust.de/X1-21.jpg

https://www.holocaust.cz/de/datenbank-der-digitalisierten-dokumenten/dokument/86465-portmann-mina-todesfallanzeige-ghetto-theresienstadt/

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

Gisbert Strotdrees, Kibbuz Westerbeck (Hof Stern), in: Hachschara als Erinnerungsort, 12.12.2022

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/4

https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/ein-kibbuz-in-westfalen/

https://www.wochenblatt.com/landleben/nachrichten/fluchtpunkt-landwirtschaft-ein-bauernhof-als-rettende-insel-12528911.html

https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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