Biberfeld Max

Max Biberfeld

*13.1.1911 in Lissa; ✡ 13.10.2003 in Rishpon

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Alfred Biberfeld *12.1.1876 in Lissa; ✡ nach Ankunft 1941 in Riga erschossen

Mutter Gertrud Biberfeld *8.7.1886 in Sulmirschütz; ✡ 1944 in Stutthof

Geschwister –

Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant; Orangenfarmer

Adressen Lissa; Jever; Wilhelmshaven ; Westerkappeln;  Rishon

Heirat 12.7.1938 Heirat in Ramatayin Katarina Orah Löwenstein

Kinder vier

Leah Biberfeld *31.1.1940 in Tel Aviv

Elisha Biberfeld *1948 ; ✡ in Rishpon

Gila Biberfeld; oo Kosary

Danielle Biberfeld

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Hof Stern in Westerbeck

Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932  bei einer Zwangsversteigerung erworben. In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine landwirtschaftliche Ausbildung für die mittlere (14-17 Jahre) und die reguläre Hachschara(>17 Jahre) anbot.

Januar 1934 Beginn der Hachschara; die ersten Chawerim heißen Henry Cohen (Barmen), Edgar Ambursky (Leipzig) und Markus Lichter (Chemnitz)

1934-1938 arbeiteten und lernten hier 97 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) 31 Mädchen und 66 Jungen, im Mittel 19 Jahre alt. Manche blieben nur wenige Tage, andere bis zu eineinhalb Jahren zwei allerdings sogar zweieinhalb Jahre

1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet

Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, 18.2.1938 18 Personen abgemeldet aus Westerbeck. Dieser Exodus markiert wohl das Ende der strukturierten Hachschara-Ausbildung.

März -August 1938 nur noch fünf Chaluzim auf dem Hof gemeldet.

Die Leitung des Hofes lag zuletzt (Mai-November 1938) bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.

9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern: Fritz Goldschmidt, Schwiegersohn des Verwalterehepaares Löwenstein,  Julius Weinberg, Hans Bensew, Rudi Frank, werden mit Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Nur Rudi Frank kann später nach Santo Domingo flüchten.

3.12.1938 Zwangsverkauf des Hofes an den Landwirt Heinrich Pöppelwerth aus Haustenbeck/Lippe

Weiterer Lebensweg

1928 Die Eltern eröffnen in Jever Oktober 1928 in Jever in der Neuen Straße 14 eine Filiale des Vareler Kaufhauses Weiss

1928/29 auf dem Mariengymnasium in Jever massiv diskriminiert. Max Biberfeld wechselt daraufhin die Schule, in einem Brief an das Mariengymnasium schreibt 1978:

„Was ich am Mariengymnasium 1928/29 als Jude auszustehen hatte, hat mir einen Schock fürs Leben

versetzt, andererseits mir das Leben gerettet, weil ich nach 1933 bald auswanderte, da ich wusste, was ich zu erwarten hatte.“

Besonders negativ in Erinnerung blieb ihm der Lehrer und NSDAP-Ortsgruppenleiter und spätere Schuldirektor Gottschalck. Dagegen war für ihn der Kunstlehrer Franz Freese ein „Lichtschein in dem dunklen Loch“.

1930 Abitur in Wilhelmshaven

1933 bis 1935 Landarbeiter bei Bauer Heini Pieper in Altjührden (Varel), bis ihn der NS-Kreisbauernführer entdeckt und vertreibt

21.10.1935 Ankunft von Katharina Löwenstein in Tel Aviv mit Kapitalistenzertifikat A (one)

2.12.1935 Passausstellung in Friesland

Max Biberfeld zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern,Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln

abgemeldet aus Westerkappeln;

20.2.1936 Ankunft von Max B. in Haifa mit Arbeiter-Zertifikat C/ L.S.

12.7.1938 Heirat in Ramatayin, Israel mit Katharina Löwenstein; die Mutter kommt zur Hochzeit nach Israel, will aber zurück zu ihrem Mann

Umzug der Eltern von Jever nach Hannover, Sedanstraße 42

17.5.1939 beide Eltern in Hannover Sedanstraße 42 bei Minderheiten-Volkszählung

18. 8.1940 Einbürgerung von Max und Katharina Biberfeld in Palästina

3./4.9.1941 „Aktion Lauterbacher“ Zwangsumzug der Eltern, Eltern eingewiesen in das „Judenhaus“ Ohestraße 9

15.12.1942 beide Eltern vom Bahnhof Hannover-Fischerhof nach Riga

Der Vater soll nach Ankunft im Wald von Bikernieki erschossen worden sein ( Dünamünde-Aktion?)

Gedenken

20.5.2021 Pages of Testimony für die Eltern von Cousine Ruth Lynn-Nadelmann

Auf die Verlegung von Stolpersteinen hat man in Jever bewusst verzichtet.

Quellen

Jüdische Einwohner von Westerkappeln seit 1933 mit Belegungsliste Westerbeck, erstellt von der Gemeinde Westerkappeln am 14.11.1946

Personenkarte von Hof Stern in Westercappeln, Westerbeck Nr. 74

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de842498

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de842490

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

Gisbert Strotdrees, Kibbuz Westerbeck (Hof Stern), in: Hachschara als Erinnerungsort, 12.12.2022

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/4

https://www.juedische-allgemeine.de/kultur/ein-kibbuz-in-westfalen/

https://www.wochenblatt.com/landleben/nachrichten/fluchtpunkt-landwirtschaft-ein-bauernhof-als-rettende-insel-12528911.html

https://archive.org/stream/MitteilJdischerPfadfinder/Nr.%2010%20%281936%29_djvu.txt

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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