Fürst Edgar

Edgar Fürst

*7.11.1925 in Hamburg; ✡ 1942 in Auschwitz

Staatsangehörigkeit deutsch

Vater Otto Fürst

Mutter Margareta Scharlach *2.6.1899 in Löcknitz

Geschwister

Anselm Fürst *15.3.1924 in Hamburg

Beruf landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Hamburg; Frankfurt a. Main; Löcknitz; Steckelsdorf

Heirat ledig

Kinder

Weiterer Lebensweg

1933 Umzug der Familie von Hamburg nach Löcknitz

17.5.1939 Edgar Fürst in Frankfurt bei Minderheiten-Volkszählung  (Jeshiva?)

Edgar Fürst zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘;  Trägerab 1939 die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD

Das Landwerk Steckelsdorf

28.10.1938 4 Chaluzim mit polnischem Pass verhaftet in Steckelsdorf, ausgewiesen in der ersten Polenaktion und nach Zbaszyn deportiert

10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger wie Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal, Betriebsleiter Hofbauer (?) und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.

21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald

1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD

1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen

21.5.1941 Schließung der Büros des Hechaluz, Palästinaamt und Bachad in der Meinekestraße 10, Wechsel in die Kantstraße 158

11.5.1942 Es entsteht bei der Rodung eines Obstgartens ein vom Chaluz Oskar Silberbach unabsichtlich verursachter Wiesen/Waldbrand im Park des Landwerk Steckelsdorf.

11.5.1942 Leo Kutzwor als Betriebsführer und Kurt Silberpfennig als Stellvertreter sowie die ebenfalls mit der Rodung beauftragten Chaluzim Siegbert Levi und Edgar Fürst werden zur Vernehmung wegen des Brandes von der Gendarmerie vorgeladen.

Edgar Fürst gibt zu Protokoll:

Oskar Silberbach für zwei Monate in Haft und wird anschließend von der Gestapo auf den Transport ins Ghetto Warschau gestellt

Die Schließung des Landwerks

21.5.1942 schriftliche Ankündigung der Schließung für den 24.5.1942

24.5.1942 offizielle Schließung, nur die Stammbelegschaft des Landwerks verbleibt und 15 Zwangsarbeiter der optischen Industrie in Rathenow

11.7.1942 Edgar Fürst deportiert aus Steckelsdorf unter Leitung des Steckelsdorf-Madrich Kurt Silberpfennig auf Transport Magdeburg – Dessau-Berlin nach Auschwitz; 52 Chawerim kamen aus dem ehemaligen jüdischen Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow II

13.7.1942 Ankunft und Selektion der Chaluzim aus Steckelsdorf in Auschwitz

Anneliese Borinski schreibt:

„Noch aus der Bahn bekommen wir eine Karte, abgestempelt hinter Breslau. Sie schreiben, dass sie in Richtung Auschwitz fahren. Dann haben wir nie wieder etwas von ihnen gehört. Auch in den Karteien von Auschwitz (Borinski arbeitete in Auschwitz in der SS-Kommandantur, FJW) konnte ich keinen von den mir namentlich bekannten finden, noch haben unsere Chawerim während der Lagerzeit oder auch nach der Befreiung etwas von irgendjemanden von ihnen gehört. Nur ein erschütterndes Zeichen fand ich. Als wir in der SS-Wäscherei in Auschwitz (Kommandantur) arbeiteten, brachte mir eines Tages eine Chawerah aus der SS-Wäsche eine Unterhose, die mit vollem Namen´: Kurt Silberpfennig, gezeichnet war.“

Keine weiteren Daten bekannt

Die Deportation der Juden aus Stettin und Schneidemühl am 13.2.und 21.2.1940

13.2.1940 Deportation der Muttter und Bruder Anselm ab Stettin nach Piaski

13.2.1940 Deportation von 1107 Stettiner Juden nach Lublin. Die dänische Zeitung „Politiken“ berichtet am 17.2.1940:

„In den Nachtstunden des 12. zum 13. Februar wurden in Stettin sämtliche Juden abtransportiert… Zwischen 3 und 4 Uhr am Morgen des 13. Februar wurden die Juden mit Frauen und Kindern ohne Rücksicht auf ihr Alter und ihren Gesundheitszustand durch je zwei Posten der SS und der SA aus ihren Wohnungen geholt und zum Güterbahnhof Stettin gebracht, von wo aus der Abtransport nach Ostpolen in den frühen Morgenstunden des Dienstag erfolgte. Auch die Insassen der beiden jüdischen Altersheime in Stettin, ca. 82 Personen, darunter Frauen und Männer über 90 Jahre, wurden deportiert. Soweit sie nicht mehr zu gehen imstande waren, wurden sie auf Tragbahren zum Güterbahnhof gebracht… Bereits auf der Durchfahrt durch Schneidemühl – etwa 24 Stunden nach dem Abtransport – mussten die ersten Leichen aus dem Deportationszug entfernt werden. Es handelte sich zunächst um eine Frauenleiche, der später die Leichen von zwei Kindern folgten. Einige andere Personen lagen im Sterben, wie Zurufe aus den Wagenfenstern des Zuges an den Stationsvorsteher des Bahnhofs besagten.“

Gedenken

20.2.1994 Pages of Testimony für Edgar und Familie von Tante Blanka Scharlach

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de872156

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de872148

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de872239

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12113121

Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf

Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.

<https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024] Ezra BenGershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989

Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328

Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988

Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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