Berthold Loew
*18.10.1925 in Hamburg; ✡ 1942/43 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit polnisch; staatenlos
Religion jüdisch
Vater Abraham Isaac Loew *8.5.1889 in Lysiec, Stanislau; ✡ 13.6.1947 in Shanghai
Mutter Jenny Mindus *11.6.1888 in Jemgum, Leer
Geschwister
John Loew *1.5.1924 in Hamburg; Riga Jungfernhof
Beruf landwirtschaftlicher Praktikant
Adressen Hamburg, Schlachterstraße 40; Steckelsdorf
Heirat ledig
Kinder –
Weiterer Lebensweg
Vater Isaak war Kaufmann, Mutter Jenny Köchin
17.5.1939 mit den Eltern und Bruder John in Hamburg Holstentor bei Minderheiten-Volkszählung
Die Eltern fliehen nach der Haftentlassung des Vaters aus dem KL Neuengamme über Genua nach Shanghai, wo der Vater am 13.6.1947 mit Angina pectoris verstirbt
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
Berthold Loew zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger war zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger Alle männlichen Funktionsträger wie Betriebsleiter Werner Hoffbauer, Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.
21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald
1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD
1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen
21.5.1941 Schließung der Büros des Hechaluz, Palästinaamt und Bachad in der Meinekestraße 10, Wechsel in die Kantstraße 158
Die Schließung des Landwerks
21.5.1942 schriftliche Ankündigung der Schließung für den 24.5.1942
24.5.1942 offizielle Schließung, nur die Stammbelegschaft des Landwerks verbleibt und 15 Zwangsarbeiter der optischen Industrie in Rathenow
11.7.1942 Berthold Loew deportiert aus Steckelsdorf auf Transport Magdeburg – Dessau-Berlin nach Auschwitz; unter Leitung des Steckelsdorf-Madrich Kurt Silberpfennig, der sich mit Frau und dem siebenjährigen Sohn Siegfried freiwillig dem Transport anschließt. 52 Chawerim kamen aus dem Landwerk Steckelsdorf
11./13. Juli 1942, ab Magdeburg – Leipzig/Chemnitz nach Auschwitz
13.7.1942 Ankunft und Selektion der Chaluzim aus Steckelsdorf in Auschwitz
Anneliese Borinski schreibt:
„Noch aus der Bahn bekommen wir eine Karte, abgestempelt hinter Breslau. Sie schreiben, dass sie in Richtung Auschwitz fahren. Dann haben wir nie wieder etwas von ihnen gehört. Auch in den Karteien von Auschwitz (Borinski arbeitete in Auschwitz in der SS-Kommandantur, FJW) konnte ich keinen von den mir namentlich bekannten finden, noch haben unsere Chawerim während der Lagerzeit oder auch nach der Befreiung etwas von irgendjemanden von ihnen gehört. Nur ein erschütterndes Zeichen fand ich. Als wir in der SS-Wäscherei in Auschwitz (Kommandantur) arbeiteten, brachte mir eines Tages eine Chawerah aus der SS-Wäsche eine Unterhose, die mit vollem Namen: Kurt Silberpfennig, gezeichnet war.“
Tod von Berthold Loew in Auschwitz, keine weiteren Daten bekannt, Todesdatum unbekannt
Deportation von John Löw nach Riga Jungfernhof
6.12.1941 Bruder John (Gärtner!) von Hamburg nach Riga- Jungfernhof
Tod in Riga oder Salaspils
Mutter Jenny von Shanghai nach New York
13.6.1947 Tod des Vaters in Shanghai mit „Angina pectoris“, wohl eher Myokardinfarkt
31.10.1947 Mutter Jenny auf dem US-Truppentransporter SS GENERAL W H GORDON von Shanghai nach San Francisco; von dort weiter nach New York
19.1.1950 in New York zweite Ehe der Mutter mit Moses Perlmann. Die Ehe wird geschieden.
Jenny Perlmann schreibt später über ihre Armut: „So gehe ich von einer Familie zur anderen um mein Leben zu fristen. Diese Aussage besagt wohl alles.“ Krebskrank starb sie am
21.7.1957 Tod der Mutter Jenny an einer Krebserkrankung in New York
Gedenken
–
Quellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/128450689
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/78827421
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de918677
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de920823
https://www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?MAIN_ID=7&BIO_ID=4215
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Einreiselisten Israel
Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
<https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra BenGershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020