
Moritz Rülf
*16.11.1888 in Kirchhain/ Marburg; ✡24.7.1942 Maly Trostinec
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Judah Rülf *15.7.1848 in Rauischholzhausen; ✡9.1.1895 in Kirchhain
Heirat der Eltern 23.12.1881 in Sterbfritz
Mutter Caroline Schuster
Geschwister
Johanna Rülf *23.12.1881 in Sterbfritz; 1944 in Kaunas
Marianne Jenny Rülf *10.9.1884 in Kirchhain/ Marburg; ✡15.2.1972 in New York; oo Karl Baum
Isaak Rülf *22.8.1886 in Kirchhain; ✡1941 in Mount Vernon
Gutmann Rülf *22.11.1892 in Kirchhain/ Marburg; ✡4.4.1921 in Tarnow
Verwandte in Herne
Auguste Metzger geb. Rülf *22.3.1873 in Holzhausen; ✡9.7.1943 Sobibor; oo Sally Metzger (1873-1943)
Beruf –
Adressen Kirchhain; Kassel; Burgpreppach; Ahlem;
Detmold 10.10.1931 Elisabethstr. 24; 3.10.1933 Sachsenstr. 25 bei Buchholz
Köln 31.12.1937 nach Köln-Lindenthal, Lützowstr. 35-37, St. Apern Str. 29-31 (sog. Judenhaus), Caecilienstr. 18-22 (sog. Judenhaus)

Heirat Erika Lyon *14.12.1898 in Hamburg; ✡24.7. 1942 Maly Trostinec
Kinder
Herbert Jehuda Rülf *17.4.1916 in Detmold; oo 1947 Susanne Kriel * ca 1923

Karla Rülf /Timna*8.10.1918 in Detmold; ✡ ; oo Günter Gershon Timendorfer (*1.10.1919 in Pless; ✡ 28.1.2019 im Kibbuz Mayan Zwi
Hilde Rülf *31.12.1919 in Detmold; ✡ 15.1.1920 in Detmold

Erich Rülf *12.6.1921 in Detmold; ✡ 1966 in Haifa
Weiterer Lebensweg
9.1.1895 früher Tod des Vaters in Kirchhain; Moritz Rülf kommt in das Waisenheim in Kassel
Nach dem Studium an der Präparandenanstalt in Burgpreppach und an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Kassel, Lehrer an der Israelitischen Erziehungsanstalt und Gartenbauschule in Ahlem (Hannover), dort lernt er auch Erika Lyon kennen.
1914-1937 Lehrer, Kantor, Prediger der SG Detmold
Lehrer am Leopoldinum in Detmold, eine anstehende Verbeamtung ist Gegenstand von Gerichtsverfahren und Debatten im lippischen Landtag.
April 1933 Entlassung aus dem Schuldienst („Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“)
4.5. 1933 willkürliche Verhaftung; „Schutzhaft“ im Detmolder Gefängnis

10.6.1933 die Nazi-Funktionäre Adolf Wedderwille und Josef Stroop nötigen ihn, per Unterschrift sein Ausscheiden aus dem Staatsdienst zu erklären und auf alle Ansprüche gegen das Land Lippe zu verzichten.
Bis Dezember 1937 als „Wanderlehrer“ und Seelsorger in der Region Detmold tätig
31.12.1937 Abmeldung aus Detmold nach Köln
Das israelische Kinderheim Köln

1.1.1938 Vater Moritz Rülf wird Direktor des israelischen Kinderheims Köln in der Lützowstraße 35-37
10.11.1938 Verhaftung von Moritz Rülf im Novemberterror in Frankfurt

11.11.1938 interniert als „Aktionsjude“ in Buchenwald, Häftlingsnummer 21405
4.12.1938 Entlassung von Moritz Rülf aus dem KL Buchenwald

30.1.1942 Rote Kreuz Telegramm an Sohn Herbert
„Wir kehren wieder“ –Massenerschießung in Maly Trostinec
19.7.1942 Verbringung der 118 Heimkinder unter zehn, davon 11 unter einem Jahr alt, sowie von Moritz Rülf und der Mitarbeiter aus dem israelischen Kinderheim in die Westhalle der Messehalle in Köln-Deutz,
„Wir kehren wieder“, sangen die Kinder aus dem jüdischen Kinderheim bei der Abreise
20. 7.1942 Moritz und Erika Rülf per Zug Da 219 von Köln nach Minsk deportiert, 1.164 Menschen, darunter 118 Kinder aus dem jüdischen Waisenheim St. Apernstraße 29/3;
24. 7. 1942 Ankunft am Güterbahnhof Minsk, von dort mit Lastwagen in das Waldstück Blagowschtschina in der Nähe des Dorfes Maly Trostenez unweit von Minsk verbracht, vor bereits vorbereiteten Gruben von Kommandos der Sipo und des SD erschossen und in Massengräbern verscharrt
Reinhard Tenhumberg schreibt dazu:
„Mit dem Transport unter der Reichsbahn-Zugnummer VI wurden vor allem Juden aus der Umgebung von Köln – insbesondere aus Bonn, Siegburg und Troisdorf – nach dem Osten (Minsk) befördert, darunter 118 Kinder im Alter unter zehn Jahren.
Für den Transport am 20. Juli 1942 n a c h dem Osten waren außer den bereits dafür ausgewählten Opfern auch alle noch im Regierungsbezirk Köln wohnhaften Juden zu erfassen, die unter 65 Jahren waren. Ausgenommen waren Inhaber des Verwundetenabzeichens, des E.K.I oder anderer hoher Tapferkeitsauszeichnungen, Schwerkriegsbeschädigte sowie in deutsch-jüdischen Mischehen
lebende Juden.
36. Selbige waren offenkundig mit ihren Familien (ausgenommen die Mischehen) für den nächsten Transport nach Theresienstadt vorgesehen. Vermutlich den Abtransport der für diese Deportation vorgesehenen Juden aus dem Lager Much beobachtete der Gastwirt Herr Robert Heider: Eines Sonntagsmorgens, als ich zur Frühmesse ging, standen drei Lastwagen am Lager, auf die die Juden verladen wurden. Wer die Verladung überwachte, konnte ich nicht feststellen. Man durfte sich nicht aufhalten.
Morgens bestiegen sie Abteilwagen der Reichsbahn, „Holzklasse“ mit beidseitig 5 Einsteigetüren, begleitet und bewacht von einem Polizeioffizier mit 15 Mann. Um 15 Uhr verließ der Zug Köln. Das Ziel hieß „Osten -Arbeitseinsatz“. Die Stimmung war geteilt. Gegenüber den, nichts Gutes ahnenden Älteren ab 50, glaubten die Jungen, bald wieder arbeiten zu können. Endlich raus aus dem Bomben-Köln“. „Wir kehren wieder“, sangen die Kleinen aus dem jüdischen Kinderheim. Die Reise aber wurde immer beschwerlicher, insbesondere für die 11, noch nicht einjährigen Kinder und die 21 Alten über 70. Neben der fehlenden Nahrung, dann noch der Umstieg in Güterwagen und das 19-stündige Warten auf dem Abstellgleis vor Minsk in der Sommerhitze. Endlich, frühmorgens 6.15 h die Ankunft und das Verlassen des Zuges in Maly Trostinez. Danach, alles ohne barsche Befehle und Geschrei, folgte eine fast freundliche Begrüßung durch einen SS-Offizier. Er fragte nach Spezialisten und teilte etwa 20 zur Arbeit ab. Die Übrigen sollten das Gepäck abgestellt lassen, um zunächst mit den bereitstehenden Fahrzeugen zu den, hinter dem Wald liegenden Unterkunft- und Arbeitsbaracken gefahren zu werden.
Doch deren Fahrt ging in das Wäldchen, an eine, zuvor von russischen Kriegsgefangenen und Minsker Juden ausgehobene 40x5x4 Meter große Grube. Dort lauerte der Tod in Gestalt bewaffneter SS-Leute und Polizisten. Sie erschossen alle, die auf normalen Lastwagen eintrafen direkt am Grubenrand, während die anderen in den als Wohnwagen getarnten LKw’s qualvoll in eingeleiteten Motorabgasen sterben mussten. Für keinen der unschuldigen Menschen – ihre Namen findet man auf den erhalten gebliebenen Transportlisten der von Deutz ostwärts rollenden Züge – gab es nach Ankunft überhaupt ein Entrinnen.“
24.7.1942 Tod von Moritz und Erika Rülf in Maly Trostenez
Alle drei Kinder nach Palästina
24.9.1936 Passausstellung für Erich in Beuthen, Oberschlesien; vermutlich war er hier bis zu dessen Auflösung im Juli 1937 im „Beth Makkabi“, ein Wohnheim des Makkabi Hazair für die Mittlere Hachschara (14-17-jährige); Kibbuzleiter war Horst Brumlik; in Betracht kommt auch das Wohnheim der Werkleute in Beuthen, Ring 24
Sohn Herbert im Landwerk Halbe
1934-November 1938 Hachscharalager des Makkabi als Träger, ca 30 Plätze
Ca 1935 Herbert Rülf zur Hachschara ins Landwerk Halbe Trägerschaft wie Ahrensdorf und Freienstein
März 1936 Herbert als Madrich im Vorbereitungskurs der Jugendalijah in Schniebinchen
Herbert Rülf (Spitzname „Rülps“) 1. von re. auf der SS TEL AVIV, 4.v.r. auf den Schultern Ernst Loewy; vorn 3.v.l.: Edith Stern (Quelle: Original im Deutschen Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek)
27.3.- 2.4.1936 Herbert auf der SS TEL AVIV als Führer einer Jugendalija-Gruppe von Triest nach Haifa
29.9.1939 Tochter Karla Rülf in bei britischem Census auf der Refugee Training Farm, Great Engham Manor, Tenterden, Kent unter der Leitung von Herbert Schlesinger mit zahlreichen weiteren Trainees
Gedenken
Nach Rülf ist die Moritz-Rülf-Straße auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes im Norden Detmolds benannt
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.mappingthelives.org
http://www.tenhumbergreinhard.de/transportliste-der-deportierten/bericht-transport/transport-20071942-koeln.html
https://www.myheritage.de/research
http://freienstein-pommern.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Hachschara
Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://collections.yadvashem.org/en/photos/collection/13069463
Peter Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1197313
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de956434
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/5278195
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/5278102
https://jugend1918-1945.de/loewy/default.aspx?id=39764&brief=39764#prettyPhoto