Seelig Alfred

Alfred Seelig

*26.3.1926 in Costedt Minden; ✡ 2.5.1945 in Neustadt

Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos

Vater Bernhard Seelig *26.3.1888 in Erder, Lemgo; ✡vor 1944 in Riga

Mutter Else Seelig *2.7.1896 in Bückeburg; ✡vor 1944 in Riga

Onkel Siegfried Seelig *26.11.1886 in Erder; 1943 in Auschwitz

Martha Seelig *4.5.1902 in Costedt; 3.9.1942 ins Ghetto Warschau

Großeltern Julius Seelig (1855-1911) und Johanna Silberberg (*20.8.1862-17.12.1935)

Urgroßeltern Salomon Seelig und Johanna Rosenthal

Geschwister

Julius Seelig *12.3.1923 in Costedt; 1945 auf dem Todesmarsch

Johanna Seelig *15.2.1931 in Costedt; ✡vor 1944 in Riga

Beruf Schüler

Adressen Costedt Nr. 33, heute Minden, Vennebecker Straße

Heirat ledig

Kinder –

Weiterer Lebensweg

17.12.1935 Tod der Großmutter Johanna in Costedt Nr. 33; Anzeigender des Sterbefalles ist Vater Bernhard, Viehhändler

10.11.1938 Onkel Siegfried Seelig verhaftet im Novemberterror

10.-11.1938 Inhaftiert im Polizeigefängnis Minden

12.11.1938 als Aktionsjude“ in „Schutzhaft“ in Buchenwald; Häftlingsnummer 28647

12.12.1938 Onkel Siegfried Seelig entlassen aus Buchenwald

1939 wohnt die Familie in Costedt Haus Nr. 33

Der jüdische Lehrer Sally Katzenstein

Da Sally Katzenstein 1938 den Unterricht an der jüdischen Schule Minden übernahm, ist anzunehmen, dass auch die drei Geschwister Alfred Julius und Roas von ihm unterrichtet wurden

Polenaktion in Minden

1938 Paula Ingberg, berichtet über den Lehrer Sally Katzenstein, „er habe sie nach ihrer Arretierung im Oktober 1938 im Mindener Polizeigefängnis besucht und sich für ihre Freilassung eingesetzt hat. Sie kam unter der Auflage wieder frei, Deutschland innerhalb von fünf Tagen zu verlassen. Der Prediger habe ihr auch Geld zur Beschaffung eines Visums zugesteckt.“ (Polenaktion)

10.11.1938 Sally Katzenstein verhaftet im Novemberpogrom,

10.-11.1938 Inhaftiert im Polizeigefängnis Minden

12.11.1938 „Schutzhaft“ im KL Buchenwald; Häftlingsnummer 28791

23.12.1938 entlassen aus dem KL Buchenwald

15.11.1938 Schulverbot für jüdische Kinder an öffentlichen Schulen, Einrichtung einer jüdischen Schule in Minden; Sally Katzenstein Lehrer an der jüdischen Schule, der Unterricht erfolgt in Privaträumen, da der dafür vorgesehene Betraum der Gemeinde zerstört wurde.  

1939 Sally Katzenstein, Vertrauensmann, Leiter des Zweigstellenbüros der RVJD in Minden

30.6.1942 Verbots jüdischer Schulen; Lehrer Sally Katzenstein unterrichte aber jüdische Kinder bis zu seiner Deportation am 12.5.1943 Sally und Gietha Katzenstein auf dem Transport XI/2 aus Minden über Bielefeld nach Theresienstadt, mit dem auch zahlreiche Vertrauensleute des RVJD deportiert worden.

Sally Katzenstein an seinem Freund Hans Grabowski, dem in Mischehe lebenden Vertrauensmann in Herford, zum Abschied vor der Deportation nach Theresienstadt:

„Meine lieben Grabowskis! Ich komme heute mit einer Überraschung für Sie, indem ich Ihnen berichte, dass wir uns an dem Theresienstadt-Transport, der am 12.5. fährt, beteiligen. Ich möchte mich deshalb, auch namens meiner Frau, von Ihnen auf diesem Wege verabschieden und Ihnen, sowie allen Bekannten, ein herzliches ‚Leben Sie wohl‘ entbieten. Gleichzeitig danke ich Ihnen für die freundliche Aufnahme, die ich stets bei Ihnen gefunden habe und Ihnen, lb. Herr Grabowski, herzlichen Dank für alle Ihre Bemühungen. Ich habe wenig Zeit, deshalb nur noch freundliche Grüße für Sie und alle dortigen Bekannten von Haus zu Haus. Ihr Sally Katzenstein.“

Das Ehepaar Katzenstein wird nach Auschwitz deportiert und im Oktober 1944 ermordet.

Deportation nach Riga

November 1941 Deportationsbefehl der Gestapo

Verbringung aus den Regierungsbezirken Münster, Osnabrück und Bielefeld

11.-13.12.1941 Sammelstelle Saal der Gaststätte „Kyffhäuser“ am Kesselbrink in Bielefeld

Auszug aus dem Buch der Erinnerung

13.12.1941 um 15 Uhr Abfahrt Bielefeld nach Riga

15.12.1941 gegen 23 Uhr Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa bei Riga

13.12.1941 Transport mit Bussen zum Güterbahnhof Bielefeld; im Zug nach Riga

16.12.1941 Fußmarsch ins Ghetto Riga

Juli-2. November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer

3.11.1943 Große Selektion bei Auflösung des Ghetto Riga

Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga

Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof

6.8.-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig

28.9.-1.10.1944 3155 Häftlinge aus Riga Kaiserwald, 300 von der Lenta auf dem Frachtschiff „Kanonier“ von Riga->Danzig

Die Tragödie in der Lübecker Bucht, der Judenmord von Neustadt

21.-26.4.1945 10 000 Häftlinge aus dem KL Neuengamme von SS-Wachen nach Lübeck gebracht, dort auf das manövrierunfähige Kreuzfahrtschiff „Cap Arcona“ und die Frachter „Thielbeck“, „Athen“ und „Elmenhorst“ im Vorwerker Hafen.

April 1945 Alfred Seelig mit Häftlingen aus den Stutthof-Außenlagern um Danzig werden mit Lastkähnen und Schuten in die Lübecker Bucht gebracht. Der Kapitän der ARCONA verweigert die Übernahme auf das schon überfüllte Schiff;

2.5.1945 die Lastkähne mit den Stutthof-Gefangenen treiben herrenlos ohne Antrieb an den Strand von Pelzerhaken bei Neustadt. Die Häftlinge versuchten vom Strand aus, sich Nahrungsmittel zu besorgen

3.5.1945 am frühen Morgen treiben SS-Männer und Marinesoldaten in einer sogenannten „Sammelaktion“ die Menschen zusammen und erschossen mindestens 208 Häftlinge aus dem KL Stutthof; die Überlebenden des Massakers sollen auf die „ATHEN“ gebracht werden, die am Marinehafenkai lag, dazu kommt es aber nicht mehr.

Tod von Alfred Seelig in Neustadt/Holstein

3.5.1945 Britischer Fliegerangriff in der Lübecker Bucht bei Neustadt auf die „Cap Arcona“ und die „Thielbeck“, die nach Treffern Feuer fangen und sinken; über 7000 Häftlinge ertrinken. Tragisch: eine entsprechende Meldung des IRC war nicht weitergeleitet worden und erreichte die Piloten nicht.

3.5.1945 Befreiung durch die britische Royal Army; die geschwächten Überlebenden werden in das Landeskrankenhaus Oldenburg gebracht.

Onkel Siegfried über Theresienstadt nach Auschwitz

31.7.1942 Onkel Siegfried Seelig auf dem Transport Bielefeld nach Theresienstadt

21.1.1943 auf dem Transport C t von Theresienstadt nach Bielefeld

Gedenken

Im Jahr 2021 sollte eine Sandsteinplatte zur Erinnerung an die Familie Seelig  in heutigen Stadtteil Costedt aufgehängt werden.

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/en1006818

http://www.hiergeblieben.de/pages/textanzeige.php?limit=50&order=datum&richtung=ASC&z=1103&id=59187

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.denk-mal-gegen-krieg.de/assets/Uploads/Netzwerk-Erinnerungskultur-Informationen6-2025-final2.pdf

Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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