Erlanger Arnold

Arnold Erlanger

*22.7.1916 in Ichenhausen; ✡ 11.2.2007 in Melbourne

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Levi Erlanger *6.2.1882 in Ichenhausen; ✡ März 1943 in Auschwitz

Heirat der Eltern 19.3.1912 in Heilbronn

Mutter Hedwig Gutmann *6.6.1887 in Olnhausen; ✡8.5.1942 in Ichenhausen

Geschwister

Gustav Erlanger *18.12.1912 in Ichenhausen; ✡25.8.1976 Chicago; oo Greta Fischer

Rosa Erlanger *18.12.1913 in Ichenhausen; ✡15.9.1912 oo Hans Schendel

Beruf Fabrikarbeiter, Schmied, Autogenschweißer

Adressen Ichenhausen; Halberstadt; Enschede

Heirat Januar 1947 Rozette Ro, Zet Wolff *20.12.1917 in Doetinchem; ✡2005; Witwe des Salomon Frankenhuis (1904-1943)

Kinder zwei Stieftöchter, zwei gemeinsame mit Rozette Wolff

Weiterer Lebensweg

Besuch des katholischen Kindergartens

Ostern 1922 Einschulung jüdische Tagesschule in der Herzog-Leopold-Straße,

Ostern 1929 Schulaustritt; Stelle in der Herrenbekleidungsfabrik Sülzer in Ichenhausen

3.8.1929 Bar Mitzwah in der Tagesschule

Hachschara in Halberstadt

1.1.1936 Umwidmung des Bethauses der jüdischen Gemeinde Halberstadt, Wilhelmstraße 15 in ein rituelles Hachschara -Umschulungszentrum in der Trägerschaft des Noar Agudati, Jugendorganisation des Agudas Jisroel

1937- Februar 1939 Arnold Erlanger zur Hachschara in Halberstadt

10.11.1938 verhaftet in Halberstadt im Novemberpogrom

11.11.1938 Arnold Erlanger „Schutzhaft“ in Buchenwald, Häftlingsnummer 23996

21.11.1938 Entlassung aus dem KL Buchenwald mit der Auflage, Deutschland binnen drei Monaten zu verlassen

6.3.1939 Einreise von Schwester Rosa und Ehemann Hans Schendel in Palästina

Februar 1939 mit Bruder Gustav zur Hachschara nach Enschede

17.5.1939 Eltern in Ichenhausen, Adolf-Hitler-Straße 4bei Minderheiten-Volkszählung

10.2.1940 Bruder Gustav auf der SS VOLENDAM von Rotterdam nach New York

Heimatadresse

Hachschara Kibbuz Haimer’s Esch in Twekkelo/Enschede

Februar 1938 Eröffnung der Hachschara in der großen, vom berühmten Architekten Beltmann entworfenen ländlichen Villa im Dorf Twekkelo bei Enschede,  Strootsweg 460 (heute Haimersweg); die landwirtschaftliche Ausbildung erfolgte in dem großen Obst- und Gemüsegarten; Handwerker wie Möbeltischler, Elektriker, Schuhmacher, Schmiede wurden zumeist in lokalen Betrieben in Enschede, Hengelo, Lonneker und Boekelo ausgebildet.

Arnold und Gustav Erlanger schließen sich dem Kibbuz „Haimers Esch“ des orthodox-religiösen Agudas Jisroel an.

Arnold arbeitet für sechs Monate in der Landwirtschaft.

Lehre bei Schmied Abbink in Enschede, lernt dort auch Schweißer

10.5.1940 Einmarsch der Wehrmacht in die Niederlande

1940 lebten in Haimer’s Esch 55 Chaluzim, meist Männer im Alter um die 20 Jahre

1942 Pfarrer Leendert Overduin (1900–1976) von der „Gereformeerde gemeente“ half vielen unterzutauchen, oft gegen Bezahlung.

Arnold Erlanger Ghetto Fighter-Fotosammlung von ca 80 orthodoxen Untertauchern, vermutlich aufgenommen zur Erstellung falscher Papiere

22.3.1943 Überstellung der letzten Chaluzim in das KL Vught.

10.11.1943 Vier Lehrlinge aus Haimers Esch werden in der Holzschuhmacherwerkstatt von Carel Bel in Boekkelo bei Enschede verhaftet.

Der Kibbuz wurde 1943 aufgelöst.

Mehrere der Untergetauchten wurden aufgespürt oder verraten. Weniger als die Hälfte der Chaluzim von Twekkelo überlebten die Besatzung.

Werkkamp Arrien bei Ommen

Karl Elias

9.9.1942 mit Karl Elias und Erwin Moses zur Zwangsarbeit ins Werkkamp Arrien bei Ommen

22.10.1942 mit Karl Elias Internierung im Judendurchgangslager Westerbork in den Baracken 59 und 64

Auschwitz- BUNA Monowitz

14.9.1943 Deportation mit Karl Elias und Erwin Moses von Westerbork nach Auschwitz;

16.9.1943 Ankunft und Selektion an der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz; eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, auf LKW in die Quarantäneblöcke des „Arbeitslager Buna“ gebracht; Tätowierung der Auschwitzhäftlingsnummer 150645, Kurt Elias bekommt die Folgenummer 150646 in den linken Unterarm

16.11.-27.11.1943 im „Häftlingskrankenbau“ (HKB) des KL Monowitz

In Auschwitz für 2-3 Monate in einer Außenkolonne zur Landarbeit, dann als Schweißer auf der BUNA-Baustelle im ML Monowitz

Dezember 1943 Arnold Erlanger berichtet vom seinem Aufenthalt im Krankenrevier (HKB) des KL Monowitz wegen eines gebrochenen Handgelenks; er spricht bei der Selektion der Kranken den Leitenden Arzt von Auschwitz Mengele trotz Verbotes an, er sei doch Schweißer und könne bald wieder arbeiten, der daraufhin zu seinen Begleitern sagte: „Das kann hier geheilt werden.“

Erwin Moses, Ghetto Fighter-Fotosammlung von ca 80 Untertauchern, vermutlich aufgenommen zur Erstellung falscher Papiere

30.11.1944 Tod von Gefährte Erwin Moses in Monowitz (laut Arnold Erlanger)

Todesmarsch Auschwitz-Gleiwitz – Buchenwald

15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca. 60 000 Häftlinge; 10000 Männer aus Monowitz

18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau

Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:

Asher Aud:

„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“

Sigmund Kalinski:

„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“

Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück, Sachsenhausen

Isidor Philipp berichtet:

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.

Arnold Erlanger mit dem Funktionshäftlingen aus Monowitz im geschlosenen Waggon nach Buchenwald

26.1.1945 Ankunft in Buchenwald; Unterbringung im Block 49

16.2.1945 Verlegung in das Außenlager Adler-Werke nach Frankfurt, die aber bereits die Produktion eingestellt haben und die Häftlinge zurückschicken

Das Ende des KL Buchenwald

5.4.1945 Himmlers Befehl zur Evakuierung von Buchenwald (47500 Häftlinge);

6.-10.4.1945 Die SS beginnt mit der Evakuierung des Konzentrationslagers; etwa 28.000 Häftlinge des Stammlagers und mindestens 10.000 Häftlinge der Außenlager werden auf insgesamt 60 Marschrouten – meist zu Fuß – auf die Todesmärsche getrieben, 12000 (Schätzung) kommen auf diesen Märschen um.

6.4. 1945 von den ca. 6000 Juden im Lager, können etwa 3000 versteckt werden; 3105 Juden werden im Lager zusammengetrieben, in den Werkshallen der DAW (Deutsche Ausrüstungswerke) eingesperrt und Richtung Flossenbürg in Marsch gesetzt

6.4.1945 Arnold Erlanger mit 3105 Juden Fußmarsch mit dem Ziel Flossenbürg

10 km bis Weimar dann Aufteilung in zwei Marschsäulen  über Wiesau, Thann, Schönficht, Beidl, Plößberg, Falkenberg, Schönkirch, Dreihöf, Geißweiher ins KL Flossenbürg

7.4.1945 Todeszug nach Dachau verlässt Weimar mit ca. 7000 Häftlingen

10.4.1945 9.280 Insassen haben an diesem Tag Buchenwald in zwei Kolonnen verlassen. Die SS kündigt für den folgenden Tag die vollständige Räumung des Lagers an.

11.4.1945 Befreiung von Buchenwald durch das 37. Panzerbataillon der 4. US-Panzerdivision

Todesmarsch Flossenbürg -Cham

16.4.1945 Ankunft von Arnold Erlanger mit ca 2000 Häftlingen aus Buchenwald in Flossenbürg

17.4.1945 1700 Männer in Güterwagons der Reichsbahn Richtung Dachau; in Schwarzenfeld von US-Fliegern gestoppt

Weiter zu Fuß über Neunburg vorm Wald, Neukirchen-Balbini, Stamsried, Pösing, Roding nach Cham

Nur ein kleiner Teil der in Marsch gesetzten Häftlinge erreichte überhaupt das KZ Dachau.

3.000 und 4.000 Häftlinge, darunter jüdische, wurden am 23. April zwischen Stamsried und Cham von US-Soldaten der 11. Amerikanischen Panzerdivision befreit. Kurz darauf endete im nahegelegenen Thierlstein für die letzten in dieser Gegend auf dem Todesmarsch befindlichen Häftlinge die schlimmste Tortur ihres Lebens.

23.4.1945 Arnold Erlanger wird in der Region Neunburg, Roding, Cham von der US-Army befreit

Rückkehr nach Enschede

Wohnadresse in Enschede: Alstedestraat 6 (Alstedestraat 19 und 23 waren bis 1938 Wohnheime für Hachschara des Agudat Jisroel)

Januar 1947 mit der Witwe Rozette Wolff, die zwei Töchter in die Ehe einbringt

Auswanderung über Rom nach Australien

Mai 1949 im DP Camp Cinecitta in Rom

11.2.2007 Tod von Arnold Erlanger in Melbourne

Gedenken

1991 mit Ehefrau Teilnahme an der Eröffnung der Ausstellung „Juden auf dem Lande“ in der wiederhergestellten Synagoge von Ichenhausen

1993 Ehepaar Erlanger Teilnehmer beider Einweihung der Gedenktafeln für die Opfer des Holocaust

Beisetzung des Ehepaars Erlanger in Melbourne, Chevra Kadisha Browns Road Cemetery

Quellen

https://yvng.yadvashem.org/ad

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5824934

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5278133

https://aboutholocaust.org/de/testimonies/arnold-erlanger-geboren-1916-in-ichenhausen-deutschland-hat-auschwitz-ueberlebt

https://de.wikipedia.org/wiki/Arnold_Erlanger

http://www.alemannia-judaica.de/ichenhausen_synagoge.htm

https://www.bavarikon.de/object/bav:JMA-OBJ-000000000BIO0091?lang=de

Gernot Römer (Hrsg), Arnold Erlanger, Ein Schwabe überlebt Auschwitz, Wißner-Verlag, 2002

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.mappingthelives.org

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de860049

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten

https://www.joodsmonument.nl/en/page/137623/haimer-s-esch

https://infocenters.co.il/gfh/list.asphttp://sjoel-enschede.nl/s/b/hachsjara.asp

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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