Kiwi Isidor

Isidor Kiwi

*21.12.1897 in Schwersenz

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Hermann Kiewe (1853-1910)

Heirat der Eltern 1885 in Schwersenz

Mutter Friederike Kaliski (*1862)

Großeltern Isaak Moses Kiwi (1814-1895) und Dore Fass

Tante Bertha Kiwi *8.5.1850 in Posen; oo Julius Jacob

Geschwister

Max Kiwi *26.11.1887 in Schwersenz; ✡ 4.3.1943 in Auschwitz; Sara Jacob (1884)

Sara Kiwi *15.5.1889 in Schwersenz; ✡14.12.1942 in Auschwitz; oo Arthur Altmann

Gertrud Kiwi *15.12.1891 in Schwersenz; ✡ 1907;

Thea Kiwi *11.6.1896 in Schwersenz; ✡?; oo Caesar Ohnstein und Fritz Ohnstein (1902)

Neffe

Hermann Kiwi *21.1.1914 in Schwersenz; ✡?; oo Frances

Beruf Tischler

Adressen Schwersenz; Neuendorf; Groß Breesen; Berlin

Heirat Johanna Wolfenstein *2.3.1893 in Schönlanke; ✡ 4.3.1943 in Auschwitz

Kinder

Gertrud Kiwi/Wendy Wood *14.8.1926;✡ Mai 2005; oo Philipp Wood (1929)

Elfriede Paula Kiwi *26.10.1929 in Berlin; oo Simmons

Weiterer Lebensweg

Isidor Kiwi als Tischler-Ausbilder mit Frau Johanna und beiden Töchtern in das Landwerk Neuendorf

Novemberpogrom in Neuendorf

9./10.11.1938 Lehrgut Neuendorf im von den Nazis inszenierten Novemberpogrom  von SA-Trupp überfallen; Mitarbeiter wie der Madrich Max Joseph und alle Chaluzim über 20 Jahre verhaftet und in das KL Sachsenhausen in Oranienburg verschleppt; „Schutzhaft“ in Sachsenhausen ; die jüngeren wie  Günter Riese, Kurt Gumpel und die Mädchen (u.a. Eva Oppenheim) bleiben verängstigt zurück; das Lager wird fünf Tage lang von Wachen abgeriegelt.

Isidor Kiwi mit etwa 40 Bewohnern verhaftet und im KL Sachsenhausen interniert.

Betriebsleiter Alex und Frau Erna Moch entkommen nach London, er beschafft 150 britische Visa, mit diesen Einwanderungsgenehmigungen erreicht er beim Kommandanten von Sachsenhausen die Freilassung der in Sachsenhausen internierten Chaluzim mit der Auflage, Deutschland unmittelbar zu verlassen.

29.12.1938 Entlassung der Neuendorfer aus dem KL Sachsenhausen

Moch begleitet die etwa 40 Jungen nach England. Zusammen mit Leonore Goldschmidt gründete er das Farm Institute, Tythrop House in Oxfordshire für etwa 200 jüdische Chaluzim, davon etwa 100 aus Neuendorf.

Isidor Kiwi bleibt in Deutschland; er geht zu seinem Bruder Max in das Hachscharalager Groß Breesen

Übersee-Gruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen

Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)

1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.

Sommer 1936 Max Kiwi mit der Familie ins Überseeauswanderer Lager Groß Breesen

Leiter der landwirtschaftlichen Ausbildung war der Landwirtschaftliche Inspektor Erwin Scheier, dessen Frau Ruth oblag die Hauswirtschaft,

Tischlermeister Max Kiwi die Schreinerei. Ilse Rohr war als Erzieherin angestellt: Sie gehörte vermutlich zur Gutsbesitzerfamilie Rohr.

Werner Angress schreibt dazu:

„Tischlermeister Max Kiwi, der kurz nach der Inbetriebnahme Groß-Breesens mit seiner Familie dort eintraf, richtete die Tischlerei mit modernen Maschinen und Werkzeugen ein und war für den handwerklichen Teil der Ausbildung verantwortlich. Dabei wurde er von seinem Sohn Hermann unterstützt, der seine Gesellenprüfung abgelegt hatte und sich als ausgezeichneter Lehrer erwies.“

10.11.1938 Überfall der SA auf den Hof in Groß Breesen, alle über 18-Jährigen Männer werden mit einem Bus abgeführt und ins KL Buchenwald gebracht, auch Curt Bondy, der als Homosexueller besonders gefährdet war. Zu den Verhafteten gehört auch Hermann Kiwi und sein Vater Max.

10.11.- 4.12.1938 Max Kiwi interniert im KL Buchenwald, Häftlingsnummer 26062

10.11.- 4.12.1938 Hermann interniert im KL Buchenwald, Häftlingsnummer 28380

29.12.1938 Cousin Isidor Kiwi wird aus dem KL Sachsenhausen entlassen

4.12.1938 Hermann und Vater Max entlassen aus dem KL Buchenwald

Nach der Entlassung gehen Max und Sohn Hermann ins Lehrgut zurück;

15.12.1938 Hermann Kiwi mit 5 weiteren aus Buchenwald Entlassenen emigriert nach Amsterdam Werner „Töpper“ Angress berichtet:

„Als eben einzig Wichtiges ist zu sagen, daß sechs Leute, Dackel (Gerd Tworoger), Juwa, Prinz, Hermann Kiwi, Floh und Paul Hirsch, hier gestern in Amsterdam angekommen sind, worüber Du das diesbezügliche Telegramm bereits erhalten haben wirst. Dieser erste Trupp geht Montag weiter nach Wieringen, und weitere Jungen sind hier zur Bearbeitung vorgeschlagen. Aus dem KZ. sind sämtliche Jungen und Bo-Scheier und Kiwi entlassen.“

Hermann zunächst mit vieren weiter in das Hachschara Werkdorp Wieringer Meer

Fast alle Breesener der ersten und zweiten Generation vor November 1938 verlassen Deutschland, nur Max Kiwi bleibt als einziger der früheren Ausbilder in Groß Breesen.

Die weiterhin verantwortliche RVJD in Berlin überträgt die Lagerleitung dem Pädagogen Walter Bernstein als Nachfolger Bondys.

17.5.1939 Isidor und Max Kiwi mit Ehefrau in Groß Breesen bei Minderheitenzählung

17.5.1939 Ehefrau Johanna Kiwi und die Töchter Gertrud und Elfriede im Landwerk Neuendorf bei Minderheitenzählung

17.5.1939 Johanna Kiwi Wolfenstein auch in Berlin, Eitelstraße 27 bei Minderheitenzählung;

Sommer 1939  beide Töchter mit einem Kindertransport nach England

Isidor und Johanna Kiwi zurück nach Berlin, Eitelstraße 27

Das Ende des Lehrgutes Groß Breesen

31.8.1941 Gestapobefehl: Das Lehrgut Groß Breesen wird Arbeitslager

Fabrikaktion

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

1.3.1943 Isidor Kiwi auf dem 31. Osttransport von Berlin nach Auschwitz

6.3.1943 Johanna Kiwi, 35. Osttransport von Berlin nach Auschwitz

Anfang März 1943 Verbringung der „Volljuden“ aus Groß Breesen in ein Sammellager nach Breslau, als Leiter der Gruppe Meister Max Kiwi mit Frau und 22 Jungen Männern.

5.3.1943 Deportation von Bruder Max mit den letzten Groß-Breesenern mit dem Breslauer Transport nach Auschwitz; eine Transportliste ist nicht überliefert.

6.3.1943 Ankunft des Breslau-Transportes in Auschwitz; 16 der 22 Deportierten aus Groß Breesen bekommen in Auschwitz nach Selektion an der Rampe eine Häftlingsnummer, sind somit zu Zwangsarbeit in BUNA Monowitz vorgesehen.

Bruder Max Kiwi gehört nicht dazu.

1943 Tod von Isidor, Johanna und Max Kiwi in Auschwitz

Gedenken

3.6.2017 Stolpersteine für Isidor und Johanna Kiwi in Berlin Lichtenberg, Eitelstraße 27

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT35-8.jpg

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1090040

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1090074

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212780

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5278194

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de898506

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de898511

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1090040

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212447

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 6440); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

Volkszählung 1940 der Vereinigten Staaten

Werner Angress, Generation zwischen Furcht und Hoffnung, 1985

https://archive.org/details/jdischesausb001f022/page/n2/mode/1up?view=theater

https://zeitgeschichte-hamburg.de/files/public/FZH/Publikationen_digital/Werner%20T%20Angress%20Generation%20zwischen%20Furcht%20und%20Hoffnung.pdf

https://www.yumpu.com/de/document/read/3840614/21-brief-19-p745-54-gross-breesen-silesia

https://yvng.yadvashem.org/ad

Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936; Bron: boek, Deel: 146, Periode: 1912-1938

www.werkdorpwieringermeer.nl/

https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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