Möller Edith

Edith Möller

*17.3.1908 in Altona; ✡28.8.1993 in Hendon, London

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Julius Alexander Möller *1875; ✡ 1935 in Altona

Mutter Leonore Hackenbroch *23.7.1880 in Frankfurt; ✡  4.6.1927 in Altona

Großeltern Alexander Möller und Therese Heymann

Geschwister

Therese Möller *29.7.1905 in Altona; ✡10.3.1973 in London; oo Max Lehmann; Tochter Leonore

Ilse Elsa Möller *21.8.1906 in Altona; ✡14.5.1997 in Zürich; oo Michael Flörsheim (1938-1992);

Alexander Möller *17.3.1908 in Hamburg; ✡14.2.1973 in Tel Aviv; oo Diamant

Beruf Hauswirtschafterin

Adressen Altona; Alt-Schermbeck;

Heirat Justin Öttinger

Kinder

Die Hachschara Bewegung

In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.

Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).

So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.

Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.

Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.

Haus Berta am Freudenberg bei Alt-Schermbeck

Auf Betreiben von Leo Gompertz, Vorsitzender der RjF-Ortsgruppe Gelsenkirchen entstand 1934 auf dem Heide und Waldgelände des Julius Goldschmidt ein Jugend-und Ferienheim, Haus Berta, benannt nach der Mutter des Julius Goldschmidt. Die feierliche Eröffnung fand am 24.8.1934 im Beisein von reichsweiter RjF- und Rabbinats-Prominenz statt. Heimleiter wurde Dr. jur. Willi Stern, 1933 von den Nazis außer Dienst gestellter Amtsgerichtsrat aus Recklinghausen. Madrich für das erste Landsommerhalbjahr 1935 war Heinz Kahn (HaKa)aus Eschwege.

Die geistliche Betreuung übernahm der zuständige Bezirksrabbiner Dr. Selig Auerbach aus Recklinghausen. Das Ehepaar Leo und Rosa Auerbach war für die Hauswirtschaft zuständig, Ruth Stamm für den Jugendsport und die Gymnastik. Die vom Hamburger Oberrabbiner Dr. Joseph Carlebach empfohlene Edith Möller aus Hamburg-Altona führte die streng koschere Küche.

Willi Stern und seine Mitarbeiter in „Haus Berta“ rechts vermutlich seine Schwester Hedwig Baum

Leo Gompertz berichtet:

Vom 10.5.-31.10.1935 fand das bereits an einer Hachschara ausgerichteten erste Landhalbjahr statt; Madrich war Heinz Kahn (HaKa) aus Eschwege.

Als vermutlich bewusste Provokation wurde Haus Berta 1937 während eines wie immer besonders festlich begangenen Freitagabend-Gottesdienst zum jüdischen Schabbat von der Gestapo geschlossen.

Aus dem Lagebericht von 1937 der Staatspolizeidienststelle für den Regierungsbezirk Münster:

„Die polizeiliche Schließung des jüdischen Ferienhauses (…) hat nach dem vorliegenden Bericht des Landrats in Recklinghausen in der Bevölkerung lebhafte Befriedigung ausgelöst.“

Die Beaufsichtigung der streng koscheren Küche in der vom vom Ehepaar Leo und Rosa Auerbach geführten Hauswirtschaft war Aufgabe der von dem Hamburger Oberrabbiner Dr. Joseph Carlebach dazu empfohlenen Edith Möller aus Hamburg-Altona.

26.7.1934 Edith Möller in das Ferienheim/ Umschichtungslager „Haus Berta“ am Freudenberg bei Alt-Schermbeck in Trägerschaft des Reichsbund jüdischer Frontsoldaten RjF

31.10.1934 Zeugnis für Edith Möller von Leo Gompertz

16.3.1939 aus Hamburg kommend in Amsterdam gemeldet

29.9.1939 Schwester Therese mit Ehemann Max Möller im Willesden Municipal Borough bei britischen Census

5.5.1943 Interniert im Judendurchgangslager Kamp Westerbork

17.5.1943 ins „Polizeiliches Durchgangslager Amersfoort

Dezember 1943 wieder in Westerbork

15.2.1944 aus Westerbork ins Sternlager nach Bergen-Belsen

Freiheitstransporte von Bergen-Belsen nach St.Gallen und Biberach

Am bekanntesten ist in St. Gallen heute der Transport mit 1.200 Häftlingen aus Theresienstadt, die im Februar 1945 nach St.Gallen kamen. Nur wenig bekannt sind die beiden Transporte aus dem KZ Bergen-Belsen im Dezember 1944 und im Januar 1945.

In das Kriegsgefangenenlager Lindele bei Biberach kamen im November 1944 149 nordafrikanische Juden aus dem KZ Bergen-Belsen. Im Januar 1945 folgten 133 deutsch-österreichische Juden aus Holland, die an einem deutsch-amerikanischen Austausch nicht mehr teilnehmen durften.

21.1.1945 Transport von Bergen Belsen nach Biberach, Lager Lindele

Für Edith Möller ist die Fahrt in Biberach beendet, sie muss aussteigen, um amerikanischen Kriegsgefangenen Platz zu machen

23.4.1945 wurde das Lager Lindele von französischen Truppen befreit

26.4.1945 Edith Möller in Biberach Lager Lindele befreit

20.2.1946 zurück in Amsterdam gemeldet bei der Schwester Ilse Flörsheim

20.5.1949 abgemeldet von Amsterdam nach London

5.11.1963 Brief von Edith Öttinger an Leo Gompertz aus Holly Park, London

Gedenken

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://collections.arolsen-archives.org/en/document/130343476

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22M%C3%B6ller%201908%22%7D

https://archives.cjh.org/repositories/5/archival_objects/785194

https://archive.org/details/leogompertzcolle01gomp/page/n59/mode/1up?view=theater

http://www.holstina.de/history/hausberta.html

https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345341#id20

http://www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de/2012/05/28/haus-bertha-am-freudenberg-ein-lichtblick-und-kurzer-hoffnungsstrahl-fur-bedrangte-judische-kinder-aus-dem-reich-den-willen-zum-uberleben-gestarkt/

https://www.schermbeck-grenzenlos.de/index.php/aktuelles/2-uncategorised/17069-auf-den-spuren-der-geschichte-von-haus-berta

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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