Ilse Lotte Alice „Trutz“ Tworoger

* 18.1.1921 in Liegnitz; ✡20.9.1995 Kibbuz Shofal
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Rudolf Tworoger *15.3.1881 in Schildberg; ✡ in Sobibor
Mutter Else Munter *2.12.1891 in Labischin; ✡ nach dem 3.5.1942 in Sobibor
Gr0ßeltern Markus Tworoger und Lina Unger
Cousin Gerd Tworoger *26.7.1920 in Berlin; ✡ 8.7.1991 USA
Geschwister
Eva Tworoger *23.8.1925; ✡ In Israel; oo Leo Dorfman (*5.4.1921 in Berlin)
Beruf Landwirtschaftliche Praktikantin
Adressen Liegnitz, Burgstraße 75; Königsberg; Liegnitz;Groß Breesen; Kibbuz Shoval
Heirat Efraim Schaffer
Kinder –
Weiterer Lebensweg

Juni-November 1936 in Königsberg
Dezember 1936 – Februar 1937 in Liegnitz bei den Eltern
März 1937 – Mai 1939 zu Cousin Gerd Tworoger ins Lehrgut Groß Breesen
10.11.1938 Vater Rudolf verhaftet im Novemberpogrom
2.12.1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Sachsenhausen
Übersee-Gruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen
Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)
1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.
Mai 1936 Cousin Gerd Tworoger aus Berlin zur Hachschara ins Überseeauswanderer Lager Groß Breesen
10.11.1938 Novemberpogrom
Überfall der SA auf den Hof in Groß Breesen, etwa 20 über 18-Jährige Männer werden mit einem Bus abgeführt und ins KL Buchenwald gebracht, auch Curt Bondy, der als Homosexueller besonders gefährdet war
10.11.- Dez.1938 Cousin Gerd interniert im KL Buchenwald
17.5.1939 Ilse Tworoger in Groß Breesen bei Minderheitenzählung
17.5.1939 die Eltern Tworoger in Liegnitz bei Minderheitenzählung
11.6.1939 erste größere organisierte Emigration von 15 Breesenern ab Rotterdam auf der SS SLAMAT nach Australien; Werner „Töpper“ Angress – zuvor Groß-Breesen – schreibt über die Abreise der Breesener- Australien Gruppe:
„15 Breesener, 13 Jungen und zwei Mädel, wollen morgen mit dem holländischen Schraubenschiff SS «Slamat» nach Australien fahren….15 Breesener, unsere erste, große, geschlossene Gruppe. Pitt, Herko (Herbert Cohn), Erich, Leo, Klaus, Werner, Spitz, Wachsi, Franz, Erwin, Fritz, Hans, Herbert, Hanni und Inge. Fast alle sind nicht älter als 17 Jahre. Und in Kolombo werden sie Jonny treffen, mit Posche, Bosi und Rudi. … Langsam verlassen wir das Schiff, Bo(Bondy), Prinz, Dackel (Georg Tworoger), Floh und ich (Angress).“
Juni 1939 Wechsel von Ilse Tworoger in das Hachscharalager Friedersdorf auf Gut Skaby
Alija Beth – Sonderhachschara VII – der Paraguay-Transport
März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.
August 1940 abgemeldet aus Friedersdorf, offiziell abgemeldet nach „Paraguay“, zunächst Zugfahrt nach Berlin
16.8.1940 mit dem Zug aus Berlin, Bahnhof Friedrichstraße fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, deren Kinder bereits Palästina-Pioniere in Palästina waren, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Transportführer war Ephraim Frank
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3.9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa
3.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
8.11.1940 Registrierung im Camp Athlit; sie gibt als Referenzadresse an ihre Schwester Eva Tworoger Kirjat Anoda, Post Tel Aviv, c/o Kalitzy
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 Ma’apilim (illegale Immigranten) auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Sie geht in den Kibbuz Shoval, in dem sie ihr weiteres Leben verbleibt.
Deportation der Eltern
3.5.1942 ab Breslau nach Lublin
Gedenken
9.5.1999 Pages of Testimony für die Eltern von Schwester Eva Dorfman, Tel Aviv
Beisetzung auf dem Shoval Cemetery, Israel
Quellen
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de983341
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Werner Angress, Generation zwischen Furcht und Hoffnung, 1985
https://www.yumpu.com/de/document/read/3840614/21-brief-19-p745-54-gross-breesen-silesia
Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936; Bron: boek, Deel: 146, Periode: 1912-1938
https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer
Vielen Dank für ihren sorgfältig recherchierten Artikel, diese helfen mir weiter bei der Recherche zu einem anderen Stolperstein-Projekt, das sich ebenfalls auf einen Hachschara Schüler bezieht. Ich bin dabei zufällig auch auf Frau Tworoger gestoßen, und habe in den Unterlagen noch einige Details zu ihrer Reise zwischen 1939 und 1940 gefunden, die sie hier gern noch einbauen dürfen. Melden sie sich bei Interesse gern bei mir (mag meine richtige Email hier nicht öffentlich posten wegen spam, aber über meine Seite finden sie meinen Kontakt!)