Münzer Herbert

Herbert Münzer

*11.4.1923 in Berlin; ✡April 1945

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Simon Münzer *16.10.1885 in Popelken, Markthausen; ✡ vor 1945, Auschwitz

Mutter Edith Lewien*12.11.1888 in Falkenburg; ✡ vor 1945, Auschwitz

Onkel Georg Münzer *14.2.1889 in Popelken; 21.7.1972; oo Frieda Schröder

Geschwister

Edith Charlotte Münzer *21.5.1925; ✡ vor 1945, Auschwitz

Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Berlin, Greifswalder Straße 51; Groß Breesen;

Heirat

Kinder

Weiterer Lebensweg

17.5.1939 Herbert mit den Eltern und Schwester Ilse in Berlin, Greifswalder Straße 51 bei Minderheitenzählung

Übersee-Gruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen

Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)

1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.

Leiter der landwirtschaftlichen Ausbildung war Oberinspektor Erwin Scheier, dessen Frau Ruth oblag die Hauswirtschaft, Tischlermeister Max Kiwi die Schreinerei.

10.11.1938 Überfall der SA auf den Hof in Groß Breesen, alle über 18-Jährigen Männer werden mit einem Bus abgeführt und ins KL Buchenwald gebracht, auch Curt Bondy, der als Homosexueller besonders gefährdet war; die Frauen und Jungen bleiben auf dem Hof zurück.

Scheier wird als Verwalter abgelöst von Dingethal, der wiederum wegen Fronteinsatz von Inspektor Hildebrandt: Nachfolger von Bondy wird Walter Bernstein.

1939 Herbert Münzer zur Umschulung ins Überseeauswanderer Lager Groß Breesen

31.8.1941 Gestapobefehl: Das Lehrgut Groß Breesen wird Arbeitslager

Die Schließung der Arbeitslagers Groß Breesen

Die Grüssau Gruppe

21.10.1942 Gestapo-Offizier Hampel verliest beim Appell die Namen der 22 zur Verlegung nach Grüssau befohlenen Bewohner

30.10.1942 Verabschiedung der Ehepaare, der jungen Frauen und sechs Jungen

Günther Marcuse schreibt in sein Tagebuch:

„Nach dem Abendessen rief der Inspektor (Hildebrandt) alle zusammen, um die Leute zu verabschieden.“

31.10.1942 Verbringung der 14 Personen in das Judenlager im Kloster Grüssau bei Landeshut – neben Tormersdorf und Riebnig eines der drei Sammellager für die Juden aus der Region Breslau

Günther Marcuse notiert:

„Im Gegensatz zu früheren Alarmen, denen sofort Reklamationen folgte, verliessen uns heute die Kameraden, die uns in langen Jahren lieb geworden waren. Es sind:

Ehepaare: Wolff (Walter und Hildegard Klein), Löwenstein (Aron und Gertrud Monasch), Ascher (Kurt und Ruth Schwarz mit Rea), Baehr (Heinz und Edith Plessner), Cohn (Alfred „Alco“ und Marlo Levy mit Gideon)

Mädels: Berg (Anneliese), Blume I (Ruth geb. Baehr), Blume II Anneliese), Cohn (Hannelore), Director (Ilse), Frau Berg (Bertha)

Jungens: Blume (Bernhard), Plessner (Heinz), Levy (Ernst), Wolff (Arthur), Ring (Heinz), Krieger (Otto)

(Ruth Blume und Bernhard Blume waren auch ein Ehepaar)

25 junge Männer verbleiben noch auf dem Hof in Groß Breesen.

Fabrikaktion Februar/März 1943

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“ als Vorbereitung auf die „Fabrikaktion“

Ende Februar/Anfang März 1943 verlassen die letzten „Volljuden“ das Lehrgut Groß Breesen

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

22.2.1943 Verhaftung der Juden im Arbeitslager Grüssau, die gesamte Grüssau-Gruppe aus Groß Breesen bis auf Walter und Hildegard Wolff mit Sohn Arthur (Theresienstadt)

23.2.1943 Ankunft des Grüssauer Transports in Auschwitz; von 250 Juden aus Grüssau werden nur sechs Männer (Nr. 104027 bis 104032) in das Lager zur Zwangsarbeit übernommen

28.2.43 Schließung des Lagers im Kloster Grüssau

Fabrikaktion im Arbeitslager Groß Breesen

26.2.1943 Das Tagebuch von Günther Marcuse endet mit dem Hinweis, dass bis zum 1.3.1943 mit einer Gestapoentscheidung zum Abtransport der „Volljuden“ zu rechnen ist, während die „Halbjuden“ in Groß Breesen verbleiben sollten.

1.3.1943 Anordnung der Verbringung der „Volljuden“ aus Groß Breesen

Deportation in ein Sammellager nach Breslau, als Leiter der Gruppe Meister Max Kiwi mit Frau und 21 jungen Männern; vier „Halbjuden“ bleiben zurück (Ernst Böhm, Helmuth Mayer, Josef Oppenheimer)

5.3.1943 Deportation der Groß-Breesener mit dem Breslauer Transport nach Auschwitz; eine Transportliste ist nicht überliefert.

6.3.1943 Ankunft des Breslau-Transportes in Auschwitz; 16 der 21 deportierten Männer aus Groß Breesen bekommen in Auschwitz nach Selektion an der Rampe eine Häftlingsnummer, sind somit zu Zwangsarbeit in BUNA Monowitz vorgesehen. Herbert Münzer bekommt die Häftlingsnummer 107015 in den linken Unterarm tätowiert.

26.1.1945 Ankunft in Buchenwald; Unterbringung in Baracke 57 im kleinen Lager

Februar 1945 Arthur Wolff (10.-26.2.1945 in Buchenwald) berichtet:

„Ich war nur relativ wenige Tage in Buchenwald selbst. Dort traf ich einen Gross-Breesener, der dort bis zuletzt als Kutscher tätig gewesen war. Ich glaube nicht, dass er überlebt hat, er sah schon wie ein Todeskandidat aus, als ich ihn traf, wie ein „Muselmann“ nannte man das damals. Er meinte, dass er vermutlich der letzte noch Überlebende derer sei, die aus Gross-Breesen schließlich auch nach Auschwitz und nach Buna kamen. Sein Name: Herbert Münzer.“

18.2.1945 Ako. Stein in Eschershausen

3.3.1945 Ako. Hecht in Holzen

Beide Schwester- Kommandos gehörten zur Bauorganisation Todt

25.1.1946 Tante Irene Marchand geb. Lewien gibt eine Suchanzeige auf

Die Deportation der Familie

29.11.1942 die Eltern mit Schwester Ilse auf dem 23.Osttransport von Berlin nach Auschwitz

Fabrikation und Rosenstraßenprotest

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“ als Vorbereitung auf die „Fabrikaktion“; Juden aus Mischehen waren explizit ausgeschlossen; unter Mißachtung dieser Richtlinien verhafteten die Berliner Behörden dennoch Berliner Juden aus „Mischlingsehen“ im Sammellager Rosenstraße. Dies führte zu dem letztlich erfolgreichen Rosenstraßenprotest der „arischen“ Ehefrauen, weshalb auch Onkel Georg Münzer wieder freikam, da er mit der Nichtjüdin Frieda Schröder verheiratet war.

Gedenken

25.1.1946 Tante Irene Marchand geb. Lewien gibt eine IRO-Suchanzeige auf

Grabstein für Georg und Frieda Münzer auf dem jüdischen Friedhof in Berlin Weißensee

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/6678568

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127207510

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1124777

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1124912

Werner Angress, Generation zwischen Furcht und Hoffnung, 1985

Arthur Wolff, Bericht für den Groß Breesen Rundbrief Nr. 24, 1984

Damit es nicht vergessen wird, Bericht in zwei Teilen, 1991

Günter Marcuse, Tagebuch Groß Breesen; Groß Breesen Rundbrief Nr. 23, 1966

https://archive.org/details/jdischesausb001f022/page/n2/mode/1up?view=theater

https://zeitgeschichte-hamburg.de/files/public/FZH/Publikationen_digital/Werner%20T%20Angress%20Generation%20zwischen%20Furcht%20und%20Hoffnung.pdf

https://www.yumpu.com/de/document/read/3840614/21-brief-19-p745-54-gross-breesen-silesia

https://yvng.yadvashem.org/ad

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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