Cohn Alfred
*9.12.1923 in Berlin; ✡1943 in Auschwitz
Staatsangehörigkeit deutsch
Vater Hans Cohn *13.10.1897 in Berlin; ✡ Juli 1940, Tötungsanstalt Brandenburg
Mutter Erna Lichtenhein *18.1.1899 in Berlin; ✡ vor 1945
Großmutter Elisabeth Cohn geb Weinberg *15.3.1876 in Berlin; ✡30.11.1942 Theresienstadt
Geschwister unbekannt
Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant
Adressen Berlin, Spichernstraße 19; Groß Breesen;
Heirat 1942 in Trebbin Marlo Levy *29.1.1923 in Angerburg
Kinder Gideon Cohn *1.8.1942 in Breslau
Weiterer Lebensweg
Ostern 1930 Einschulung in Berlin Wilmersdorf
12.4.1934 Wechsel in die 4. Mittelschule Klasse 4
31.3.1938 Austritt aus der Schule
17.5.1939 Mutter Erna und Großmutter Elisabeth Cohn in bei Minderheitenzählung
17.5.1939 Vater Hans Cohn in der Landesanstalt Eberswalde bei Minderheitenzählung
Überseegruppenwanderer Lehrgut Groß Breesen
Mai 1936 Eröffnung des nichtzionistischen Übersee-Gruppenwanderer Lehrgutes Groß Breesen; im Gegensatz zu anderen Lagern ist Groß Breesen nicht an jüdische Organisationen gebunden, war jedoch stark geprägt vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V., assimiliert, liberal, national)
1936-1939 Curt „Bo“ Bondy Lagerleiter und pädagogischer Leiter, auf Bitten von Leo Baeck; von vielen ‚Groß-Breesenern‘ wurde er als charismatische Persönlichkeit, der sie viel zu verdanken haben, verehrt. Unterstützt wurde er von Ernst Cramer, einem älteren Praktikanten.
Leiter der landwirtschaftlichen Ausbildung war Oberinspektor Erwin Scheier, dessen Frau Ruth oblag die Hauswirtschaft, Tischlermeister Max Kiwi die Schreinerei.
10.11.1938 Überfall der SA auf den Hof in Groß Breesen, alle über 18-Jährigen Männer werden mit einem Bus abgeführt und ins KL Buchenwald gebracht, auch Curt Bondy, der als Homosexueller besonders gefährdet war; die Frauen und Jungen bleiben auf dem Hof zurück.
1939 – zur Umschulung ins Überseeauswanderer Lager Groß Breesen
Scheier wird als Verwalter abgelöst von Dingethal, der wiederum wegen Fronteinsatz von Inspektor Hildebrandt: Nachfolger von Bondy wird Walter Bernstein.
17.5.1939 Alfred Cohn in Groß Breesen bei Minderheitenzählung, ebenfalls aus Berlin Herbert Cohn
31.8.1941 Gestapobefehl: Das Lehrgut Groß Breesen wird Arbeitslager
Die Schließung der Arbeitslagers Groß Breesen
6.10.1942 Das Schloss (Hauptgebäude) in Groß Breesen muss von den Juden für „arische“ Arbeitskräfte freigeräumt werden, Unterbringung im „Schafferhaus“; Ehepaar Ascher bewohnt Raum 6 im 1. Stock (Zeichnung von Günther Marcuse)
Die Grüssau Gruppe
21.10.1942 Gestapo-Offizier Hampel verliest beim Appell die Namen der 22 zur Verlegung nach Grüssau befohlenen Bewohner
30.10.1942 Verabschiedung der Ehepaare, der jungen Frauen und sechs Jungen
Günther Marcuse schreibt in sein Tagebuch:
„Nach dem Abendessen rief der Inspektor (Hildebrandt) alle zusammen, um die Leute zu verabschieden.“
31.10.1942 Verbringung der 22 Personen in das Judenlager im Kloster Grüssau bei Landeshut – neben Tormersdorf und Riebnig eines der drei Sammellager für die Juden aus der Region Breslau
Günther Marcuse notiert:
„Im Gegensatz zu früheren Alarmen, denen sofort Reklamationen folgte, verliessen uns heute die Kameraden, die uns in langen Jahren lieb geworden waren. Es sind:
Ehepaare: Wolff (Walter und Hildegard Klein), Löwenstein (Aron und Gertrud Monasch), Ascher (Kurt und Ruth Schwarz mit Rea), Baehr (Heinz und Edith Plessner), Cohn (Alfred „Alco“ und Marlo Levy mit Gideon)
Mädels: Berg (Anneliese), Blume I (Ruth geb. Baehr), Blume II (Anneliese), Cohn (Hannelore), Director (Ilse), Frau Berg (Bertha)
Jungens: Blume (Bernhard), Plessner (Heinz), Levy (Ernst), Wolff (Arthur), Ring (Heinz), Krieger (Otto)
(Ruth Blume und Bernhard Blume waren auch ein Ehepaar.)
25 junge Männer verbleiben noch auf dem Hof in Groß Breesen.
Fabrikaktion Februar/März 1943
20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“ als Vorbereitung auf die „Fabrikaktion“
Ende Februar/Anfang März 1943 verlassen die letzten „Volljuden“ das Lehrgut Groß Breesen
März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert
22.2.1943 Verhaftung von Alfred und Marlo Cohn mit Gideon im Arbeitslager Grüssau, die gesamte Grüssau-Gruppe aus Groß Breesen bis auf Walter und Hildegard Wolff mit Sohn Arthur (Theresienstadt)
23.2.1943 Ankunft des Grüssauer Transports in Auschwitz; von 250 Juden aus Grüssau werden nur sechs Männer (Nr. 104027 bis 104032) in das Lager zur Zwangsarbeit übernommen
28.2.43 Schließung des Lagers im Kloster Grüssau
Fabrikaktion im Arbeitslager Groß Breesen
26.2.1943 Das Tagebuch von Günther Marcuse endet mit dem Hinweis, dass bis zum 1.3.1943 mit einer Gestapoentscheidung zum Abtransport der „Volljuden“ zu rechnen ist, während die „Halbjuden“ in Groß Breesen verbleiben sollten.
1.3.1943 Anordnung der Verbringung der „Volljuden“ aus Groß Breesen
Deportation in ein Sammellager nach Breslau, als Leiter der Gruppe Meister Max Kiwi mit Frau und 21 jungen Männern; vier „Halbjuden“ bleiben zurück (Ernst Böhm, Heinz Breslauer, Helmuth Mayer, Josef Oppenheimer)
5.3.1943 Deportation der Groß-Breesener mit dem Breslauer Transport nach Auschwitz; eine Transportliste ist nicht überliefert.
6.3.1943 Ankunft des Breslau-Transportes in Auschwitz; 16 der 21 deportierten Männer aus Groß Breesen bekommen in Auschwitz nach Selektion an der Rampe eine Häftlingsnummer, sind somit zu Zwangsarbeit in BUNA Monowitz vorgesehen.
T4-Euthanasie des Vaters Hans Cohn
17.5.1939 Vater Hans Cohn in der Landesanstalt Eberswalde, Oderberger Straße 8 bei Minderheitenzählung
19.7.1940 Verlegung aus der Anstalt Eberswalde nach Berlin Buch, Heil- und Pflegeanstalt
Juli 1940 Verlegung und unmittelbare Ermordung des Vaters mit CO-Gas in der Tötungsanstalt Brandenburg/Havel
Deportation der Mutter und Großmutter
14.4.1942 Deportation der Mutter Erna in das Ghetto Warschau
9.9.1942 Großmutter Elisabeth auf dem 60. Alterstransport nach Theresienstadt
30.11.1942 Tod der Großmutter mit Enteritis in Theresienstadt
Gedenken
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Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Werner Angress, Generation zwischen Furcht und Hoffnung, 1985
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12650638
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11226298
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1033563
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de901046
https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_sln_43a.html
Arthur Wolff, Bericht für den Groß Breesen Rundbrief Nr. 24, 1984
Damit es nicht vergessen wird, Bericht in zwei Teilen, 1991
Günter Marcuse, Tagebuch Groß Breesen; Groß Breesen Rundbrief Nr. 23, 1966
https://archive.org/details/jdischesausb001f022/page/n2/mode/1up?view=theater
https://www.yumpu.com/de/document/read/3840614/21-brief-19-p745-54-gross-breesen-silesiahttps://yvng.yadvashem.org/ad