Weil Ruth

Ruth Rivka Weil geb. Libman

*22.7.1923 in Darmstadt; ✡ 2.2.2001 in Hafetz Haim

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Max Libman *10.6.1890 in Birkenau; Handlungsreisender; ✡18.1.1945 in Kaufering

Heirat der Eltern in Griesheim am 28.8.1922; 22.7.1935 Scheidung der Eltern in Darmstadt

Mutter Bella Joseph 3.7.1893 in Griesheim; ✡ vor 1945 in Raasikou, Reval

Bruder Ludwig und Ruth Weil 1946

Bruder Ludwig Libmann *3.1.1925 in Darmstadt; ✡ 10.9.2007 in Arlington

Beruf Haushälterin

Adressen Darmstadt; Frankfurt; Neuendorf

Heirat November 1946 in Hafetz Haim Erich Uri Shraga Weil *20.11.1912 in Frankfurt; ✡19.10.2000 in Hafetz Haim

Kinder

Uri Yafa, Ruth und Meir Weil

Meir Weil; oo Tal

Yafa Weil; oo Finkelstein

Weiterer Lebensweg

1934/35 der Großvater, der sich viel um sie kümmerte, stirbt; die Familie verliert das Haus

22.7.1935 Scheidung der Eltern in Darmstadt

1936 Umzug mit der Familie Löcher und Bruder nach Frankfurt; Schlulabschluss auf der jüdischen Schule; anschließend Besuch der Hauswirtschaftsschule

Arbeit als Haushälterin in einer jüdischen Familie, bis diese nach Palästina emigriert

1939-1940 Arbeit im jüdischen Altenheim in Frankfurt

17.5.1939 Ruth, Bruder Ludwig und Mutter Bella jeweils in getrennter Wohnung in Frankfurt bei Minderheiten-Volkszählung

17.5.1939 Vater Max ohne Familie in Recklinghausen bei Familie Friedenberg, Hubertusstraße bei Minderheitenzählung

1940 zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf; Ruth erwähnt Madrich Josef Schwarz (*21.5.1921 in Nürnberg; ✡in Auschwitz)

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung der noch bestehenden in „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager“;

Juli -September 1941 Neuendorf wird zum Sammellager der umliegenden aufgelösten Hachscharalager

Verlegung in das Jüdische Forsteinsatzlager Kersdorf Briesen

24.-26.9.1942 Mutter aus Frankfurt nach Raasikou, Reval

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

April 1943 Aus Kersdorf nach Frankfurt/Oder, zurück nach Neuendorf;

10.4.1943 von Neuendorf mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager Große Hamburger Straße (ehemalige Jüdische Oberschule)

19.4.1943 auf dem 37. Osttransport als Teil der Fabrikaktion, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde.

Esther Bejarano erinnert sich:

„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“

Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diesen mehrere Tage dauernden Horrortrip in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Günther Bär, Schoschana Rosenthal, Margot Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald Theo Lehmann und noch viele andere.

20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:

„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.

Ruth Liebmann bekommt die Nr. 41955 in den linken Unterarm tätowiert;

Unterbringung im Block I Frauenlager

Esther und Miriam Edel und andere Frauen aus der Gruppe kommen in ein Straßenbau-Kommando, müssen Straßen pflastern.

Nach vier Wochen kommt die Hälfte der Neuendorferinnen zur Arbeit in die außerhalb des Lagers gelegene SS-Kommandantur in Auschwitz II. Jutta Pelz später Bergt schreibt dazu:

„Wir hatten in Auschwitz vergleichsweise Glück gehabt. Schon nach vier Wochen im Frauenlager Birkenau bekamen wir ein einigermaßen erträgliches Kommando im Stabsgebäude in der SS-Wäscherei…. Für Auschwitzer Verhältnisse war diese Kommando das reinste Sanatorium.“

Sommer 1943 bis Januar 1945 als Büglerin in der Wäscherei  im Keller der SS Kommandantur in Auschwitz II

15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner  30 km aus dem Osten

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca 60 000 Häftlinge;

18.1.1945 Beginn des Todesmarsches mit 400 Frauen von Auschwitz- Birkenau nach Loslau. Die erste Übernachtung in einer Scheune mit Stroh.

Auschwitz-Überlebende berichten von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:

Zofia Posmysz:

„Der letzte Tag in Auschwitz war der 18. Januar. Nach drei Tagen und drei Nächten zu Fuß wurden wir in offenen Güterwagen nach Ravensbrück gebracht.“

Asher Aud:

„Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen.“

Sigmund Kalinski:

„Wer nicht konnte oder wer zur Seite war, wurde erschossen, bei ungefähr 15 bis 20 Grad minus in unseren Kleidern.“

Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

19. – 23.1.1945 Ankunft in den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz und Loslau. Von Gleiwitz oder Loslau in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück

Isidor Philipp berichtet:

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

21./22.1. 1945 Ankunft in Loslau

22.1.-27.1.1945 Ruth auf Transport in offenen Kohlewaggons über KL Groß-Rosen und KL Sachsenhausen (jeweils wegen Überfüllung abgewiesen) bis ins KL Ravensbrück; dort zunächst ins „Jugendlager“,

Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.

Einen Monat lang in Ravensbrück

Todesmarsch von Ravensbrück in das Ravensbrück -Außenlager Neustadt-Glewe; dieses bestand von September 1944 bis 2.5.1945. Es befand sich an der Ostseite des Flugplatzes unweit eines Fliegerhorstes an der Fliegerchaussee und der NS-Fliegerschule. In der Fabrik der Norddeutschen Dornier-Werke wurden Teile des Jagdflugzeuges FW 190 gebaut und montiert: Ursprünglich für 300 Zwangsarbeiterinnen geplant; wurden infolge der großen Evakuierungstransport bis zu 5000 weibliche Häftlinge hierher deportiert.

1.5.1945 Befreiung durch die Rote Armee

1945 DP-Camp in Schwerin

Über Brüssel, Lille, Paris nach Marseille

August 1945 auf der RMS MATAROA von Marseille nach Haifa zusammen mit 173 Jewish überlebenden Kindern und Jugendlichen, die bereits zur Aufnahme bereite Familienangehörige in Palästina hatten, organisiert von der OSE (Œuvre de secours aux enfants)

8.8.1945 Ankunft der RMS MATAROA in Haifa

Viele Passagiere waren mit gefälschten duplizierten Zertifikaten ausgestattet. Deshalb bei Ankunft in Haifa ins britische Internierungscamp Atlith zusammen mit Esther Loewy (Bejarano)

15.8.1945 Entlassung aus Atlith

Sie geht in den Kibbuz Chafetz Haim bei Aschdod

2.2.2001 Tod in Hafetz Haim

1955 zu Besuch Bruder USA

Biographie von Bruder Ludwig Libmann

Neuendorf; Auschwitz; Sachsenhausen; Flossenbürg

Schicksal des Vaters ausführlich in seiner Biografie Max Libman

24.1.1942 Deportation aus Recklinghausen nach Riga

18.1.1945 Tod in Kaufering

Gedenken

22.7.1956 Pages of Testimony für Max und Bella Libmann von Tochter Ruth Weil

21.3.2016 Page of Testimony für Max Libman von Gunhild Menges aus Griesheim

Grabstein für Ruth Weil auf dem Friedhof Chafetz Haim bei Aschdod

Ruth Libmann irrtümlich im Bundesgedenkbuch als verstorbenes Opfer gelistet

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

http://www.maapilim.org.il/notebook_ext.asp?book=55706&lang=ENG&site=maapilim&param=%3Ccur_lang%3EENG%3C/%3E

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de915254

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1106801

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de915322

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420127_Muenster23.jpg

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT420924-6.jpg

https://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot37.html

Ruth Liebmann Weil Interview am 7.7.1998 mit Mecham Avisar; Yad Vashem

Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11245105

Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989

Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen

https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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