Erwin Ruben
*13.10.1913 in Velbert; ✡ 11.5.1943 verunglückt in Palästina;
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Rudolf Ruben *31.12.1879 in Sülm, Bitburg; ✡ nach 22.4.1942 in Izbica
Mutter Lilly Salomon *22.4.1886 in Velbert; ✡ nach 22.4.1942 in Izbica
Geschwister
Ellen Ruben *31.10.1919 in Velbert; ✡ 23.9.1993 in Kfar Hamakkabi; oo Funk
Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant
Adressen Velbert, Friedrichstraße 1977; Essen, Moorenstraße 19
Heirat 11.11.1938 in Hadera mit Ruth Meyberg *3.8.1914 in Hamm, ✡1978;
Kind Nican Ruben *25.8.1940
Die Hachschara Bewegung
In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.
Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.
Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).
So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.
Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1000 Palästina Pfund mitbringen mussten. Etwa 32 % der Einwanderer waren Arbeiter der Kategorie C.
Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.
Hof Stern in Westerbeck
Der erste Hachschara-Hof in Westfalen entstand in der Gemeinde Westerkappeln. Die Umschulungs- und Einsatzlager des RVJD in Bielefeld und Paderborn folgten erst später und bestanden von 1939 bis 1943. Die Brüder Leo (1900-1938) und Rudolf Stern (1898-1957) aus Osterkappeln hatten den Hof Elstroth, Westerbeck mit der Hausnummer 74 in der Gemeinde Westerkappeln mit 20 Hektar Land Ende 1932 bei einer Zwangsversteigerung erworben. In den Jahren 1933 bis 1938 verpachteten sie den Großteil ihres Hofes Stern an den jüdischen Pfadfinderbund „Makkabi Hazair“, der hier eine landwirtschaftliche Ausbildung für die mittlere (14-17 Jahre) und die reguläre Hachschara(>17 Jahre) anbot.
Januar 1934 Beginn der Hachschara; die ersten Chawerim heißen Henry Cohen (Altkarbe), Edgar Adamski (Leipzig) und Markus Lichter (Chemnitz)
1934-1938 arbeiteten und lernten hier 97 „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) 31 Mädchen und 66 Jungen, im Mittel 19 Jahre alt. Manche blieben nur wenige Tage, andere bis zu eineinhalb Jahren zwei allerdings sogar zweieinhalb Jahre
1937 in Westerbeck auf dem Hof Stern 27 Bewohner gemeldet
Von Juni 1936 bis zum Februar 1938 verließen viele Jugendliche den Hof, zumeist in ihre Heimatorte, 18.2.1938 18 Personen abgemeldet aus Westerbeck. Dieser Exodus markiert wohl das Ende der strukturierten Hachschara-Ausbildung.
März -August 1938 nur noch fünf Chaluzim auf dem Hof gemeldet.
Die Leitung des Hofes lag zuletzt (Mai-November 1938) bei dem aus Syke bei Bremen stammenden Ehepaar Dora und Siegfried Löwenstein, die mit ihrer Tochter Grete auf dem Hof lebten.
9./10. November 1938 in der Pogromnacht überfiel ein SA-Trupp den Hof. Das Verwalterehepaar Löwenstein wurde brutal misshandelt, das Mobiliar wurde zerstört, Fensterscheiben wurden zerschlagen. Vier junge Männer lebten zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof Stern: Fritz Goldschmidt, Schwiegersohn des Verwalterehepaares Löwenstein, Julius Weinberg, Hans Bensew, Rudi Frank, werden mit Verwalter Siegfried Löwenstein festgenommen und in Westerkappeln inhaftiert. Während Löwenstein nach einer Woche auf den Hof zurückkehren konnte, wurden die vier anschließend für einige Wochen ins KZ Buchenwald verschleppt. Nur Rudi Frank kann später nach Santo Domingo flüchten.
3.12.1938 Zwangsverkauf des Hofes an den Landwirt Heinrich Pöppelwerth aus Haustenbeck/Lippe
Weiterer Lebensweg
16.5.1934 Passausstellung in Essen
Erwin Ruben zur Hachschara auf den Hof Westerbeck/Stern,Hachscharalager des jüdischen Pfadfinderbundes „Makkabi Hazair“ auf Gut Westerbeck in Westerkappeln
1935 Umzug der Familie nach Essen
3.9.1936 Ankunft von Erwin in Haifa, Palästina mit Hechaluz-Arbeiter Zertifikat C/ L.S
Schwester Ellen zur Hachschara ins Landwerk Ahrensdorf, Pfadfinderbund Makkabi HaZair
17.5.1937 Ruth Meyberg mit Studenten-Zertifikat B III nach Haifa
1939 Ellen auf Alija nach Palästina; Kibbuz Hamaccabi
6.6.1940 Einbürgerung in Palästina
1941 mit der Familie im Kwuza Mazuba
22.4.1942 Eltern auf Transport von Essen über Düsseldorf nach Izbica
11.5.1943 Erwin Ruben verunglückt in Palästina
Gedenken
25.5.1955 Pages of Testimony für die Eltern von Schwester Ellen Funk
Grabstein für Ellen Funk auf dem Ramat Yokhanan Kfar Hamaccabi Usha Cemetery,
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de956123
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de956140
Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Peter W. Lande, Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History
https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen
Herbert Fiedler, Eine Geschichte der Hachschara; Verein Internationale Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf e.V
Herbert und Ruth Fiedler, Hachschara, Hentrich & Hentrich 2004
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_anfang.html
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Urs Faes, Ein Sommer in Brandenburg, Suhrkamp 2015
https://objekte.jmberlin.de/person/jmb-pers-12574/Herbert+Sonnenfeld?se=Suche&qps=q%3DSonnenfeld