Siegfried Simon Schuss
*12.9.1921 in Karlsruhe; ✡ 7.9.2011 in Malmö
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Kalmann Schuss *15.5.1874 in Ostrowy; ✡ 14.11.1939 in Leipzig
Standesamtliche Trauung April 1930 in Karlsruhe
Mutter Rifka Lina Kranz *25.4.1896 in Pczelenku; ✡ Belzec vor 1945

Geschwister
Simon Schuss *1909 Miliec bei Tarnov; ✡10.1. 1922 im Städtischen Krankenhaus in Karlsruhe
Max Schuss *1918 in Stuttgart
Bernhard-Babel Schuss *24.10.1919 in Stuttgart;

Anna Helene Schuss *25.9.1927 in Karlsruhe; ✡ Belzec vor 1945
Beruf landwirtschaftlicher Praktikant; Gärtnermeister
Adressen Karlsruhe, Schützenstr. 58, Adlerstraße 35; Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow;
Heirat –
Kinder –
Weiterer Lebensweg
1932 Umzug der Familie von der Schützenstr. 58 in die Adlerstraße 35
Bruder Max 1935 nach Palästina
Erste Polenaktion
28.10.1938 Vater Kalman verhaftet und nach Zbaszyn abgeschoben; Siegfried sollte auch verhaftet werden, kann sich aber der Abschiebung entziehen
17.5.1939 Siegfried Schuss in Steckelsdorf bei Minderheiten-Volkszählung
17.5.1939 Siegfried ebenfalls registriert in Karlsruhe, Adlerstraße 35 bei Minderheiten-Volkszählung mit beiden Eltern und den Geschwistern Bernhard und Anna Schuss
17.5.1939 Schwester Anna Schuss ebenfalls registriert in Bad Dürrheim
Bruder Bernhard flüchtet nach Italien
August 1939 Rückkehr des Vaters aus Zbaszyn nach Karlsruhe
Umzug der Eltern nach Leipzig
1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen
September 1939 beide Eltern mit Schwester Anna nach Leipzig
14.11.1939 Tod des Vaters in Leipzig an Entkräftung
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
Siegfried Schuss zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘; Träger war zuletzt die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
Lagerleiter/Madrichim waren Sigmar Bromberger, Manfred und Schoschana Litten, Dr. Benjamin Abrahamson, Herbert Schönewald, Werner Hoffbauer, Friedrich Löwenthal, ab 1941 Kurt Silberpfennig
Madrichim 1939/40 Chaim Grosz, Joachim Lippmann und Richard Heymann
10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger wie Betriebsleiter Werner Hoffbauer, Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.
21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald
1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD
1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen
Siegfried Schuss mit einer Gruppe Steckelsdorfer zur Einzelhachschara nach Dänemark
Ausnahmezustand in Dänemark 1943
9.4.1940 Einmarsch der Deutschen in Dänemark; Dänemark bleibt in Teilen autonom bis zum Oktober 1943

5. 11.1940 Siegfried Schuss erfasst bei der Volkszählung in Tikøb, Lynge Kronborg, Frederiksborg; zusammen mit Oskar Tisser als Mieter, Irma Klonower (später Tisser), Otto Reiter, Martin Leopold, Moritz Isaak, Bruno Schmitz; zuvor wohnten hier auch Ludwig Strauss, Nathan Königshöfer und Ernst Samosch; zumeist Bachad- Mitglieder
letzte Wohnadresse in Dänemark Hovedgade 22, Hörsholm
29.8.1943 Die deutschen Besatzer verkünden den „Ausnahmezustand“ wegen zunehmender Widerstandaktionen
17.9.1943 Adolf Hitler befiehlt die Endlösung in Dänemark
September 1943 Anordnung von Werner Best, SS-Obergruppenführer und Generalbevollmächtigter für Dänemark
„Die Festnahme der zu evakuierenden Juden erfolgt in der Nacht vom 1. zum 2.10.43. Der Abtransport wird von Seeland zu Schiff (ab Kopenhagen), von Fünen und Jütland mit der Bahn Sonderzug durchgeführt“.
28.9.1943 der deutsche Diplomat Georg Ferdinand Duckwitz verrät die geplante Deportation bei einem Treffen mit dänischen Sozialdemokraten.
Oktober 1943 7700 Juden können sich mit Hilfe der dänischen Bevölkerung in einer Massenflucht über den Øresund (Ostsee) nach Schweden retten.

2.10.1943 20:00 Siegfried Schuss auf einem dänischen Fischerboot ab Kastrup in Dänemark
2.10.1943 23:00 Uhr Ankunft in Malmö / Limhamn in Schweden
Bruno Schmitz ist auf der Überfahrt ertrunken.
Die aus Dänemark geflüchteten Chaluzim wurden zumeist auf dem Jugendalija-Hof in Hälsinggården in der Nähe der Stadt Falun untergebracht.
7.9.2011 Tod von Siegfried Schuss in Malmö
Deportation ins Ghetto Belzec
10.5.1942 Deportation der Mutter und Schwester Anna ab Leipzig ins Ghetto Belzec
Oktober 1943 Auflösung des Ghetto Belzice, die Bewohner wurden in den in der Nähe liegenden Vernichtungslagern Majdanek oder Sobibor durch Gas ermordet
Gedenken
9.9.2011 Beisetzung auf dem Ostra Kyrkogarden, Malmö
Quellen
https://gedenkbuch.karlsruhe.de/namen/3634
Volkszählung in Dänemark von 1940
https://safe-haven.dk/fileadmin/user_upload/Uppgift_Schuss__Siegfried.pdf
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.mappingthelives.org
https://www.mappingthelives.org/bio/ca013364-c890-4bc8-84a2-cc82535a69f2
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra Ben Gershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Joel König (Ezra Ben Gershom), Den Netzen entronnen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1967
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020