*21.3.1917 in Hamburg; ✡ 1992 in Israel
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Benjamin Perlmann *16.10.1876 in Perleburg; ✡ 31.7.1942 in Auschwitz

Mutter Else van Son *2.3.1880 in Hamburg; ✡ 31.7.1942 in Auschwitz
Geschwister
Helmuth Perlmann *15.3.1907 in Hamburg; ✡Sept 1982 in New York; oo Edith Sander
Hilde Perlmann *7.9.1908 in Hamburg; ✡Jan. 2005; oo Max Bertenthal/BarTal
Beruf landwirtschaftlicher Praktikant; Madrich
Adressen Hamburg Bogenstraße 15, Grindelallee 44, Brahmsallee 12; Mannheim; Nürnberg; Bomsdorf; Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow;
Heirat 1943 Elisheva Singer *1923; ✡1.7.2003
Kinder vier
Weiterer Lebensweg
Die Geschwister sind im Bachad, der Jugendorganisation des religiösen, orthodox-zionistischen Misrachi aktiv
1931 Schwester Hilde emigriert in einen Misrachi-Kibbuz nach Palästina
1933 Mutter Else besucht Tochter und Schwiegersohn in Palästina
1936 Umzug von der Grindelallee 44 in die Brahmsallee 12.
Michael Perlmann in der Jeschiwa in Mannheim
Orthodox-zionistische Hachschara des Bachad auf Gut Bomsdorf
1938 Michael Perlmann als Madrich auf Gut Bomsdorf im Kreis Bitterfeld, eines von drei Lagern (Bomsdorf, Gehringshof, Steckelsdorf) in Trägerschaft des Bachad, 1928 gegründete Jugendorganisation des orthodox-jüdischen Misrachi; das hebräische Akronym בָּחָ״ד BaChaD steht für Brit Chaluzim Datiim, deutsch ‚Bund religiöser Pioniere‘;
1.8.1938 35 Auszubildende auf dem Hof in Bomsdorf laut Albert J. Phiebig, der als Statistiker für die Reichsvertretung der Deutschen Juden arbeitete.
28.10.1938 Erste Polenaktion, Nathan Stiebel, insgesamt acht Chawerim mit jüdischem Pass werden verhaftet und nach Zbaszyn deportiert
In der Nacht vom 9. auf den 10.November wurde das Lager von einem SA-Trupp aus Dessau gestürmt. Zwei Bewohner werden erschossen: der 16-jährige Chawer Herbert Stein aus Lauterbach und der namentlich nicht bekannte Lagerleiter. Herbert Stein soll erschossen worden sein, weil er auf eine Frage des Mörders nicht schnell genug antwortete.
Die über 18-jährigen Männer wie Madrich Perlmann, Eugen Hecht, aber auch der noch 17-jährige Arnold Berman werden in das KL Sachsenhausen verschleppt.
Der Hof wird verwüstet und von den Nazis geplündert.
Sofie Löwenstein berichtet:
„Bereits in der Reichspogromnacht brachen die Nazis in das Lagergelände ein, steckten die Jugendlichen in der Kälte des Novembers in Nachtkleidung auf den Hof und ermordeten zwei Jungen. Sie wurden heimlich auf dem christlichen Friedhof in der Stadt Gräfenhainichen bestattet, und die Lage der Gräber wurde erst vor kurzem bekannt. Die Nazis verschleierten die ganze Angelegenheit, indem sie ihnen verboten, das Ausbildungsprogramm für ein paar Tage zu verlassen, ihnen ausdrücklich verboten, über das Thema zu sprechen, und die Pioniere einschüchterten.„
Michael Perlmann als über 17-Jähriger verhaftet, dann für kurze Zeit als „Aktionsjude“ in „Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen; dort trifft er auf seinen Bruder Helmut
Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau
Michael Perlmann zur Hachschara in das jüdische Umschulungslager Landwerk Steckelsdorf-Ausbau bei Rathenow im Landkreis Jerichow II; Träger ist der BACHAD, zuletzt aber die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland RVJD. Das Anwesen gehörte als Jagdvilla einem Berliner Industriellen, der es einschließlich der dazugehörigen Gärtnerei 1936/37 seiner Jüdischen Gemeinde zur Einrichtung eines Erholungsheims schenkte.
Lagerleiter waren
Sigmar Bromberger, Manfred und Schoschana Litten, Dr. Benjamin Abrahamson, Herbert Schönewald, Werner Hoffbauer, Friedrich Löwenthal, ab 1941 Kurt Silberpfennig
Madrichim 1939/40 Chaim Grosz, Joachim Lippmann und Richard Heymann
10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger wie Betriebsleiter Werner Hoffbauer, Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.
21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald
1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD
Auswanderungsantrag
16. 1.1939 stellte er den förmlichen Antrag auf Ausreise. Die erforderliche Ausstattung im Wert von 69 Reichsmark (RM) erhielt er von der Jüdischen Gemeinde: 1 Paar Schuhe, 3 Polohemden, 1 Trainingsanzug, 1 Arbeitshose, 3 Garnituren Unterwäsche. Die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten erließ ihm die Auswanderungsabgabe von 75 RM.
Sommer 1939 Alija nach Palästina; er wird in einen religiösen Kibbuz des Misrachi aufgenommen. Durch Vermittlung des Hamburgers Baruch Zwi Ophir erhielt er bald eine Arbeit.
Später ist Michael Perlmann an einer Landwirtschaftsschule in Jaffa beschäftigt
Deportation der Eltern nach Auschwitz

11.7.1942 Eltern ab Hamburg über Bielefeld, Berlin nach Auschwitz
Gedenken
Stolpersteine für die Eltern in Hamburg Brahmsallee 12
Quellen
https://www.stolpersteine-hamburg.de/?MAIN_ID=7&BIO_ID=1800
Hubertus Fischer, Bomsdorf und der Bachad: Rekonstruktion einer religiös-zionisten Hachschara; Mitteldeutscher Verlag 2019
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.mappingthelives.org
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch
Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
Ina Lorenz, Editorin, Verfolgung und Gottvertrauen, Dölling und Galitz, 1998
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf
Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]
Ezra Ben Gershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989
Joel König (Ezra Ben Gershom), Den Netzen entronnen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1967
Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328
Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988
Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020