Kempe Ludwig

Ludwig Eliezer Kempe

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Erich Isaak Kempe *9.10.1896 in Berlin; ✡ 13.8.1942 in Auschwitz

Mutter Betty Plaut *19.11.1894 in Ottrau, Ziegenhain ; ✡ 13.8.1942 in Auschwitz

Geschwister keine

Beruf landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Ladenburg; Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow;

Heirat Zipora Goldschmied aus Würzburg

Kinder acht Kinder, 71 Enkel und 60 Urenkel (Stand 2007)

Weiterer Lebensweg

30.1.1933 Hindenburg ernennt Hitler zum Reichskanzler Ludwig Kempe erinnert sich:

„Ich war zwar 10 Jahre alt damals, zu diesem Regime sind wir gewachsen. Das Leben wurde nach und nach schwerer,“… „auch in der Notzeit lebte man weiter, wenn man ein Optimist ist, und das waren wir, hofften immer, es wird schon mal besser werden. Wir feierten unsere Feste so gut wir konnten, sogar auch nach dem 9.November 1938.“

Über Hitler wurden auch Witze gerissen:

“Man redete über diesen Bösewicht, wie er eben war. Man hat sogar Witze über ihn gemacht. Es war ja nicht der erste, welcher das jüdische Volk vernichten wollte, das lernten wir aus der jüdischen Geschichte.“

9./10.11.1938 „ Reichskristallnacht“ in Ladenburg; Vater und Onkel werden verhaftet, die Nationalsozialisten sammelten am späteren Abend alle männlichen jüdischen Ladenburger im Rathaus, sortierten die Alten und Jungen aus, und brachten die restlichen Männer mit einem Lastauto ins KZ Dachau.

Ludwig Kempe: „Diesen Tag in allen Einzelheiten, werde ich nie vergessen.“

11.11.-5.12.1938 Vater als Aktionsjude im KL Dachau

17.5.1939 Ludwig Kempe in Hamburg Harvestehude bei Minderheiten-Volkszählung, vermutlich in einem Hachschara-Zentrum

17.5.1939 Die Eltern Kempe in Ladenburg bei Minderheiten-Volkszählung

Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau

Lagerleiter/Madrichim waren Sigmar Bromberger, Manfred und Schoschana Litten, Dr. Benjamin Abrahamson, Herbert Schönewald, Werner Hoffbauer, Friedrich Löwenthal, ab 1941 Kurt Silberpfennig

Madrichim 1939/40 Chaim Grosz, Joachim Lippmann und Richard Heymann

10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger wie Betriebsleiter Werner Hoffbauer, Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.

21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald

1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD

1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen

Wagner-Bürckel-Aktion

22.10.1940 die Eltern mit 116 Juden aus Mannheim, insgesamt 5600 Juden aus Baden, sowie 900 Juden aus der Pfalz und dem Saarland nach Gurs deportiert

10.8.1942 Deportation der Eltern aus dem Sammellager Drancy nach Auschwitz

Alija Beth – Sonderhachschara VII – der Paraguay-Transport

März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.

Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim

10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN

10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;

Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.

Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen

31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet

3.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden

4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)

23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa

25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 Ma’apilim (illegale Immigranten) auf das Schiff gebracht.

Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:

“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)

25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.

26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;

Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.

1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können

September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith

12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.

Ludwig Kempe geht in den Kibbuz „Beersth-Ischak“

Gedenken

1990 Ludwig Kempe besucht auf Einladung der Stadt seine Heimat:

“Meinen Heimatort liebte ich sehr mit all seinen Gassen und Feldwegen, wo ich schöne und unbesorgte Kinderjahre verbrachte, hatte immer ein kleines Heimweh im Herzen und plötzlich, im 1990, bekamen wir die Einladung der Stadt. War damals sehr gerührt und die Tage waren ein großes Lebensereignis für mich. Damit ist das Heimweh erloschen. Kenne ja keinen mehr von dort und auch Ladenburg hat sein Gesicht verändert. Kein Pferd oder keine Kuh ist dort noch zu sehen. Bin auch keine 18 Jahre mehr oder 38. In Gedanken bin ich noch oft dort.“

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.mappingthelives.org

https://yvng.yadvashem.org/ad

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de897453

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de897472

Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/projekte/schueler-machen-mut/juden-ladenburg

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf

Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]

Ezra Ben Gershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989

Joel König (Ezra Ben Gershom), Den Netzen entronnen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1967

Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328

Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988

Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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