Lichtenauer Herbert

Herbert Lichtenauer / Naor

*3.10.1920 in Gerolzhofen; ✡ 13.8.1998 USA

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Louis Leopold Lichtenauer (*15.4.1878?); ✡ ?

Mutter Selma Levi *1.9.1893 in Münsingen; ✡ nach 1941 in Riga

Großmutter Theodolinda Levi geb. Löwenthal *12.4.1863; ✡ 26.9.1942 in Treblinka

Geschwister

Walter Lichtenauer *8.11.1924 in Gerolzhofen; ✡ 14.9.2006 USA

Beruf landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Gerolzhofen; Buttenhausen, Am Heidelgarten 2; Steckelsdorf bei Rathenow im Landkreis Jerichow;

Heirat

Kinder

Weiterer Lebensweg

Nach dem Tod des Vaters Umzug der Familie zur Großmutter Theodolinda Levi

17.5.1939 Herbert Lichtenauer mit Mutter Selma und Bruder Walter in Buttenhausen bei Minderheiten-Volkszählung

19.12.1939 Ankunft in Haifa von Bruder Walter mit der Jugendalija, Studentenzertifikat B(III)

Das jüdische Umschulungslager Steckelsdorf-Ausbau

Lagerleiter/Madrichim waren Sigmar Bromberger, Manfred und Schoschana Litten, Dr. Benjamin Abrahamson, Herbert Schönewald, Werner Hoffbauer, Friedrich Löwenthal, ab 1941 Kurt Silberpfennig

Madrichim 1939/40 Chaim Grosz, Joachim Lippmann und Richard Heymann

10.11.1938 Novemberpogrom in Steckelsdorf, am Abend wurde das Landwerk gestürmt und verwüstet. Alle männlichen Funktionsträger wie Betriebsleiter Werner Hoffbauer, Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald verhaftet ins Polizeigefängnis Magdeburg und später als „Schutzhäftlinge“ nach Buchenwald gebracht.

21.11.1938 Entlassung der Steckelsdorf Madrichim Simon Berlinger, Adolf Frohmann, Friedrich Löwenthal und Herbert Schönewald aus dem KL Buchenwald

1939 Instandsetzung und Übernahme von Steckelsdorf durch die RVJD

1.9.1939 Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen

Alija Beth – Sonderhachschara VII – der Paraguay-Transport

März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.

Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim

10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN

10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;

Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.

Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen

31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet

3.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden

4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)

zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen

23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa

25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 Ma’apilim (illegale Immigranten) auf das Schiff gebracht.

Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:

“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)

25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.

26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;

Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.

1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können

September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith

12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.

Die Deportation Stuttgart-Riga

November 1941 Deportationsbescheid für die Mutter

18. 11.1941 Witwe Selma Lichtenauer geborene Levi, aus Buttenhausen, Heidelgarten 2 (wo sie bei ihrer Mutter Theodolinda Levi, lebte), schreibt einen letzten Briefe: „Meine Geliebten alle!“

26.11.1941 Beginn der Internierung in den Ausstellungshallen auf dem Killesberg Stuttgart; Mutter Selma  mit 26 Juden aus Buttenhausen verbracht nach Stuttgart

1.12.1941 Transport von Mutter Selma vom Inneren Nordbahnhof Stuttgart nach Riga

4.12.1941 Ankunft von 1013 Juden, Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Lager Jungfernhof

13.12.1941 200 (-500) junge Männer aus dem Jungfernhof zum Aufbau nach Salaspils

Ende März bleiben nur 450 kräftige Arbeiter im Jungfernhof zurück; die übrigen werden ins Ghetto Riga eingewiesen.

Tod der Mutter in Riga

22.8.1942 Großmutter Theodolinda Levi nach Theresienstadt und am 23.9.1942 weiter nach Treblinka deportiert

Gedenken

Beisetzung auf dem Chevra Ahavas Chesed Cemetery, Randallstown, Maryland

14.2.1957 Page of Testimony für die Mutter Selma von Tante Frieda Schwarz

2020 Stolpersteine für die Selma, Herbert und Walter Lichtenauer und Großmutter Linda in Buttenhausen, Am Heidelgarten 2

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de915600

https://www.mappingthelives.org

https://yvng.yadvashem.org/ad

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch

Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13.pdf

Bettina L. Götze, Landwerk Steckelsdorf-Ausbau, in: Hachschara als Erinnerungsort.

https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/13> [24.03.2024]

Ezra Ben Gershôm David. Aufzeichnungen eines Überlebenden, Evangelische Verlagsanstalt 1989

Joel König (Ezra Ben Gershom), Den Netzen entronnen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1967

Bettina Götze, Rathenow, in: Irene Annemarie Diekmann (Hrsg.), Jüdisches Brandenburg. Verlag für Berlin-Brandenburg 2008. S. 304–328

Jizchak Schwersenz: Die versteckte Gruppe. Ein jüdischer Lehrer erinnert sich an Deutschland. Berlin: Wichern Verlag 1988

Michael Wermke: Ein letztes Treffen im August 1941. Kurt Silberpfennig und die Praxis religiös-zionistischer Pädagogik, Jüdische Bildungsgeschichte in Deutschland. Münster: Waxmann 2020

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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