Karoline Karla Edith Landsberg
*5.12.1919 in Hersfeld; ✡ 16.12.1960 in Jerusalem
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Isidor Landsberg *4.2.1881 in Lübeck; ✡14.2.1923 in Hersfeld
Mutter Hinderine Rini van der Walde *13.2.1899 in Emden; ✡1942/43
Onkel Israel Mindus *25.3.1890 in Ihrhove; ✡18.8.1942 in Riga
Tante Henriette Hendel van der Walde *11.6.1892 in Emden; ✡18.8.1942 in Riga
Cousin Albert Mindus *4.7.1923 in Emden; ✡ 25.11.1940 im Hafen von Haifa
Geschwister
Bringfried Tzadok Landsberg *16.5.1915; ✡Jan. 1960
Hermann Naftali Landsberg *20.11.1920 ; ✡28.4.1998 in Kfar Saba
Simon Landsberg *3.3.1922 in Hersfeld; ✡ 6.5.2001 in Hefetz Haim; oo Kanarek
Jakob Landsberg *3.3.1922 in Hersfeld; ✡12.10.1941 in Zasavica
Isidor Landsberg *23.10.1923 in Hersfeld; ✡6.8.2002 in Haifa
Beruf –
Adressen Hersfeld, Vogelsang 7
Heirat Zeev Rebhun Rabon
Kinder zwei
Weiterer Lebensweg
Vater Isidor als Lehrer der einklassigen Jüdischen Schule in Hersfeld eingestellt
14.2.1923 Tod des Vaters in Hersfeld (an den Folgen einer Kriegsverletzung?)
Ostern 1926 Einschulung in der jüdischen Volksschule Hersfeld
1930 auf das Hersfelder Gymnasium, das sie 1934 mit ihren Geschwistern verlassen muss
1935 Alija von Bruder Bringfried Moshe auf der SS PATRIA (!) nach Palästina
1936 gehen die Zwillingsbrüder auf die „Breuer-Jeschiwa“ in Frankfurt; die Mutter zieht daraufhin auch nach Frankfurt in die Uhlandstraße 58 um
1937/38 Simon mit seinem Zwillingsbruder Jakob in der Lehrwerkstatt der orthodoxen Jugendbewegung („Noar Agudati“) in Darmstadt
1938 Simon geht mit Schwester Karla zur Hachschara in das Landwerk Neuendorf
November 1939 Bruder Jakob folgt den Geschwistern zur Hachschara nach Neuendorf
19.11.1939 Bruder Jakob bereits mit der Bahn von Berlin nach Wien (Kladovo-Transport)
17.5.1939 Mutter Hinderine Landsberg mit Bruder Hermann bei Aron van der Walde einem Verwandten in Emden, Schoonhovenstraße 14 bei Minderheiten-Volkszählung
Das Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge in Frankfurt
1936 Bruder Isidor ins israelitische Waisenhaus am Röderbergweg 87 in Frankfurt
19.-25.4.1939 Bruder Isidor auf dem italienischen Dampfer GALILEA mit 34 Jungen auf dem großen Kindertransport aus dem Jüdischen Waisenhaus ab Triest nach Haifa; von dort kamen sie in das nahegelegene Jugenddorf Kfar Hanoar
1940 Cousine Gerda Mindus aus Emden in das Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge in Frankfurt, Röderbergweg 87; Seligmann Hirschberg, Ehemann der Leiterin Goldine Hirschberg und langjähriger Leiter der jüdischen Schule in Emden nennt noch fünf weitere Cousins aus Emden, die 1940 aufgenommen wurden: Bernard Simcha und Rafael Hirsch von der Walde; Hannah-Ruth, Therese und Meinhard Gossels
Der Kladovo-Transport- Sonderhachschara 5
Bruder Jakob auf der vom Hechaluz Österreich organisierten Alija beth, Sonderhachschara SH-5 mit dem Plan über die Donauroute, Schwarzes Meer, Mittelmeer letztlich Palästina illegal zu erreichen.
19.11.1939 mit etwa 15 Chaluzim aus Ahrendorf zunächst von Trebbin mit der Bahn nach Berlin: Martin Hirsch, Madrich in Ahrensdorf, begleitet die Chaluzim und war einer der Leiter der Sonderhachschara 5.
21.11.1939 von Berlin Bahnfahrt nach Wien.
24./25.11.1939 mit 822 von Wien nach Bratislava; dort kamen weitere 130 aus Berlin, 50 aus Danzig, 100 aus Prag
Anfang Dezember auf die SS URANUS zunächst nach Gyor; dann wieder zurück nach Bratislava
12.12. 1939 weiter nach Bezdan
14./15.12.1939 in Budapest auf drei jugoslawischen Schiffen SS Kraljica Marija, Car Dusan and Car Nikola zur jugoslawisch-rumänischen Grenze. Die Rumänen verweigern die Einreise
18.12.-30. 12.1939 in Prahovo
31.12.1939 die Schiffe liegen im Winterliegeplatz in Kladovo, die Flüchtlinge bleiben an Bord
Januar 1940 ein umgebauter Schleppkahn wird angehängt, um mehr Platz zu haben
Mai 1940 die Schiffe fahren ab, die Flüchtlinge suchen bei Bauern Unterkunft
18.8.1940 Ausstellung eines Pass für Netty in Kladovo
19. 9.1940 die Flüchtlinge werden auf dem Kahn nach Sabac geschleppt
Unterbringung in Sabac in einer alten Mühle und einem Getreidespeicher
März 1941 in Kladovo treffen 140 Studentenzertifikate von der WIZO für weibliche Jugendliche unter 18 Jahren ein (BIII Studentenzertifikate mit der Verpflichtung die Ausbildung fortzusetzen)
März 1941 verlassen einzelne Familien, 200 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren Sabac mit legalen Visa, so auch Ursel Marcuse, Netty Lychenheim und Irmgard Höchster -letztere kurz vor ihrem 18. Geburtstag; über Griechenland, Istanbul, das syrische Aleppo und Beirut
30.3.1941 Ankunft in Haifa; 4 Wochen in Atlit interniert
6.4.1941 Einmarsch der Wehrmacht in Serbien
August 1941 Juden von Sabac und die Flüchtlinge in einer alten Festung Camp Sabac interniert
11.10.1941 Jüdische Männer, Zigeuner und manche Serben verlegt in das Seniak Camp
12./13.10.1941 Massenerschießung in Zasavica von 2100 Geiseln durch ein Exekutionskommando der Wehrmacht als Racheaktion für 21 tote deutsche Soldaten
Januar 1942 die Frauen und Kinder werden ins KL Sajmiste deportiert
19.3. -10.5.1942 jede Woche werden Frauen unter Herbert Andorfer während eines vorgeblichen Transportes in einem Gaswagen ermordet.
Die Chewra NOAR AGUDATI ISRAEL in Neuendorf
Juni 1938 Gründung einer Chewra (Gruppe) des „Noar Agudati Israel“ im Landwerk Neuendorf, Jugendorganisation des orthodox-religiösen Verbandes „Agudas Israel“ (Gründung 28.5.1912 in Kattowitz). Erklärtes Ziel der Gruppe war, dass jeder Chaluzim über zwei Jahre „an der praktischen und theoretischen Ausbildung in allen Zweigen der Landwirtschaft voll teilnimmt und von einem orthodoxen Jugendführer geistig betreut wird“.
Im Landwerk Neuendorf gab es drei Fraktionen, die orthodox-religiöse, die zionistisch-sozialistische und eine neutrale.
Karla Landsberg zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande
Im April 1940 zählte die Chewra Noar Agudati Israel 33 Mitglieder.
Madrich der Chewra war Josef „Jossel“ Schwarz aus Nürnberg.
11.4.1940 Tod der Mutter von Noar Agudati -Madrich Josef Schwarz
14.4.1940 Die Chewra Noar Agudati kondoliert Madrich Josef Schwarz
Alija Beth – Sonderhachschara VII – Paraguay- Untergang der PATRIA
Karla Landsberg mit ihrem Bruder Simon und Cousin Albert Mindus aus Neuendorf auf Alija Beth
März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.
August 1940 abgemeldet aus Neuendorf, offiziell nach „Paraguay“, zunächst Zugfahrt nach Berlin
16.8.1940 mit dem Zug aus Berlin, Bahnhof Friedrichstraße fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, deren Kinder bereits Palästina-Pioniere in Palästina waren, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Transportführer war Ephraim Frank
Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
3.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
8.11.1940 Registrierung im Camp Athlith; Bruder Simon gibt an, zuvor zwei Jahre in Neuendorf geesen zu sein; als Referenz nennt er seine beiden Brüder ISIDOR LANDSBERG, Riar Noar bei Haifa und SIMSHALOM (Bringfried) LANDSBERG, Jerusalem c/o Horev Synagogue
zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 Ma’apilim (illegale Immigranten) auf das Schiff gebracht.
Walter Steinitz, aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
25.11.1940 Cousin Alfred Mindus kommt beim Untergang der SS PATRIA um
25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.
Deportation der Mutter
8.5. oder 24.5.1942 ging zwei Transporte aus Frankfurt ins Ghetto Izbica ab, für die es keine Transportlisten mehr gibt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war die Mutter Rini Landsberg auf einem dieser Transporte
Gedenken
Beisetzung des Vaters auf dem Neuen Jüdischen Friedhof, Heinrich Heine Straße, Hersfeld
16.3.2017 Stolpersteine für Mutter Rini und Bruder Jakob in Bad Hersfeld, Vogelsang 7
Quellen
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de908224
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de908223
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/129110902
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7
Manfred de Vries, Mauritius – Insel des Lebens, BtJ-Magazin, April 2019
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_advance_search.php?SourceId=19584
https://www.ushmm.org/online/hsv/source_view.php?SourceId=19561
www.raoulwallenberg.net/general/ruth-kl-uuml-ger-mossad-le/