Goldmann Kurt

Kurt Goldmann  Reuven Golan

24.11.1915 in Kiel; ✡ 1.5.1983 in Beit Yitzhak-Sha’ar Hefer, HaSharon

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Robert Ruben Goldmann *12.11.1872 in Kepno; ✡15.8.1947

Heirat der Eltern 1909

Mutter Johanna Leipziger *28.7.1889 in Lissa; ✡19.12.1963 in Berlin

Geschwister

Walter Goldmann *28.6.1910 in Kiel; ✡1932

Lotti Dora Goldmann *16.10.1912 in Kiel; ✡31.5.1998 in Berlin; oo Norman Huber

Beruf Landwirtschaftlicher Praktikant

Adressen Kiel, Brüderhof, Berlin, Petah Tikwa

Heirat

10.3.1944 Hanna Spira *24.9.1922 in Breslau; ✡4.6.2017 Kibbutz Afikim, Kinneret

Hanna Spira war zuvor verheiratet mit Rudi Reuven Michael (1990-2011) aus dieser Ehe stammen drei Kinder

29.9.1956 Zweite Ehe von Reuben Golan mit Tamar Stella Kliner *1.8.1924, ✡2.5.2005

Kinder

Hagai Goldmann *5.6.1945 in Petah Tikwa, Belinzon Hospital

Weiterer Lebensweg

Auszug aus dem autobiografischen Bericht vom Dezember 1957

März 1934 Abitur am Gymnasium in Kiel

1935-1936 Hachschara im „Beth Chaluz“ in Leipzig, Elsässer Straße 7; in diesem Haus des Rechtsanwalts Weigelt waren das Jüdische Handwerkerheim, das Jüdische Jugendheim, der Jüdische Pfadfinderbund, der Jüdische Jugendbund »Franz Rosenzweig«, der Sportklub Bar Kochba und die Besta Elektrizitäts Gesellschaft Pook & Botteler geführt

1937 Gauleiter der Habonim für den Bezirk Köln

Sommer 1938 nach Berlin als Leiter der Jüdischen Jugendhilfe „Jugendalijah“, zusammen mit Recha Freier, Alfred Selbiger und Hedwig Eppstein. Er wohnt zunächst bei den Eltern in der Nestorstraße 53.

Novemberpogrom

Kurt Goldberg verlässt für drei Tage elterliche Wohnung und übernachtet im Jüdischen Kindergärtnerinnen Seminar, wo seine Mutter tätig war.

Nov. 1938 nach der Verhaftung von Ludwig Stern übernimmt er die Leitung des Hechaluz in Berlin

Die Befreiung der KL Häftlinge

Auszug aus dem autobiografischen Bericht vom Dezember 1957

Mit zum großen Teil vorgetäuschten Bestätigungen der Ausreise können zahlreiche Hechaluz-Mitglieder früher als vorgesehen aus den Konzentrationslagern entlassen werden.

17.5.1939 Kurt Goldmann in Berlin Charlottenburg, Nürnberger Straße 16 bei Minderheitenzählung

17.5.1939 beide Eltern in Berlin Wilmersdorf Nestorstraße 53 bei Minderheitenzählung

Juni 1939 Kurt Goldmann in einem Brief nach Palästina:

„In diesen Tagen sind wir im Brüderhof herausgeschmissen worden, da an Stelle des Hachschara-Kibbuz eine Irrenanstalt eingerichtet werden soll. Die Umordnung der Brüderhof-Gruppe macht uns viel Schwierigkeiten. …  Es gibt für die Juden in Deutschland keine Perspektive.“

21. Zionistenkongress in Genf 1938

August 1939 Kurt Goldmann und Kurt Selbiger als Vertreter des Hechaluz zwei der fünf deutschen Delegierten auf dem beim 21. Zionistenkongress in Genf(!) – zusammen mit Kurt Silberpfennig (BACHAD), Josef Shlomo Burg (Misrachi) und Ephraim Frank als Delegationsleiter,.

Auszug aus dem autobiografischen Bericht vom Dezember 1957

Der Kongress wurde unter sehr negativen Vorzeichen für eine nationale jüdische Heimstätte angesichts des Überfall auf Polen abgebrochen; in seiner Abschlussrede sagte Weizmann: „Um uns wird es dunkel. […] wenn wir, wie ich hoffe, verschont bleiben, und unsere Arbeit fortgesetzt werden kann, wer weiß, vielleicht wird dann aus der Dunkelheit ein neues Licht auf uns scheinen.

Als Kurt Goldmann in eine Berliner Razzia gegen Juden, Hamsterer, Homosexuelle und Adlige gerät und für drei Tage im Gefängnis sitzt – Paul Eppstein holte ihn heraus – entschließt er sich zur Alija.

26.12.1939 Ausreise zur Alija mit B(III) Zertifikat der Jugendalija

2.1.1940 Einreise von Kurt Goldmann in Haifa

14.1.1940 Offiziell abgemeldet aus Berlin

1940-1955 Mitglied im Kibbuz Galed

21.8.1940 Alija beth (illegal)der Eltern nach Palästina

17.10.1945 Einbürgerung mit Frau Hanna und Kind Hagai in Palästina

12.12.1945 Israelischer Pass

29.9.1956 Heirat mit Hanna Spira, gesch. Michael; Hanna Michael-Spira war am 16.1.1939 in Tel Aviv mit B(III) Zertifikat der Jugendalija eingereist.

29.12.1957 Reuben Golan legt seinen Bericht »Hechaluz und Jugendaliyah in Deutschland von 1936 bis Ende 1939« vor

1.5.1983 Tod von Reuben Golan in Beit Yitzhak-Sha’ar Hefer, HaSharon

Schwester Lotti Huber

Schauspielerin, berühmt für ihre schrillen Rollen in den Filmen von Rosa von Praunheim

Aus dem Nachruf bei HaGalil vom 14.12.2013:

„Als Lotti Goldmann wuchs sie in einer großbürgerlich-jüdischen Familie in Kiel auf. Berühmte Tänzerinnen der 20er Jahre wie Isadora Duncan und Mary Wigman waren ihre Vorbilder.

Sie zog nach Berlin und lebte dort mit ihrer Jugendliebe, einem nach Nazi-Definition «arischen» Mann, zusammen. Wegen «Rassenschande» wurde Lotti von den Nationalsozialisten in ein Konzentrationslager deportiert. Ihr Geliebter wurde erschossen. Von einer amerikanischen Organisation freigekauft, emigrierte sie 1938 über die Schweiz nach Palästina. In Haifa studierte sie Tanz und Pantomime.“

Alija Beth der Eltern – Sonderhachschara VII – der Paraguay-Transport

März 1940 die führenden jüdischen Funktionäre aus Berlin, Prag und Wien werden von SS-Sturmbannführer Adolf Eichmann ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin vorgeladen, um die illegalen „Sondertransporte“ nach Palästina zu forcieren; Ephraim Frank als Vertreter des erkrankten Lyon vom Palästinaamt und als designierter Transportführer dabei.

Für die SH 7 sollen etwa 30.000 Anmeldungen vorgelegen haben, zum großen Teil aber nur fiktiv, um gegenüber der Gestapo die geplante Auswanderung belegen zu können

August 1940 Eltern offiziell aus Berlin abgemeldet nach „Paraguay“

16.8.1940 beide Eltern mit dem Zug aus Berlin, Bahnhof Friedrichstraße fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, deren Kinder bereits Palästina-Pioniere in Palästina waren, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Transportführer war Ephraim Frank

Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim

3.9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau; in Pressburg für eine Woche in einem Lager im Stadtteil Patronka; Josef Nussbaum berichtet bei der Registrierung in Atlith, „The Camp was taken over as store for Heavy Opel trucks.“

10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN

10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;

Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.

Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen

31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet

1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.

3.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden

4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)

8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; die Eltern geben als Referenz Sohn Kurt in Raanana an

zunächst sind sie auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen

23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa

25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 Ma’apilim (illegale Immigranten) auf das Schiff gebracht.

Walter Steinitz, aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:

“ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)

Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.

25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.

26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;

Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.

1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können

September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith

12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.

Gedenken

Quellen

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

Staatsarchiv Israel, Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Peter W. Lande,  Jewish „Training“ Centers in Germany, Manuskript von 1978 im Bestand des Centers for Jewish History

Yad Vashem, Berichte von Kurt Goldmann

Kurt Goldmann »Hechaluz und Jugendaliyah in Deutschland von 1936 bis Ende 1939«; 29.12.1957

Link: https://collections.yadvashem.org/en/documents/3549452

Sieghard Bußenius, Die Ausbildungsstätte des Hechaluz auf dem Brüderhof bei Harksheide, HaGalil 2007

https://digipres.cjh.org/delivery/DeliveryManagerServlet?dps_pid=FL4311316

https://www.hagalil.com/archiv/98/06/huber.htm

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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