Weinberg Erich

*3.12.1914 in Bigge; ✡ 1943 in Auschwitz

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Max Weinberg * 7.12.1872 in Siedlinghausen; ✡9.8.1941 in Olsberg

Heirat der Eltern 5.6.1898 in Hoeringhausen

Mutter Fanny Katzenstein * 15.7.1874 in Hoeringhausen; ✡ 17.5.1939 in Bigge

Geschwister

Arthur Weinberg *16.6.1899 in Bigge; ✡ 5.3.1942 in Auschwitz; oo Elfriede Levi (*20.8.1908 in Schlangen, ✡5.3.1942 in Auschwitz); drei Töchter Doris, Ruth und Mathel

Martha Weinberg * 18.11.1900 in Bigge; ✡1936; oo Walter Franke (*4.8.1900 in Herne; ✡Zamosc)

Fritz Weinberg, *18.3.1903 in Bigge; verzogen am 30.7.1917 nach Borbeck; oo 1936 Essen Grete Rosenberg (*8.10.1901 in Unna); beide 28.4.1942 nach Zamosc

Otto Weinberg *11.6.1905 in Bigge; verzogen am 4.8.1925 nach Buer; oo 1937 Dortmund; ✡18.5.1944 in Auschwitz

Elfriede Weinberg *6.9.1906 in Bigge; aus Herne 1936 nach Amsterdam; ✡30.9.1942 in Auschwitz

Rudolf Weinberg * 26.11.1909 in Bigge, verzogen am 11.10.1924 nach Peckelsheim; oo 28.7.1939 in Stadthagen Ruth Lilienfeld (*1.7.1917 in Nienstädt)

Walter Weinberg *24.7.1913 in Bigge; ✡22.1.1917 in Bigge

Isbert Weinberg *24.4.1917 in Bigge; ✡nach dem 12.3.1945 in Bergen-Belsen

Tante Emma Jacobs geb. Weinberg *1866; ✡17.4.1941 in Recklinghausen; Mutter des Erich Jacobs

Cousin Erich Jacobs *19.12.1906 in Nuttlar, Meschede, ✡ 6.3.1973 Trenton, New Jersey, USA letzter jüdischer Lehrer in Recklinghausen

Beruf Praktikant

Adressen Bigge, Provinzialstraße 37; Holzminden; Wolfenbüttel; Neuendorf; Bielefeld;

Heirat 13.11.1941 in Bielefeld Weinberg Else geb. Goldschmidt *12.3.1919 in Madfeld; ✡ 1943 in Auschwitz

Kind –

Weiterer Lebensweg

10.11.1938 die Brüder Arthur und Fritz in der Pogromnacht verhaftet; Schutzhaft im KL Sachsenhausen

2.12.1938 Entlassung des Bruders Fritz aus dem KL Sachsenhausen

15.12.1938 Entlassung des Bruders Arthur aus dem KL Sachsenhausen

17.5.1939 Else Goldschmidt mit Mutter Fanny und den Brüdern Ludwig und Kurt in Madfeld bei Minderheiten-Volkszählung

Else Goldschmidt lebte für eine Weile bei ihrer Schwester Mathilde in Gelsenkirchen

29.9.1939 Bruder Rudolf bei britischem Census im Kitchener Camp

Das Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a

1939 Nach­dem zahl­rei­che, in Bie­le­feld le­ben­de Jü­din­nen und Ju­den in „Ju­den­häu­sern“ zwangs­ein­ge­wie­sen wur­den, schloss die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (RVJD) mit den jeweiligen Städten Verträge zur Errichtung der Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld Schlosshofstraße 73 a und Paderborn, Grüner Weg 86;

Anfang September ent­stan­d zu­nächst ein Wohn- und Ar­beits­la­ger in der Ko­blen­zer Stra­ße 4 (heu­te: Ar­tur-La­de­beck Stra­ße 6)

März 1940 erfolgte wegen der räumliche Enge der Wechsel in das Lager in der Schloß­hof­stra­ße 73a. Dort bestand auch eine Un­ter­kunft für alte und kran­ke Jü­din­nen und Ju­den („Sie­chen­heim“) als Ein­rich­tung der RVJD. Vom Lager aus wurden die Männer kolonnenweise bei den Straßen-, Tief- und Gleisbauarbeiten der Fa. Nebelung & Sohn eingesetzt.

1940 erfolgte ein Austausch männlicher Bewohner mit anderen Lager; die zionistischen Chawerim wechselten u.a. nach Paderborn und umgekehrt.

18.8.1940 vier Chawerim kommen aus dem Landwerk Neuendorf ins Lager Bielefeld: Josef Binamowitsch, Sally Jonas, Herbert Levy und Erich Weinberg

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager Bielefeld“

2.2.1940 war Erich Weinberg noch in Bigge, Hauptstraße 37 gemeldet

Erich Weinberg in das Hachscharalager Landwerk Neuendorf im Sande

18.8.1940 Erich Weinberg aus Neuendorf in die „Erwachsenen“- Hachschara im Umschulungs- und Einsatzlager in Bielefeld, Schlosshofstraße 73 a

13.11.1941 Heirat von Else Goldschmidt in Bielefeld mit Erich Weinberg

Esther Goldschmidt berichtet:

„27.12.1940 zog sie von Madfeld nach Bielefeld. Dort heiratete sie Erich Weinberg, kam aber 1941 von Bielefeld zu ihrer Mutter und ihren Geschwistern nach Madfeld zurück. Sie wollte die Mutter unterstützen.

Ein Zeitzeuge aus Madfeld berichtete, dass Else mit auf dem Kutschwagen saß, der am 27. Juli 1942 von Madfeld nach Bredelar zum Bahnhof fuhr, um sie mit dem Zug in Richtung Osten zu verschicken.“

Auf dem Alterstransport X/1 vom 27.7.1942 nach Theresienstadt befanden sich vier Juden aus Madfeld, u.a. ihre Mutter sowie ihr Onkel Salomon „Rebbens“ mit Frau Rosa Goldschmidt, die sie offenbar zum Bahnhof Bredelar begleitet hat. Am 15.5.1944 wird die Mutter mit dem Transport Dz von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert

6.5.1942 Zuzug von Else Weinberg im RVJD-Lager Bielefeld

Herbst 1942 Errichtung von Baracken für junge Familien auf dem Gelände.

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

Ende Februar/März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz deportiert, um den Arbeitskräftebedarf im Nebenlager Buna zu decken.

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Bielefeld“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Bielefeld, mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz

Erwin Angress berichtet über Paderborn:

„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 ab dem Güterbahnhof Bielefeld für 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit 69 Insassen des Lagers Bielefeld Schloßhofstraße und allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager Paderborn.

2.3.1943 auf demselben Transport befinden sich auch ab Bigge Bruder Arthur mit Frau Elfriede und den drei Töchtern Doris, Ruth und Mathel

3.3.1943 Ankunft und Selektion der ‚Alten Rampe‘ am Güterbahnhof von Auschwitz;

Ernst Michel berichtet:

„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943

„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 36 9035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“

Erich Weinberg vermutlich eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, auf LKW in die Quarantäneblöcke des „Arbeitslager Buna“ gebracht;

Else Weinberg vermutlich eingewiesen zur Zwangsarbeit in Auschwitz Birkenau

Chawer Paul Hoffmann berichtete seinem Sohn Daniel, dass er im Juni 1943 mit hohem Fieber in der HKB (Häftlingskrankenbau) von Monowitz kam:

In seiner unmittelbaren Nähe hörte mein Vater eiens Nachts einen Kranken schrecklich laute und undefinierbare Töne von sich geben. Morgens fragte er einen Nachbarn nach dem Grund. Der sagte: ‚Das war der Weinberg. Er ist aber in der Nacht gestorben.‘ Mein Vater bat ihn, nach seinem Vornamen zu fragen oder auf die Krankenkarte zu schauen. Es war Erich Weinberg aus Bigge, der gemeinsam mit seiner Frau im Schloßhof gewesen und mit meinem Vater deportiert worden war.“

Juni 1943 Tod in Auschwitz

Die tragische Geschichte der Nichte Doris Fanny Weinberg

10.11.1938 ihr Vater Fritz und dessen Bruder Arthur in Bigge in der Pogromnacht verhaftet; beide  in „Schutzhaft“ im KL Sachsenhausen

16.11.1938 Doris Winbegr *18.8.1933 in Bigge kommt mit dem Zug nach Holland, vermutlich aus Bigge abgeholt von ihrer Tante Elfriede Weinberg

November 1938 wird sie aufgenommen in den Haushalt des ledigen Rechtsanwalt Dr. Josef de Vries in Amsterdam, Apollolaan 7; dort ist Elfriede Weinberg seit dem 19.1.1937 als Haushälterin tätig

2.12.1938 Entlassung des Vaters aus dem KL Sachsenhausen

7.2.1939 Doris offiziell in Amsterdam beim Vremdelingendienst polizeilich gemeldet

„de moeder is van de doorstaane ellende zenuwziek“ (Mutter vom erlittenen Elend nervenkrank)

10.2.1939 Doris offiziell in Bigge polizeilich abgemeldet

15.5.1940 Wechsel der Adresse Apollolaan 61 zu Fam. Gerrit Dassen, Bauunternehmer

13.6.1940 Tante Elfriede ebenfalls zur Apollolaan 69 umgemeldet, vermutlich wegen Stellenwechsel zur Familie von Gerrit Dassen

31.10.1941 wird sie von Vater abgeholt zurück nach Bigge

2.3.1943 auf dem Transport mit Vater Arthur, Mutter Elfriede und den Schwestern Ruth und Mathel

Vermutlich nach der Selektion an der Rampe von Auschwitz mit der Mutter und den Schwestern in die Gaskammer geschickt

Gedenken

 10.5.1999 Pages of Testimony für die Geschwister Otto, Artur, Isbert, Fritz Weinberg vom Großneffen Jethro Jacobs

Quellen

Daniel Hoffmann, Lebensspuren meines Vaters, Wallstein Verlag 2007; S. 136

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de876063

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de987981

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de988094

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de987848

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de987913

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de987914

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de988068

https://www.joodsmonument.nl/nl/page/190014/elfriede-weinberg

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Dassen%20Gerrit%22%7D

https://www.statistik-des-holocaust.de/X1-20.jpg

Esther Goldschmidt, Vergangene Gegenwart, Books on Demand GmbH Norderstedt, 2008

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://archief.amsterdam/indexen/persons?ss=%7B%22q%22:%22Weinberg%20Elfriede%22%7D

https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/12306-fanny-goldschmidt/

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=en&s_id=&s_lastName=Dessauer&s_firstName=&s_place=Gelsenkirchen&s_dateOfBirth=&cluster=true

https://www.statistik-des-holocaust.de/OT430302_1.jpg

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998

www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert