Meyer Hans Joachim

Hans Joachim Hajo Meyer

*12.8.1924 in Bielefeld; ✡ 23.8.2014 in Heiloo

Staatsangehörigkeit deutsch, Staatenlos

Religion jüdisch

Vater Gustav Meyer *6.6.1883 in Herford ; ✡ 15.5.1944 in Theresienstadt

Heirat der Eltern im November 1916

Mutter Theresia Melchior *18.12.1890 in Dorstfeld (DO); ✡ 10.12.1944 Auschwitz

Geschwister

Rudolf Meyer *20.9.1917 in Bielefeld; ✡21.4.1983 in Manchester; oo Dina Ehrenreich

Alfred Meyer *20.2.1920 Bielefeld; ✡ 22.4.1998 in Ann Arbor; oo Eva Apel

Beruf Landwirtschaftlicher Volontär

Adressen Bielefeld, Kavalleriestraße; Werkdorp Wieringen Nieuwesluizerweg 42, Slootdorp (Wieringen); Amsterdam,

Heirat Christiane Anna Romelia Tilanus *1941

Kinder

Weiterer Lebensweg

7.6.1939 Bruder Rolf über Rotterdam nach England

21.9.1939 Bruder Alfred nach New York

29.9.1939 Bruder Rolf bei britischem Census in Manchester

Kindertransport

4.1.1939 die Reichsvereinigung RVJD hatte für den Kindertransport einen ganzen Zug gechartert, dem in Bielefeld noch Wagen aus Berlin angehängt wurden,

die einzelnen Orte hatten Kontingente, z.B Herne 25 Kinder, Bochum 16

Der Zug ging von Bielefeld über Rheine nach Amsterdam.

Es wurden die drei Gruppen gebildet

  • Losser K.L. Smitoord nur Mädchen, die schon Oldenzaal ausstiegen
  • Zeehuis Bergen aan Zee gemischt
  • Dommelhuis Eindhoven nur Jungen

4.1.1939 Hajo Meyer ins Zeehuis, Verspijckweg 5, Bergen (N-H)

28.3.1939 Ons Boschhuis, Arnhemschebovenweg 235, Driebergen-Rijssenburg

2.7.1939 Bondshuis N.P.B., Amersfoortsestraat 91, Soesterberg

17.7.1939 Dommelhuis, Jonckbloetlaan 13, Eindhoven

17.5.1939 — bei der Minderheitenzählung

Werkdorp Nieuwe Sluis

14.10.1939 Hajo Meyer zur Hachschara ins Joodse Werkdorp Wieringermeer

16.11.1939 offizielle Anmeldung

Träger des „Jüdisches Werkdorf Nieuwe Sluis“ ist die „Stichting Joodse Arbeid“ (Stiftung Jüdische Arbeit); hier werden jüdische Jugendliche zu Landarbeitern umgeschult (Hachschara) als Vorbereitung auf die Ansiedlung in Palästina (Alija). Die Ausrichtung war neutral, nur etwa ein Drittel der Chawerim waren auch zionistische Chaluzim (zionistische Pioniere)

Im März 1934 kommt eine kleine Gruppe von Volontären als Aufbaugruppe in die verlassenen Baracken auf der Farm. Dreieinhalb Jahre lang dienten diese als Unterkunft für die Gruppe der Bauarbeiter. Ende 1934 stehen vier Baracken und eine Kantine dicht beieinander rund um das Haukes-Haus.

Oktober 1934 Aufnahme des regulären Ausbildungsbetriebs

Im Zentrum des Werkdorfs wird ein Gemeinschaftshaus errichtet, die Baracken werden in einem Halbkreis herumgebaut.

Anfang 1937 Offizielle Eröffnung der nun fertiggestellten Anlage

Hajo Meyer im Werkdorp (unten links)

Im Werkdorp wird er ausgebildet zum Maschinenschlosser

Auflösung des Werkdorp

20.3.1941 Auflösung des Werkdorp durch den SD der SS; 210 der 290 Lehrlinge werden nach Amsterdam verbracht und in Familien untergebracht; Gerd Vollmann berichtet darüber:

„Am 20. März kamen morgens blaue Busse von der Amsterdamer Gemeindebahn am Rande des Polders. … Die ca. 300 Werkdörfler wurden inspiziert durch Lages in Uniform und Barbie in Zivil.

Willy Lages, SS-Sturmbannführer, Leiter des Sicherheitsdienstes in Amsterdam; Klaus Barbie, SS-Obersturmführer, Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam

Unser Betriebsleiter Kemmerlin sorgte dafür, dass ca. 60 Jungen und Mädels bleiben durften, um das Vieh usw. zu versorgen. Die anderen kriegten 10 Minuten die Gelegenheit, um etwas zu packen und dann wurden wir mit Bussen nach Amsterdam gebracht…“

Unterbringung der 210 Werkdorper zunächst in Asschers Diamantschleiferei im Amsterdamer „Pijp“

27.3.1941 Unterbringung der Werkdorper in Gastfamilien oder bei Verwandten;

11.6.1941 Offizielle Abmeldung der 210 Werkdorper aus der Gemeinde Wieringermeer

1.8.1941 endgültige Schließung des Werkdorpes

Hajo Meyer abgemeldet nach Amsterdam, Zuider Amstellaan 84 I

10.11.1941 Nachdem durch Freizug der Wohnungen, das Haus auf der Plantage Franschelaan 13 in Amsterdam verfügbar wurde, Eröffnung des Jeugdtehuis des Joodse Raad Plantage

10.11.1941 Aufnahme  von Hajo Meyer im Jugendheim des Joodse Raad Plantage Franschelaan 13 in Amsterdam

Eva Laufer wird als Hauswirtschaftsleiterin eingestellt, sie war zuvor in derselben Funktion im Werkdorp.

Siegfried Rosenthal wird als Koch eingestellt.

Hajo Meyer auf der Pl. Franschelaan, vorn rechts (Foto Hajo Meyer)

10.11.1941 Hajo Meyer zusammen mit Gert Herz, Gerhard Hirsch, Hans Joseph, Günter Levy, Harald Rosenbach, Ernst Rosenbaum, Norbert Schweitzer und Hans Stern zur Eröffnung ins Jugendheim des Joodse Raad, Plantage Franschelaan 13

Viele Werkdorper wurden nach der Auflösung des Werkdorps hier untergebracht, vor allem die älteren, später durften auch jüngere Geschwister hier wohnen. Das Gebäude gehörte dem Joodse Raad, ebenso wie das Haus auf der Nicolaas Witsenkade 14, wo auch Werkdorper wohnten. Hier wohnten zwischen November 1941 und April 1943 67 Personen, davon 44 Werkdorper

1.6.1942 Günter Schwarzschild in die Franschelaan 13

Erste Razzia in der Franschelaan

15.7.1942 in der Dritten Großen Amsterdamer Razzia werden auch die Bewohner des Jeugdhuis verhaftet und nach Hooghalen deportiert; u.a.:

Gert Herz, Günter Levy, Hans Stern, Harald Rosenbach, Horst Levi, Gerhard Hirsch, Erwin Eichengrün,

 7 Km zu Fuß ins Kamp Westerbork, Registrierung in der großen Halle und unmittelbar zu Fuß zurück nach Hooghalen

Erst ab November 1942 gab eine eigene Bahnlinie und Station im Kamp Westerbork; Juli-November mussten die Deportierten von und zur Station Hooghalen zu Fuß laufen.

15.7.-17.7.1942 Erster großer Massentransport aus den Niederlanden ab Hooghalen nach Auschwitz

26.5.1943 die Bewohner des Jeugdhuis Franschelaan werden bei einer Razzia verhaftet und nach Westerbork deportiert; eingewiesen in das polizeiliche Judendurchgangslager wurden Martha Eibschütz, Kurt Elias, Ruth Karlsberg, Ernst Rosenbaum, Grete Schramm,  Norbert Schweitzer, Martin Uffenheimer, alle in die Baracke 60.

Weitere Bewohner des Jeugdhuis Franschelaan waren:

u.a. Alfred Cohn, Hans Moser, Cäcilie Neumann, Helmut Holzheim, Selma Wahrhaftig

September 1943 Hajo Meyer besteht sein Abitur in Amsterdam

23.3.1944 Helmut Holzheim zusammen mit Norbert Schweitzer („vermoedelijk gevlucht“)

Onderduiker

September 1943 nach dem Abitur geht er mit falschen Papieren ins Versteck

31.3.1944 Hajo Meyer als „onderduiker“ beim Holzholen festgenommen; zunächst zu Verhören in das „Oranje-Hotel“ – SD Gefängnis in Scheveningen

1.4.1944 Eingewiesen in das polizeiliche Durchgangslager Westerbork zur unmittelbaren Deportation auf den nächstmöglichen abgehenden Transport

5.4.1944 Hajo Meyer auf dem Straftransport mit 240 Gefangenen nach Auschwitz

Auschwitz – Außenlager Gleiwitz

7.4.1944 an der Rampe in Auschwitz wird Hajo Meyer zur Zwangsarbeit selektiert und zum Aufbau in das Außenlager Gleiwitz verlegt;

22.4.1944 Eröffnung des Außenlager Gleiwitz für Zwangsarbeiter im Reichsbahn-Ausbesserungswerk; später arbeitet er als Maschinenschlosser, zuständig für die Reparatur der Zugwaggons.

17.1.1945 Selektion beim letzten Appell; 50 marschunfähige Gefangene werden hinter den Baracken erschossen.

18.1.1945 Auflösung, Todesmarsch Richtung Breslau, umgeleitet ins Außenlager Blechhammer bei Heydebreck. Als sämtliche SS-Wachen verschwunden sind, kehren die Häftlinge in das Lager zurück.

Januar 1945 Befreiung der Region Gleiwitz durch die Rote Armee

Bielefeld – Theresienstadt – Auschwitz

12.5.1943 beide Eltern aus dem Judenhaus Lützowstraße 10 auf dem Transport IX/2

März 1944 mit TBC in die Krankenstation

15.5.1944 Tod des Vaters an TBC in Theresienstadt

12.10.1944 Mutter Therese auf dem Transport E q von Theresienstadt nach Auschwitz

10.12.1944 Tod der Mutter in Auschwitz

Dr. Leo Turksma schreibt in Zusammenarbeit mit Hajo Meyer über ihren Tod: „Therese hatte versteckt in einem Brot eine Zyankalikapsel zugeschickt bekommen, und da im Lager hinlänglich bekannt war, wie gering die Überlebenschancen in Auschwitz waren, wählte sie den Freitod.

Nachkriegszeit

Mai 1945 über Odessa und Marseille Rückkehr in die Niederlande

9.5.1945 Wiedersehen mit Bruder Alfred in Amsterdam

Studium der „theoretischen Physik“ an der Universität Amsterdam.

1956 Promotion zu Dr. rer. nat.

Arbeit im Philips Natuurkundig Laboratorium, dort experimentelle Forschung in der Kryogenik und über Gasentladungen

Herausgeber der Philips Technical Review

1964 Ernennung zum Leiter der Vakuumröhren-Forschungsabteilung

Mitglied des International Jewish Anti-Zionist Network für Rechte der Palästinenser

2005 publiziert er das Buch Das Ende des Judentums, erntet scharfe Kritik für seine Ansichten (Holocaust als eine „Laune der Geschichte“, israelische Politiker handeln wie Nationalsozialisten)

Nach seiner Pensionierung 1984 arbeitet er als Geigenbauer.

Gedenken

Stolpersteine für Gustav, Therese Alfred, Rudolf und Hans Joachim Meyer in Bielefeld, Kavalleriestraße

Quellen

https://acrobat.adobe.com/id/urn:aaid:sc:EU:3788160f-e50b-425a-b9a8-a092142001f1

https://www.mappingthelives.org

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

http://www.dokin.nl/surviving_children/hans-joachim-hajo-meyer-born-12-aug-1924/

12. August 1924: Der jüdische Physiker und Holocaust-Überlebende Hajo Meyer wird in Bielefeld geboren

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130341707

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5012509

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/131831976

https://yvng.yadvashem.org/ad

Niederlande, Bevölkerungsregister, 1810-1936; Bron: boek, Deel: 146, Periode: 1912-1938

www.werkdorpwieringermeer.nl/

https://www.oorlogsbronnen.nl/mensen?personterm=Ontruiming%20Joods%20Werkdorp%20Wieringermeer

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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