Maschkowski Gerhard

Gerhard Maschkowski

*19.5.1925 in Elbing; ✡ ?

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Arthur Maschkowski *5.1.1895 in Gross Starzin; ✡?

Mutter Hertha Imber *16.8.1896 in Thorn; ✡ ?

Geschwister

Siegfried Maschkowski *23.8.1922 in Danzig; ✡?

Beruf Gärtner

Adressen Elbing; Danzig; Hannover-Ahlem; Jessen Mühle; Neuendorf; Florida; Los Angeles

Heirat Ursula Naumann *16.12.1925 in Berlin Schöneberg; ✡28.4.2005 Los Angeles

Kinder

Frank Maschkowski *18.8.1952

David Maschkowski *21.3.1966

Eine Tochter

Weiterer Lebensweg

Vater Arthur verliert im Ersten WK beide Augen

Nach dem 1938er Novemberpogrom Gerhard zur Gärtner Ausbildung in die Israel. Gartenbauschule Hannover Ahlem

17.5.1939 in Hannover Ahlem bei Minderheiten-Volkszählung

1939 Wechsel aus Ahlem nach 3-4 Monaten in das Hachscharalager Jessen Mühle

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager; Um­be­nen­nung der noch bestehenden in „Jü­di­sches Ar­beits­ein­satz­lager“

Mai bis September 1941 Auflösung der Hachscharalager Ahrensdorf, Jessen, Havelberg; Verlegung der Chaluzim in das Lehrgut Neuendorf im Sande; nur ein kleiner Teil darf noch im Landwerk selbst arbeiten, die meisten werden zur Zwangsarbeit bei Unternehmen in Fürstenwalde verpflichtet.

27.5.1941 von Jessen Mühle zur Hachschara ins Landwerk Neuendorf im Sande

2.4.1942 Verhaftung der älteren und der bereits bei der Gestapo zuvor auffällig gewordenen Chaluzim aus Neuendorf und Deportation auf Lastwagen in das Sammellager, eine große Turnhalle am Leipziger Platz in Frankfurt/Oder

3.4.1942 Deportation dieser Neuendorf-Gruppe mit 1009 Personen nach Warschau

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

17.12.1942 beide Eltern auf Transport XXIII/2 aus Danzig nach Theresienstadt

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

31.3.1943 Die Belegschaftsliste des Landwerk Neuendorf enthält 96 Männer (drei abwesend) und 76 Frauennamen

7.4.1943 Zustellung der Transportlisten für Neuendorf

10. 4.1943 169 Chawerim aus Neuendorf mit LKW nach Fürstenwalde, von dort mit der Bahn nach Berlin; zu Fuß ins Sammellager ehemaliges jüdisches Altenheim Große Hamburger Straße 26; in Berlin vom Transport zurückgestellt 16 Personen (Geltungsjuden, Juden aus privilegierten Mischehen etc.)

19.4.1943 Chawerim aus 10 jüdischen Einsatzlagern, allein 153 Personen aus dem Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde auf dem 37. Osttransport von Berlin nach Auschwitz (Fabrikaktion)

Esther Bejarano erinnert sich:

„Wohin der Zug fuhr, wussten wir nicht. Die Waggons waren überfüllt und wir konnten uns kaum bewegen. Wenn wir mal austreten wollten, mussten wir über die Menschen steigen, um an die Kübel in der Ecke zu gelangen. Die Luft in den Waggons war miserabel und wurde immer schlechter.“

Esther berichtet auch, dass viele alte und schwache Menschen diese mehrere Tage dauernde Fahrt in den Viehwaggons nicht überlebten. Ihre Leichen blieben die ganze Zeit in den Waggons.
Mit Esther saßen viele der Jugendlichen im Waggon, mit denen sie in Neuendorf zusammen war: Eli Heymann, Schimschon Bär, Schoschana Rosenthal, Miriam Edel, Anne Borinski, Hilde Grünbaum, Karla und Sylvia Wagenberg, Herbert Growald und noch viele andere.

20. 4. 1943 Ankunft in Auschwitz; Notiz im Lagerbuch von Auschwitz:

„Mit einem Transport der RSHA […] sind etwa 1 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder eingetroffen. Nach der Selektion werden 299 Männer, die die Nummern 116754 bis 117502 erhalten sowie 158 Frauen, die die Nummern 41870 bis 42027 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen.
Die übrigen 543 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.“

Er wird zur Zwangsarbeit im Auschwitz-Nebenlager Monowitz eingewiesen; ihm wird die Auschwitz-Häftlingsnummer 117028 in den linken Unterarm tätowiert

Im Buna-Werk ein zwei Tage im Zementkommando, dann Kabelkommando, bis zuletzt im Elektrikerkommando, Kapo Heinrich Heller (jüdischer Arzt).

Seine Freunde im Lager sind Erich Heymann und Werner Coppel.

15.1.1945 die Häftlinge in Auschwitz hören den russischen Kanonendonner 30 km aus dem Osten

Der Todesmarsch von Monowitz nach Geppersdorf

18.1.1945 Evakuierung aller drei Auschwitz-Lager; ca. 60 000 Häftlinge; 10000 aus Monowitz marschieren bis Nicolai; die deutschen Juden gehen in der ersten 1000er Kolonne; Übernachtung in einer Ziegelei

Isidor Philipp berichtet von der Brutalität der SS-Leute während des Todesmarsches:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

19.1.1945 Ankunft im den Eisenbahnknotenpunkten Gleiwitz. Von Gleiwitz in Güterwaggons zu westlich gelegen Konzentrationslager wie Buchenwald, Ravensbrück, Mauthausen.

Isidor Philipp berichtet:

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

21.1.1945 nach 30 Stunden Warten Abfahrt des Transportes, der Zug bleibt aber nach 15 km liegen.

Ein Überlebender berichtet:

„Am 21. Januar mussten wir mit dem Zug weiterfahren. 4500 Gefangene wurden in offene Waggons verladen, in die jeweils 100 bis 130 Menschen gepresst wurden. 30 Stunden mussten wir auf die Abfahrt warten, bei Temperaturen von 15 bis 20 Grad unter Null. Dann, nach nur 15 Kilometern, stoppte der Zug. Den Häftlingen wurde befohlen, die Waggons sofort zu verlassen. Wem von der Kälte die Glieder steif geworden waren, so dass er den Wagen nicht schnell genug verlassen konnte, der wurde erschossen.“

3000 Häftlinge müssen einen wochenlangen Fußmarsch zum Lager Geppersdorf antreten, ein Außenlager des KL Groß Rosen; dazu gehören u.a. die Chawerim:

Willy Chanan Ansbacher, Erich Auerbach, Werner Coppel, Benjamin Feingersch, Michael Miki Goldmann (*26.7.1925 in Kattowitz), Horst Goldschmidt, Erich Heymann, Gerhard Maschkowski, Abraham Matuszak, Hans Nebel, Alfred Ohnhaus, Alfred Stillmann.

21.1.1945 Werner Coppel gelingt hinter Gleiwitz die Flucht. Miki Goldmann geht zusammen mit seinen Freunden Willy Ansbacher und Erich Eli Heymann. Am dritten Tag setzen sich die drei in dem Dorf Wielopole in der Nähe von Rybnik ab.

Michael Miki Goldmann berichtet im Interview über die Flucht beim Todesmarsch:

„Der Todesmarsch ging wochenlang. Ich, am dritten Tag konnte ich nicht mehr laufen. Meine Beine waren geschwollen und ich hatte zwei Möglichkeiten. Sich hinzusetzen und auf eine Kugel zu warten, weil jeder, der stehengeblieben ist oder hat sich hingesetzt, bekam sofort eine Kugel. Einen Genickschuss. Oder versuchen, wegzulaufen und sich irgendwo zu verstecken. Aber man konnte das nicht am Weg machen. Man konnte nur, wenn wir in Dörfer reingekommen sind. Und so kam ich am dritten Tag in ein Dorf, das hieß Wielopole, auch noch in Schlesien. Nicht weit von Gleiwitz. Das war, es war noch nicht Nacht, es war Nachmittag, aber es war schon fast dunkel und ich sah, dass von beide Seiten, von diesem Dorfweg, standen Frauen und einige von denen hab ich weinen gesehen. Und in diese Sekunde habe ich beschlossen, da versuche ich zu fliehen. Chanan Ansbacher war mit mir.“

Horst Efraim Goldschmidt ist zu schwach, kann nur mit Hilfe gehen. Hilde Zimche, die spätere Frau von Piese Ernst Zimche (Kibbuz Netzer Sereni) berichtet:

„Efraim war zu schwach zu gehen. Den ganzen Weg lang, mehrere Tage, viele Kilometer, nahmen ihn seine Freunde in die Mitte und stützten ihn. Ohne die gegenseitige Unterstützung wären wir verloren gewesen.“

Der wochenlange Marsch führt über Gleiwitz, Ratibor, Neustadt, Neisse nach Glatz; weiter durch Frankenstein,  Langenbielau, Waldenburg, Hirschberg im Riesengebirge in das Zwangsarbeiterlager Geppersdorf-Dörnhau, Dienststelle Schmelt (Bautrupps) in der Nähe von Greiffenberg, Oppeln; von dort werden die völlig erschöpften, eben noch Arbeitsfähigen in das Arbeitslager Riesa bei Wüstegiershof geschickt. Nur 280 sollen dort angekommen sein.

Gerhard Maschkowski im Interview im Jahre 2007:

„Der Todesmarsch war das Schlimmste. Wenn man es soweit schon gebracht hat, ja, bis, noch am Leben zu bleiben bis Januar 45. Und dann marschiert, marschiert, marschiert, marschiert. Und so kalt. Und natürlich, ich mein‘, einen Regenschirm haben wir nicht gehabt. Es spielt keine Rolle, Regen oder Schnee oder was immer, wir waren nass. Weiter konnt’s ja nicht gehen wie auf die Haut. Und dann am nächsten Tag, wenn die Sonne geschienen hat, oder nicht, auf jeden Fall – na, Sonne war nicht viel da sowieso – dann ist es getrocknet oder es ist gefroren.“

Schindlers Liste

Aus dem Arbeitslager Geppersdorf werden von Schindler Häftlinge für sein Werk in Brünnlitz angefordert

Liste von „Schindlerjuden“ mit den Namen der Juden aus dem KL Groß Rosen, die in das KL-Außenlager Brünnlitz verlegt werden durften, wohin Oskar Schindler seinen Rüstungsbetrieb verlegt hatte.

11.4.1945 die Paderborner Chawerim Abraham Matuszak (Nr. 77016) und Hans Nebel (Nr. 77019) und Alfred Stillmann (Nr.77028) auf der Liste der Juden, die aus dem Groß-Rosen-Außenlager Geppersdorf in das Außenlager Brünnlitz, in Schindlers Rüstungsfabrik in Mähren verlegt werden.

18.4.1945 Benjamin Feingersch mit Häftlingsnummer 77004 als Schlosser auf der Lagerliste der Lagerverwaltung in Brünnlitz mit 1098 Häftlingsnamen, u.a. der Chawer aus Paderborn Abraham Matuszak (Nr. 77016) aus Gelsenkirchen

8.5.1945 Nach Bekanntgabe der Kapitulation im Radio verließ die SS-Wachmannschaft auf Aufforderung durch Schindler gewaltlos das Lager Brünnlitz.

Häftlingskrankenbau in Dörnhau

Verlegung in die 1944 eingerichtete zentrale Krankenstation des Lagerkomplexes Riese in Dörnhau

5.5.1945 Befreiung in Dörnhau durch die Rote Armee; Erich Auerbach verstirbt in der Nacht vom 4. auf den 5. Mai im Häftlingskrankenbau in Dörnhau in den Armen von Horst Goldschmidt, er berichtet:

„Zwischen denen, die bis zum Befreiungstag aushielten war auch Erich Auerbach aus Münster. Am 4. Mai, … nachdem wir uns 600 km geschleppt hatten, traf ich ihn wieder. Wir waren beide zwei Gerippe aus Haut und Knochen, die auf den Tod warteten Beide kuschelten wir uns unter eine Decke, umarmten uns fest, um uns zu erwärmen, und sprachen miteinander. …beide schliefen wir ein, friedlich und zuversichtlich, den kommenden Tag der Freiheit zu erwarten. Als ich aufwachte, fand ich Erich tot in meinen Armen.“

Die Befreiung in Dörnhau erlebt Gerhard Maschkowski wegen schwerer Erkrankung nicht bewußt, er kommt in ein Krankenhaus nach Breslau.

Nach Schätzungen starben bei diesen Räumungstransporten von Auschwitz insgesamt zwischen 9.000 und 15.000 Häftlinge.

8.5.1945 Befreiung der Eltern Maschkowski in Theresienstadt durch die Rote Armee; sie werden ins DP Camp Deggendorf gebracht, wo Gerhard sie nach seiner Genesung wiederfindet.

1945-1947 mit den Eltern im DP-Camp Deggendorf 7 „Funk-Kaserne“; er lernt dort Ursula Naumann kennen, die mit ihrer Mutter Hannelore und Schwester Margarete im Ghetto Theresienstadt überlebte.

21.2.-3.3.1947 Gerhard auf der USS MARINE MARLIN von Bremen nach New York

1949 Gerhard in Florida; Eröffnung einer Autowerkstatt

1979 Verkauf der Autowerkstatt, Umzug nach Los Angeles

Gedenken

Wollheim Memorial

Quellen

http://www.wollheim-memorial.de/de/gerhard_maschkowski

Gerhard Maschkowski, Lebensgeschichtliches Interview [Dt.], 29.6.2007. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Norbert Wollheim Memorial.

BILDER & DOKUMENTE – הכשרות החלוץ בגרמניה – דור המשך (hachshara-dor-hemshech.com)

Interview Miki Michael Goldmann-Gilead, 2015; Link: https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn530372

https://yvng.yadvashem.org/ad

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5011092

Harald Lordick, Das Landwerk Neuendorf: Berufsumschichtung – Hachschara – Zwangsarbeit; in Pilarczyk, Ulrike (Hrsg) Hachschara und Jugendalija, Schulmuseum Steinhorst, 2019

Lore Shelley (Editor), The Union Kommando in Auschwitz, Lanham, New York, London, 1996

Wiehn Erhard (Hrsg) Wer hätte das geglaubt, 2010, Hartung Gorre Verlag

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 7292); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85

Staatsarchiv Israel, Einwanderungslisten

Harald Lordick, Landwerk Neuendorf in Brandenburg, in: Kalonymos, 2017, Heft 2

Esther Bejarano, Man nannte mich Krümel, Curio Verlag 1989

Esther Bejarano, Erinnerungen, Laika Verlag, 2013

Anneliese Ora-Borinski, Erinnerungen 1940 – 1943, Kwuzat Maayan-Zwi, Israel 1970

Diethard Aschoff, „Jeden Tag sahen wir den Tod vor Augen“. Der Auschwitzbericht der Recklinghäuserin Mine Winter, in: VZ 94 – 96, 1995 – 97, Hrsg. W. Burghardt, S. 321 – 386

Video-Interview mit Issy Philipp 1994

Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015

Danuta Czech, Lagerbuch von Auschwitz

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212883

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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