Leopold Pold Herbert /Reuwen Schönenberg
*15.3.1920 in Köln; ✡24.6.2011 in Haifa
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos; Israel
Religion jüdisch

Vater Max Schönenberg *6.12.1885 in Hamm; ✡8.1.1943 in Theresienstadt
Heirat der Eltern 1.4.1915 in Köln
Mutter Erna Kaufmann *3.11.1892 in Köln; ✡ 13.10.1944 in Auschwitz
Großvater Louis Schönenberg *6.5.1854; ✡5.5.1920 in Berlin

Großmutter Cäcilie Alsberg *17.2.1854 in Sendenhorst; ✡30.12.1932 in Berlin
Großmutter Emma Kaufmann geb. Weinberg *21.12.1861 in Westernkotten; ✡13.6.1941 in Köln
Onkel/Tanten
Hedwig Schönenberg *18.5.1880 in Hamm; ✡nach Mai 1942 in Zamosc; oo David Strauß
Ernst Schönenberg*28.1.1882 in Hamm; ✡3.9.1929 in Hildesheim; oo Berg
Paul Schönenberg *24.1.1884 in Hamm; ✡ 3.2.1937 in Israel; oo Hertha Hess (1894-1947)
Elise Schönenberg *31.3.1887 in Hamm; ✡ 31.8.1941 in Guadalajara, Mexiko; oo Julius Arnheim
Meta Schönenberg *24.10.1888 in Hamm; ✡ 18.4.1943 Theresienstadt; oo Martin Tützer
Eugen Schönenberg *21.12.1890 in Hamm; oo Edith Heumann (*28.8.1905 in Dortmund)
Julius Kaufmann *12.8.1890 in Köln; ✡1964 in Köln
Regina Schönenberg geb. Berg *22.1.1890 in Warburg; ✡ Juli 1944 in Polen
Cousins
Gerda Schönenberg *17.3.1921 in Hildesheim; ✡ 8.4.2007; oo Feuermann; oo Bino
Gerda wohnte als Ziehtochter lange Zeit bei der Familie von Max und Erna Schönenberg in Köln
Robert Schönenberg *31.5.1922 Hildesheim; ✡ 2.7.1942 in Mauthausen
Großcousin Heinz Schönenberg *25.3.1912 in Duisburg; ✡30.11.1974 in Londrina, Brasilien
Beruf Schüler
Adressen Köln, Venloer Straße 23
Heirat ledig
Kinder –
Weiterer Lebensweg
1914-1918 Vater Max als Oberarzt im 1. WK an der Westfront
1919 Niederlassung des Vaters als Arzt in Köln Venloer Straße
1927 Umzug in die Venloer Straße 23
Ostern 1930- 31.10.1935 Oberrealschule am Hansa-Ring
Dezember 1933 Zusammenschluss deutschnationaler jüdischer Bünde zum Bund deutsch-jüdischer Jugend
18.6.1934 Gründung der Ortsgruppe Köln des BdjJ; Leopold S. wird Mitglied im BdjJ
Die Hachschara Bewegung
In den ersten acht Jahren der Nazi-Diktatur bis zum Beginn des Russland-Feldzuges 1941 wurden Auswanderungsaktivitäten jüdischer Organisationen nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert.
Am 25. August 1933 wurde nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft zur Erleichterung der Emigration und Förderung des deutschen Exports das „Ha’avara-Abkommen“ geschlossen.
Im gesamten „Deutschen Reich“ entstanden überwiegend landwirtschaftliche Ausbildungsstätten für jüdische Mädchen und Jungen, sogenannte Hachschara-Stätten (Hachschara hebräisch für Ertüchtigung).
So bestanden 1935 31 Hachschara-Lehrbetriebe für Landwirtschaft und Gärtnerei in Deutschland, in denen sich die „Chaluzim“ (hebräisch für Pioniere) durch Erlernen eines landwirtschaftlichen Berufs für ihre Auswanderung nach Palästina (Alija) vorbereiteten.
Der entsprechende Nachweis durch die jüdische Dachorganisation Hechaluz bildete die Voraussetzung für die Ausstellung eines Einreisevisums durch die britischen Behörden auf der Basis eines sogenannten „Arbeiterzertifikats der Kategorie C“. Von den ab 1933 nach Palästina auswandernden deutschen Juden gehörten „etwa 36 % zur »Mittelstandseinwanderung«, über das Kapitalisten-Zertifikat (Kategorie A), die 1.000 Palästina-Pfund (LP) mitbringen mussten. Die „Jugend-Alijah“ brachte Jugendliche mit dem „Studentenzertifikat (Kategorie B(III) zur Ausbildung nach Palästina. Etwa 32 % der Einwanderer kamen mit Arbeiterzertifikaten der Kategorie C, meist nach absolvierter Hachschara.
Zwischen 1933 und 1938 konnten mehr als 18.000 jüdische Jugendliche aus Deutschland emigrieren, überwiegend zur Alija nach Palästina. Das war etwa jeder vierte aus der Generation der 6- bis 25-jährigen.
Haus Berta am Freudenberg bei Alt-Schermbeck
Auf Betreiben von Leo Gompertz, Vorsitzender der RjF-Ortsgruppe Gelsenkirchen entstand 1934 auf dem Heide und Waldgelände des Julius Goldschmidt ein Jugend-und Ferienheim, Haus Berta, benannt nach der Mutter des Julius Goldschmidt.
Die feierliche Eröffnung fand am 29.7.1934 im Beisein von reichsweiter RjF- und Rabbinats-Prominenz statt. Heimleiter wurde Dr. jur. Willi Stern, 1933 von den Nazis außer Dienst gestellter Amtsgerichtsrat aus Recklinghausen. Madrich für das erste Landsommerhalbjahr 1935 war Heinz Kahn (HaKa)aus Eschwege.

Die geistliche Betreuung übernahm der zuständige Bezirksrabbiner Dr. Selig Auerbach aus Recklinghausen. Das Ehepaar Leo und Rosa Auerbach war für die Hauswirtschaft zuständig, Ruth Stamm für den Jugendsport und die Gymnastik. Die vom Hamburger Oberrabbiner Dr. Joseph Carlebach empfohlene Edith Möller aus Hamburg-Altona führte die streng koschere Küche.


9. 12.1934-2.1.1935 Winterlager im Jugendheim Haus Berta in Schermbeck
20.1.1935 Delegierten-Tagung Jugend-Obleute von BDJJ und RJF aus Rheinland und Westfalen im „Haus Berta“ befasste sich mit der Zukunftsgestaltung in Deutschland, mit der Verbindung der Werten des Judentums und dem deutschen Kulturkreis wie auch insbesondere mit den beruflichen Perspektiven.
29.7.-18.-8.1935 Sommerlager des BdjJ in Haus Berta
Vom 10.5.-31.10.1935 fand das bereits an einer Hachschara ausgerichteten erste Landhalbjahr statt; Madrich war Heinz Kahn (HaKa) aus Eschwege.
Als vermutlich bewusste Provokation wurde Haus Berta 1937 während eines wie immer besonders festlich begangenen Freitagabend-Gottesdienst zum jüdischen Schabbat von der Gestapo geschlossen.
Aus dem Lagebericht von 1937 der Staatspolizeidienststelle für den Regierungsbezirk Münster:
„Die polizeiliche Schließung des jüdischen Ferienhauses (…) hat nach dem vorliegenden Bericht des Landrats in Recklinghausen in der Bevölkerung lebhafte Befriedigung ausgelöst.“
9.12.1934 – 2.1.1935 Leopold S. mit insgesamt 58 Jungen und Mädchen der BDJJ-Ortsgruppe Köln in das Winterlager in das Jugendheim Haus Berta in Schermbeck, eine Gründung des RjF Gelsenkirchen
29.7.-18.-8.1935 Sommerlager des BdjJ in Haus Berta
1935 Zuzug der Großmutter Emma und Onkel Julius in die Wohnung Venloer Straße
Herbst 1935 Austritt aus dem BdjJ und Eintritt bei den zionistischen Bund der Werkleute
31.10.1935 Austritt aus der Oberrealschule in der Untersekunda
15.11.1935 Lehrstelle als Schlosser bei Eugen Tarrasch, dem Inhaber einer Lokomotiv-Reparaturwerkstatt in Braunsfeld und gutem Bekannten des Vaters
3.2.1936 als Mitglied der „Werkleute“ auch im JNF-KKL (Jüd. Nat. Fond- Keren Kayemeth Israel)
24.5.1936 vierwöchiger Vorbereitungslehrganz auf Hof Wecker, Rüdnitz, Bernau
Von den Prüfern der „Jugendalija wegen zu großem „Individualismus“ abgelehnt
13.10.-22.12.1936 Teilnahme an einem Schweißerlehrgang in Köln
28.1.1937 Bahnreise über München, Venedig nach Triest
3.2.1937 Einschiffung mit einer Gruppe von 60-70 Jungen auf der SS GALILEA

8.2.1937 Ankunft in Haifa, Einreise nach Palästina mit Studentenzertifikat B(III)
Schlosserlehre als erster Jahrgang nach Eröffnung der Ludwig-Tietz-Lehrwerkstatt in Jagur; die Eltern müssen die Gebühren für drei Jahre im Voraus entrichten.
1939 Änderung des Vornamens von Leopold in Reuwen
Der Weg der Eltern
Juni 1938 Die Eltern besuchen Sohn Leopold mit Touristenvisum in Israel; der Vater kann sich nicht entschließen, da zu bleiben.
9./10.1941 Verhaftung von Onkel Julius Kaufmann im Novemberpogrom, interniert in Dachau
Mai 1941 Das Haus Venloer Straße 23 wird Judenhaus, das Ehepaar Levi wird in die Wohnung eingewiesen.
September 1941 Ankündigung der Kölner Transporte nach Minsk
7.12.1941 Transport von 20 Bewohnern des Hauses Venloer Straße 23 nach Riga, u.a. Ilse Kraus, Hans Behrendt und Frau Elsbeth geb. Gottschalk, Ernst Benjamin Hoffmann und Erika Gumpert
Anfang 1942 Ausweisung aus der Wohnung in das Müngersdorfer Baracken- Lager
14.6.1942 Verbringung zum Sammellager Messehalle in Köln-Deutz

15./16.6.1942 Deportation der Eltern von Köln ins Ghetto Theresienstadt auf Transport III/1
8.1.1943 Tod des Vaters an „Bauchtyphus und Diphtherie“ (nicht Fleckfieber „Flecktyphus“) in der Inneren Abteilung des Ghetto-Hospitals in Theresienstadt; die Mutte arbitet als Pflegerin weiter.

9.10.1944 Deportation der Mutter auf Transport E p von Theresienstadt nach Auschwitz
12.10.1944 Tod der Mutter im KL Auschwitz
Gedenken
Stolpersteine auf der Venloer Straße 23: Erika Gumpert, Rosa Unger, Dr. Max Schönenberg und Frau Erna geb. Kaufmann sowie Ursel Hanauer.
Quellen
Martin Rüther, Mit der Kamera von Köln nach Palästina, 2020
https://sichtbar-machen.online
https://www.verschwundenes-sichtbar.de/begleiter/ausstellung/
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de967855
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de967859
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5091280
https://www.statistik-des-holocaust.de/III1-46.jpg
https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411207_21.jpg
https://www.mappingthelives.org
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Jüdische Holocaust-Gedenkstätten und jüdische Einwohner Deutschlands 1939-1945