
Flore Henle
*14.3.1920 in Lehrensteinsfeld; Überlebende; ✡ ?
Staatsangehörigkeit deutsch
Religion jüdisch
Vater Leopold Henle *30.6.1877 in Lehrensteinsfeld; ✡ 18.8.1940 in Ludwigsburg

Mutter Jenny Weil *19.4.1894 in Laupheim; ✡26.3.1942 in Riga Bikernieki
Großeltern Hermann Weil und Fanny Regensburger

Halbbruder Albert Henle *31.10.1909 in Lehrensteinsfeld; ✡19.11.1979 Haifa; oo Sofie Grombacher (*1911)
Onkel/Tanten
Julius Isak Henle *27.1.1886 in Lehrensteinsfeld; ✡ 26.3.1942 in Riga Bikernieki
Moritz Henle *2.1.1885 in Lehrensteinsfeld; ✡ 26.3.1942 in Riga Bikernieki
Flora Henle geb. Stein *6.2.1891 in Heilbronn; ✡ 26.3.1942 in Riga Bikernieki
Beruf Haushilfe
Adressen Lehrensteinsfeld; Ludwigsburg, Nr. 6; Urfeld;
Heirat Moshe Rothschild; 1935 nach Palästina
Kinder
Yael Rotshild ramot
Weiterer Lebensweg
Die Familie Henle ist fest im Gemeindeleben eingebunden; die Mikwe (rituelles jüdisches Frauenbad) von Lehrensteinsfeld befindet sich auf einem Grundstück der Henles.
26.1.1909 in Lehrensteinsfeld erste Ehe des Vaters mit Laura Weil (*12.12.1883 in Laupheim; ✡ 23.10.1918 in Lehrensteinsfeld)
Vater Leopold Frontsoldat im Ersten WK

29.9.1916 Onkel Josef Henle kriegsgefallen als Soldat der 7. Kompagnie des Reserve Infanterie Regimentes 119
Ca. 1919 Der Vater heiratet in zweiter Ehe Jenny Weil, die jüngere Schwester von Laura
1936 Flore nach der Volksschule als Hausmädchen in Stellung in Stuttgart
4.11.1937 Ankunft von Halbbruder Albert auf der SS HanZion in Haifa mit Kapitalistenzertifikat Kategorie A(I)
1938 Vater Leopold besucht seinen Sohn in Palästina und begeistert sich für die zionistischen Ziele
Novemberpogrom 1938
Das Haus der Familie wird verwüstet und geplündert
1938 die Gaststätte Henle wird geschlossen; Vater Leopold ins „Braune Haus“ nach Heilbronn geladen und dort von den Nazis schwer misshandelt. Die Grundstücke der Henles werden weit unter Wert verkauft und „arisiert“. Als „Judenvermögensabgabe“ muss Leopold Henle 4.000 Reichsmark bezahlen.
17.5.1939 Flore mit den Eltern in Ludwigsburg Haus Nr. 6 bei Minderheitenzählung
17.5.1939 Julius, Flora und Moritz Henle in Heilbronn, Innsbrucker Str. 31II bei Minderheitenzählung
Hachschara in Urfeld

1939 Flore Henle zur Hachschara ins Umschulungslager Urfeld auf dem Dietkirchener Hof zwischen Bonn und Köln-Wesseling, Besitzer war der mit Arthur Stern befreundete nichtjüdische Architekt Albrecht Doering aus Urfeld.
Von 1933 bis 1938/39 war der Dietkirchener Hof als Kibbuz/Beth Chaluz ein Zentrum der Vorbereitung auf die Alija nach Palästina für ca 60 Jugendliche über 18 Jahren. Das Zentrum des Hechaluz hieß auch Kibbuz Bamaaleh („Bamaaleh“=im Aufstieg), finanziert von dem jüdischen Textilfabrikanten und Architekten Arthur Stern – zu Beginn noch gemeinsam mit der Reichsregierung! Die landwirtschaftliche Ausbildung erfolgte auf Urfelder Bauernhöfen.
Anfang 1938 auch mittlere Hachschara für 15–17-Jährige Chaluzim
28.10.1938 Herbert Taub verhaftet in Urfeld in der ersten Polenaktion, zusammen mit neun weiteren Chaluzim u.a. Susi Schmerler, Leo Geffner und Josef Kleinmann sowie Muchi, Max, Oskar und Ida (nicht identifiziert). Susi Schmerler notierte in ihrem Tagebuch:
„Es sind ungefähr 25 Chaluzim, die alle schon in Deutschland auf Hachschara waren und jetzt zur Auslands-Hachschara oder Alija gehen sollten.“
„Doch da kam man uns mitten in unseren (Alija-) Plänen dazwischen. Eines Tages kamen mehrere Polizisten ins Beth Chaluz und brachten 10 Ausweisungsbefehle. Wir rechneten alle damit, dass uns noch 2-3 Monate Zeit bleiben würde. Doch nein! Es sollte heute noch sein! Wir telefonierten mit dem Flugplatz, wann das nächste Flugzeug nach London ging, doch die Polizei stand daneben und forderte von uns, dass wir sofort mitkommen müssten. Nicht einmal unsere Sachen durften wir mitnehmen.“
Novemberpogrom in Urfeld
10.11.1938 im Novemberpogrom verprügelten vier besoffene bewaffnete Nazis die Chaluzim und zerstörten das Inventar. Der nichtjüdische Hausbesitzer Doering vertrieb die Eindringlinge mit seinen Söhnen, bewaffnet mit Jagdwaffen; nachts versteckte er die Chaluzim in seinem Keller.
Auflösung in Urfeld
15.10. 1939 nach Auflösung des Lagers Urfeld wechseln 5 Chawerim direkt nach Paderborn: Heinz Becker, Karl-Heinz Goldstein, Emil Heilbronn, Hans Peter Scheier, Hans Werner Rabinowitz. Bis zum Schluss war Benny Paul Stein Madrich in Urfeld. Manfred Wolf folgt Benny Stein nach Schniebinchen, der dort bis Juli 1940 Leiter ist.
Flucht nach England
Sommer 1939 Flore kann mit „domestic permit“ nach England fliehen.
29.12.1939 Flore Henle als Hausmädchen im Haushalt der Witwe Elsie Petermann in Hove, Sussex
Februar 1940 kann sie von England nach Agypten reisen
März 1940 Ankunft in Palästina
Jungfernhof
26.11.1941 Beginn der Internierung in den Ausstellungshallen auf dem Killesberg Stuttgart 26.11.1941 Verbringung der Mutter Jenny Henle von Ludwigsburg in das Sammellager auf dem Killesberg in Stuttgart
1.12.1941 Transport von Jenny Henle vom Inneren Nordbahnhof Stuttgart nach Riga; ebenfalls auf dem Transport die Verwandten aus Heilbronn Julius Isak, Flora und Moritz Henle
4.12.1941 Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa, Fußmarsch ins Lager Jungfernhof, provisorisches Außenlager des Ghetto Riga
26.3.1942 „Dünamünde-Aktion“ im Lager Jungfernhof, 1200 erschossen in Bikernieki, 450 bleiben zurück
26.3.1942 Tod der Mutter und der Verwandten aus Heilbronn Julius Isak, Flora und Moritz Henle bei der „Dünamünde-Aktion“
26.3.1942 Tod der Mutter bei der „Dünamünde-Aktion“
Gedenken
Beisetzung der Großeltern auf dem jüdischen Friedhof in Laupheim
Beisetzung des Vaters Leopold auf dem Jüdischen Friedhof , Ludwigsburg
Beisetzung des Bruders Albert Sde Yehoshua Cemetery, Haifa
Stolperstein für die Mutter Jenny in Ludwigsburg im Beisein der Enkelin Yael Rotshildramot, der Urenkel Revival Harush und Amilhood Rotshildramot sowie Ururenkel Ori Rotshildramot
Quellen
Württembergische Verlustlisten vom 29.1.1917, Seite 17358
Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947
https://www.yadvashem.org/yv/de/exhibitions/rosh-hashana/henle.asp#prettyPhoto
Hubert Schneider (Hrsg.) Das Tagebuch der Susi Schmerler, eines jüdischen Mädchens aus Bochum, LIT-Verlag, 2018
Liste der Zbaszyn-Deportierten, die Verwandte im Ausland haben, erstellt in Krakau August 1939
Hubert Schneider, Die Entjudung des Wohnraums: Judenhäuser in Bochum; Münster, 2010
Zbaszyn Liste der in Deutschland geborenen, nach Herkunftsort der Familie, Typoskript Krakau 1939
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de
https://www1.wdr.de/urfeld100.html
U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)