Wolf Manfred

Manfred Fred Wolf

*15.7.1924 in Merl, Mosel; ✡ 27.5.2015 in Los Angeles

Staatsangehörigkeit deutsch

Religion jüdisch

Vater Eduard Wolf *23.9.1893 in Merl; ✡24.7.1942 in Minsk

Mutter Rebecca Ricka Fränkel *30.8.1900 in Merzig; ✡1935

2. Ehe des Vaters 1936

Stiefmutter Johanna Levy *13.2.1901 in Bruchweiler, Trier; ✡24.7.1942 in Minsk

Geschwister –

Beruf Schlosserlehrling

Adressen Merl, Reichestraße 115; Lückerath; Köln; Urfeld; Bergisch-Gladbach; Paderborn, Grüner Weg 86; Los Angeles

Heirat August 1952 in Köln mit Sonja Berger *9.1.1931 in Berlin; ✡19.11.1993 in Los Angeles

Kinder

Rika Rita Wolf *1952 in Köln

Eddie Wolf *in Erie, PA; oo Deborah

2. Ehe mit Calia Mintzer

Weiterer Lebensweg

8 Klassen Mittelschule

1935 Mutter nach einem Brand schwer verletzt, stirbt an den Folgen

1937 Bar Mitzwah in Koblenz

10.11.1938 Männermodengeschäft/Schneiderei Wolf Merz, Provinzialstraße 115 im Novemberpogrom überfallen und völlig verwüstet; Vater verhaftet, „Schutzhaft“ in Dachau; Häftlingsnummer 28299

28.11.1938 Vater entlassen aus Dachau; Umzug nach Köln

17.5.1939 mit den Eltern in bei Minderheiten-Volkszählung

23.6.1939 Vertrag zwischen der RVJD und der Stadt Paderborn zur Errichtung des Umschulungs- und Einsatzlagers Paderborn, Grüner Weg 86;

1939 bis Oktober 1939 in das Hachschara-Lager Urfeld bei Köln-Wesseling, dann zur Ausbildung als Mechaniker nach Köln; Vater und Stiefmutter folgen nach Köln.

Chaluzim in Urfeld; (Fred Wolf ? hinten 2. v.l.) Madrich Benny Stein 2. v. re.

Paul Benny Stein war dort Madrich (Leiter); nach Schließung von Urfeld fährt Manfred Wolf in die Hechaluz-Zentrale nach Berlin

Auflösung in Urfeld

15.10. 1939 nach Auflösung des Lagers Urfeld wechseln 5 Chawerim direkt nach Paderborn: Heinz Becker, Karl-Heinz Goldstein, Emil Heilbronn, Hans Peter Scheier,  Hans Werner Rabinowitz. Bis zum Schluss war Benny Paul Stein Madrich in Urfeld.

In der Handwerkerschule der SG Köln ca 1939; Foto „NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln“
Vorne v.l.: A. Voks, Heinz Friedmann, Alex Salm, Wolfgang Jakobs, unbekannt (Artur Kann? Fred Wolf?)
Hintere Reihe v.l.: Siegfried Rothschildt, Karl Heinz Ulmer, Joachim Israel, Karl-Heinz Lichtenstein , ?

Oktober 1939 Manfred folgt Benny Stein nach Schniebinchen, der dort bis Juli 1940 Leiter ist

5.7.1941 behördliche Anordnung zur Auflösung der Hachschara-Lager, auch Schniebinchen; Wechsel für ein paar Wochen in das Arbeitseinsatzlager „Neue Feldschneidemühle“ in Eichow bei Forst, Arbeit für das Rittergut Eichow; bei Auflösung Ende 1941 gehen 7 Chawerim im Sept. und Dezember nach Paderborn: Adolf Bender, Günter Gern, Margarete Kane, Hartwig Langenbach, Ruth Schreiber, Manfred und sein Freund Peter Wolff

1.12.1941 aus Eichow angemeldet im Lager Paderborn

Juli 1942 Manfred Ruf erinnert sich:

„Es war im Sommer 42 als ich ins Büro des Lagers in Paderborn gerufen wurde,
weil mein Vater am Telefon war. Mein Vater sagte, dass er und meine Stiefmutter nach dem Osten gebracht werden würden und wollte, dass ich mitkomme. Ich sagte: ‚Nein. Ich möchte nicht dorthin.‘ Mein Vater brach in Tränen aus, aber ich hatte Angst, mich ihnen anzuschließen.“

19.7.1942 Vater und Stiefmutter zwischen 10-15 Uhr nach Köln-Deutz, ins Sammellager Westhalle der Messehallen

20. 7.1942 Vater per Zug Da 219 von Köln nach Minsk deportiert, 1.164 Menschen, darunter 118 Kinder aus dem jüdischen Waisenheim St. Apernstraße 29/3;

24. 7. 1942 Ankunft des Vaters am Güterbahnhof Minsk, von dort mit Lastwagen in das Waldstück Blagowschtschina in der Nähe des Dorfes Maly Trostenez unweit von Minsk verbracht, vor bereits vorbereiteten Gruben von Kommandos der Sipo und des SD erschossen und in Massengräbern verscharrt

November 1942 in Kraft tretendes Gesetz: „Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren.“

20.2.1943 neue Richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes für die „technische Durchführung der Evakuierung“

März 1943 Reichsweite „Fabrikaktion“, alle noch in Arbeitslagern und kriegswichtigen Betrieben beschäftigten „Volljuden“ werden verhaftet und in Konzentrationslager nach Auschwitz und ins „Generalgouvernement“ deportiert

27.2.1943 Befehl von Wilhelm Pützer (1893-1945), Leiter des Judenreferats der Gestapo-Außendienststelle Bielefeld, das „jüdische Arbeitseinsatzlager in Paderborn“ aufzulösen und deren Insassen und weitere Juden aus dem Sprengel bis zum 1. März, also zwei Tage später, nach Bielefeld zu bringen, wo sie „spätestens“ bis 13 Uhr im „Saal der Eintracht“ eintreffen mussten.

27.2.1943 die Pforte des Lagers Paderborn wird von Polizisten bewacht, um Fluchten zu verhindern

1.3.1943 Auflösung des Arbeitslagers Paderborn; mit der Bahn nach Bielefeld, dann mit Bussen ins Sammellager Saal im Haus der Gesellschaft „Eintracht“ am Klosterplatz

Erwin Angress berichtet:

„Die Jüdischen Lagerinsassen – insgesamt 99 – wurden in Extrawagen nach Bielefeld transportiert, die an den fahrplanmäßigen Zug ab Paderborn am 1.3.43 um 8.24 Uhr angehängt wurden. In Bielefeld gab es im Saal des Vereinslokals ,Eintracht‘ ein Sammellager für Juden aus dem ganzen Bezirk. Bereits in der darauffolgenden Nacht vom 1. auf den 2. März 1943 wurden alle Juden zum Bielelelder Güterbahnhof gebracht und in Waggons gepfercht. Mit diesem Zug rollten wir dann nach Auschwitz… Nur 9 Personen haben überlebt.“

2.3.1943 40 Stunden im geschlossenen Güterwaggon, Transport Bielefeld über Hannover – Erfurt – Dresden nach Auschwitz mit allen 98 Chawerim aus dem Arbeitslager

3.3.1943 Ankunft und Selektion in Auschwitz; Ernst Michel berichtet:

„Es gab nun zwei Reihen, beide rückten langsam voran. Männer an eine Seite, Frauen an die andere. … Issy schlurfte neben mir. Er war in Paderborn einer der charismatischen und zuverlässigsten Leiter. Er war dynamisch, optimistisch und stets hilfsbereit. Er war stark wie ein Stier. Er hatte Lilo in Paderborn geheiratet einige Wochen vor unserer Deportation. Sie war bereits auf der anderen Seite. Tränen rannen sein Gesicht hinunter. Ich berührte ihn. Er nickte nur.“

Manfred Wolf eingewiesen in Auschwitz III zum Aufbau des IG-Farben Werkes Buna Monowitz, Häftlingsnummer 105064, sein Freund Peter Wolff, der neben ihm steht bekommt die Nummer 105065

Kalendarium von Auschwitz vom 3.3.1943

„Reichssicherheitshauptamt Transport, Juden aus Berlin. Nach der Selektion lieferte man 535 Männer als Häftlinge ins Lager ein, sie bekamen die Nr. 104 890 – 105 424; 145 Frauen bekamen die Nr. 369035 – 37 079. Die übrigen wurden vergast.“

Manfred Wolf berichtet:

„Der Madrich Paul Stein war der erste Häftling meines Transports, der
Selbstmord beging. Er wusste, dass die SS-Männer ihn vom Wachturm aus
erschießen würden, wenn er dem Stacheldraht des elektrischen Zauns zu
nahekäme. Er war krank und konnte die inhumane Behandlung im Lager nicht
länger ertragen… kein Essen, man wurde immer wie ein Hund getreten.“

Zunächst im Kabelkommando, dann schwere körperliche Arbeit im Zementkommando von Monowitz,

Manfred Wolf mit absichtlich verursachter akuter Konjunktivitis im Krankenbau von Monowitz. Ernie Michel, Chawer aus Paderborn, arbeitet als Funktionshäftling in der Krankenstation; er rät ihm:

‚Hau morgen früh ab, denn da kommt die SS und wenn sie sehen, dass du nicht arbeiten kannst, schicken sie dich in die Gaskammer.‘ Das habe ich gemacht. Die Verbrennung heilte und Ernie gab mir von der Krankenstation neue Kleidung.“

Er wird „Piepl“ von Kapo Harry (Hendryk?) Naftali ein polnischer Jude, der ihn beschützt.

Herbst 1944, Kapo Harry nimmt ihn mit ins Außenlager Sosnowitz II bei Kattowitz, wo er als Dachdecker Barackendächer repariert und später an der Drehbank in einer Waffenfabrik arbeitet.

17.1.1945 „Evakuierung“ des Außenlager Sosnowitz II über Gleiwitz – Oppau – KZ Mauthausen

Über Kattowitz nach Gleiwitz; Isidor Philipp berichtet:

„Wer sich hinlegte, wurde von den SS-Männern, die auf Motorrädern fuhren, erschossen.“

Von Gleiwitz zu Fuß bis zur tschechischen Grenze. Isidor Philipp:

„Von dort begann dann – in offenen Kohlewaggons und bei 15 Grad unter Null – die Fahrt durch Polen, Tschechoslowakei und Österreich zurück nach Deutschland.“

2.2.1945 Internierung und Quarantäne im KL Mauthausen Häftlingsnummer 125750

7.3.1945 als Facharbeiter im Lager Hinterbrühl, Außenlager des KL Mauthausen in Wien-Floridsdorf; in der unterirdischen Seegrotte des ehemaligen Gipswerk, bestehend von September 1944 bis zum 1.4.1945: Produktion der Kopfelemente für V2-Raketen; Bauteile für Nachtjäger Heinkel 216, Herstellung des Rumpfes und Montage des Düsenjägers (Volksjägers) Heinkel 162

Produktion der Heinkel 162 in der Seegrotte¸ Foto Seegrotte | © Broschüre „He 162“

Manfred Wolf:

„Ich baute das Druckluftkatapult für den Pilotensitz zusammen.“

1. April 1945 Auflösung des Außenlagers Hinterbrühl 1.884 Häftlinge zu Fuß ins KZ Mauthausen überstellt; vor dem Abmarsch wurden 52 marschunfähige Häftlinge erschossen und in einem Massengrab in Hinterbrühl verscharrt. Manfred Wolf berichtet über den Todesmarsch:


„Auf dem Weg zurück nach Mauthausen schliefen wir in Zelten. Viele ungarische Juden wurden von den Kugeln der Maschinenpistolen durchsiebt, weil sie einen Befehl missachteten und nicht aus den Erdlöchern, in die sie sich wegen der Kälte eingegraben hatten, herausgekommen waren. Am
nächsten Tag versuchten andere Häftlinge deren Körperteile als essbares Fleisch zu verkaufen.“

7./8. 4.1945 Ankunft von 1.624 in Mauthausen, Kapo Harry kommt mit ihm zusammen an.

Kurz vor der Befreiung erneut auf einem Todesmarsch in das Mauthausen-Außenlager Gunskirchen bei Wels

Befreiung im Lager Gunskirchen bei Wels

6.5.1945 Befreiung von Mauthausen und Gusen; er schlägt sich zu Fuß bis Salzburg durch

Mai 1945 kurzzeitiger Hospital-Aufenthalt, dann DP-Camp in Salzburg

15.7.1945 Fahrt über den Brenner-Pass nach Udine in ein DP Camp in Modena

2/1946 von Genua mit einem von der Haganah gechartertem Schiff (SS TEL HAI ?) nach Haifa;

Vor Haifa wird das Schiff von der Britischen Marine aufgebracht und in den Hafen geleitet; das letzte illegale Alijah-Schiff, deren Passagiere ins Camp Atlith gebracht werden; die folgenden werden von den Briten auf Zypern interniert. Nach Ablauf der Quarantäne wird er von der Familie seines Onkels Max Wolf in Haifa aufgenommen.

1948 nimmt er am Palästinakrieg teil

1951 Rückkehr nach Merl und zurück nach Köln, wo er Sonja Berger kennenlernt

1953 Heirat mit Sonja Berger

Mit Frau und Tochter auf der USS LIBERTY von Rotterdam nach Saskatchewan, Kanada

1954 Teilnahme am Meeting „Reunion of Survivors“ in New York

Umzug nach Los Angeles

27.5.2015 Tod in Los Angeles

Gedenken

6.5.1956 Page of Testimony für Eduard Levy von seinem Bruder Max Wolf

12.10.2000 Page of Testimony für die Stiefmutter Levy von Alex Salm

Quellen

Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1554307

https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de994179

Manfred Wolf im Video. https://youtu.be/S7OwhL2eBxQ

www.youtube.com/watch?v=S7OwhL2eBxQ&t=39s

https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=en&s_id=&s_lastName=Wolf&s_firstName=&s_place=Merl&s_dateOfBirth=&cluster=true

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/1845677

https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/130429685?s=Wolf%20Eduard%201893&t=532940&p=0

Steven Lieberman, Fred Wolf’s Personal Holocaust Story, Jewish Magazine 8/2008

http://www.gelsenzentrum.de/fred_wolf_survivor.htm

https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20435/Merl%20Fred%20Wolf%20010.jpg

Margit Naarmann, Ein Auge gen Zion, Paderborn, 2000; ISBN3-89498-087-7

Ernest W. Michel, „Promises Kept – Ein Lebensweg gegen alle Wahrscheinlichkeiten“, 2013

Kurt Salinger, Nächstes Jahr im Kibbutz, Paderborn 1998

www.80jahrepogrom.jgpb.de/erwin-angress/

Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm

Geboren 31. Mai 1951 in Recklinghausen Gymnasium Petrinum 1961 bis Abitur1970 Studium der Humanmedizin in Bochum Approbation 1981 Promotion1982 Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin Im Ruhestand seit 2016

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