Karola Labandter
*14.9.1900 in Schildesche, Bielefeld; ✡ 28.5.1945 in Neustadt/Holstein
Staatsangehörigkeit deutsch, staatenlos
Religion Jüdin
Vater Abraham Grünewald *24.6.1862 in Schildesche; ✡ 25.11.1929 in Schildesche
Mutter Fanny Reinhardt *3.3.1876 in Helsen; ✡ August 1943 in Bielefeld
Tante Luise Stern geb. Grünewald *9.9.1872 in Schildesche, Bielefeld; 30.4.1942 nach Zamosc, ✡ Ort und Datum unbekannt
Geschwister
Paula Grünewald *12.10.1895 in Schildesche; deportiert; ✡ vor 1945
Cousin/en aus Herford

Frieda Grünewald *20.4.1894 in Herford; ✡28.7.1944 Riga Bikernieki
Else Grünewald *6.4.1896 in Herford; ✡1943 in Riga
Robert Grünewald *3.12.1901 in Herford; ✡28.121944 in Stutthof
Neffen
Hermann Neudorf *3.6.1925 in Horst, Gelsenkirchen; Riga-Überlebender

Hans Hirsch* 12.7.1926 in Herford; Auschwitz-Überlebender; ✡5.5.1997 in Herford
Verwndte aus Bochum
Leo Marx *17.7.1895 in Linz; Tod in Riga zwischen 1942 -1944
Else Marx geb. Grünewald *11.12.1907 in Schildesche; ✡ nach 1.10.1944 in Stutthof
Beruf Verkäuferin
Adressen
Heirat 2.1.1936 Willy Labandter *2.7.1902 in Berlin; ✡ 27.2.1993 in Flushing, New York
Kinder –
Weiterer Lebensweg
1933-1938 befristete Aushilfen als Verkäuferin im Kaufhaus Alsberg in Bielefeld
2.1.1936 Heirat mit Willy Labandter, Angestellter der AOK Bielefeld von 1927-1937
Umzug von Bielefeld nach Lübbecke
1937-1938 Willy Labandter Buchhalter bei jüdischen Firma der Brüder Max und Salomon Hecht in Lübbecke
1.11.1938 Rückkehr des Ehepaars nach Bielefeld als Mitmieter bei der Mutter Fanny
Ehemann Willy Labandter
4.8.1939 Emigration des Ehemanns nach England; er war mehrfach von der Gestapo dazu aufgefordert worden; Karola bleibt bei ihrer Mutter zurück.
29.9.1939 Ehemann Willy mit den Brüdern Otto und Hans Katzenstein aus Bielefeld (*21.8.1905 bzw.*17.11.1908), Fritz Hoffmann aus Münster (*25.1.19239) und zwei weiteren jüdischen Flüchtlingen registriert im Boarding House der Familie Haworth in 19, Adamson Road, Hampstead, London bei britischem Census.

17.-23.10.1951 Willy Labandter mit der zweiten Ehefrau Alice auf der SS ILE DE FRANCE von Southampton nach New York
Ein Brief nach New York

18.6.1941 schreibt Karola Labandter einen Brief an den in die USA geflüchteten Moses Moritz Lazarus (*2.8.1867 in Trier), der zuvor auch in Lübbecke wohnte (früherer Vermieter?)
November 1941 Deportationsbefehl der Gestapo
Verbringung aus den Regierungsbezirken Münster, Osnabrück und Bielefeld in die Sammellager
11.-13.12.1941 Sammelstelle Restaurant Kyffhäuser am Kesselbrink in Bielefeld
13.12.1941 ab Bielefeld nach Skirotawa, Riga; auf diesem Transport befinden sich zahlreiche Mitglieder der engeren und weiteren Familie Grünewald, u. a. die Cousin/en Frieda, Else und Robert aus Herford, die überlebenden Neffen Hermann Neudorf und Hans Hirsch, Jenny Grünewald (*9.9.1886) und Jenny Libowski geb. Grünewald und ihr Mann Paul aus Bielefeld
15.12.1941 23 Uhr Ankunft Rangierbahnhof Skirotawa; über Nacht in kalten Waggons eingesperrt
16.12.1941 Fußmarsch ins Ghetto Riga; Unterbringung im „Bielefelder Haus“ auf der Vilanu Iela.
Juli -November 1943 schrittweise Auflösung des Ghettos; Einrichtung des Konzentrationslagers Riga-Kaiserwald und verschiedener Betriebslager mit lokaler Kasernierung; Kommandant des KL Kaiserwald Sturmbannführer Albert Sauer
3.November 1943 Auflösung des Ghetto Riga
November 1943 Außenkasernierung in Riga
Sommer 1944 Auflösung des KL Kaiserwald, Riga
Juli – September 1944 Transporte der Arbeitsfähigen aus Riga per Schiff nach Stutthof
6.8.-9.8.1944 1. Großer Transport mit der „Bremerhaven“ von Riga nach Danzig
Verlegung in eins der Außenlager des KL Stutthof in der Region Danzig
Die Tragödie in der Lübecker Bucht, der Judenmord von Neustadt
21.-26.4.1945 10 000 Häftlinge aus dem KL Neuengamme von SS-Wachen nach Lübeck gebracht, dort auf das manövrierunfähige Kreuzfahrtschiff „Cap Arcona“ und die Frachter „Thielbeck“, „Athen“ und „Elmenhorst“ im Vorwerker Hafen.
April 1945 Karola Labandter mit Häftlingen aus den Stutthof-Außenlagern um Danzig werden mit Lastkähnen und Schuten in die Lübecker Bucht gebracht. Der Kapitän der ARCONA verweigert die Übernahme auf das schon überfüllte Schiff;
3.5.1945 die Lastkähne mit den Stutthof-Gefangenen treiben herrenlos ohne Antrieb an den Strend von Pelzerhaken bei Neustadt. Die Häftlinge versuchen vom Strand aus, sich Nahrungsmittel zu besorgen
3.5.1945 am frühen Morgen treiben SS-Männer und Marinesoldaten in einer sogenannten „Sammelaktion“ die Menschen zusammen und erschossen mindestens 208 Häftlinge aus dem KL Stutthof; die Überlebenden des Massakers sollen auf die „ATHEN“ gebracht werden, die am Marinehafenkai lag, dazu kommt es aber nicht mehr.
3.5.1945 Britischer Fliegerangriff in der Lübecker Bucht bei Neustadt auf die „Cap Arcona“ und die „Thielbeck“, die nach Treffern Feuer fangen und sinken; über 7000 Häftlinge ertrinken. Tragisch: eine entsprechende Meldung des IRC war nicht weitergeleitet worden und erreichte die Piloten nicht.
3.5.1945 Befreiung durch die britische Royal Army; die geschwächten Überlebenden werden in das Landeskrankenhaus Neustadt gebracht.
28.5.1945 Tod von Karola Labandter im Landeskrankenhaus Neustadt
Gedenken
Ursprüngliche Beisetzung auf Friedhof des Landeskrankenhauses;
1946 Umbettung auf den jüdischen Friedhof Neustadt
5.1.1947 Feierliche Einweihung des jüdischen Friedhofs in Neustadt;

Errichtung eines Grabsteins durch den überlebenden Witwer Willy Labandter
Quellen
https://www.mappingthelives.org
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
Ralf Piorr / Peter Witte (Hg.) Ohne Rückkehr. Die Deportation der Juden aus dem Regierungsbezirk Arnsberg nach Zamość im April 1942; Klartext, Essen 2012
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/70712106
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/70712254
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de956673
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de880796
https://spurensuche-bielefeld.de/spur/karola-labandter-die-befreiung-kam-zu-spaet
1939 Register von England und Wales
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 8056); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85
U.S. Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI)
Bernd Philipsen, Fred Zimmak, Hrsg., Wir sollten leben, Novalis 2020
Dietlind Kautzky, Thomas Käpernick Hrsg., Mein Schicksal ist nur eins von Abertausenden VSA 2020
Wolfgang Scheffler, Diana Schulle, Buch der Erinnerung, Die ins Baltikum deportierten Juden 2011
Hilde Sherman, Zwischen Tag und Dunkel, 1984, Ullstein Verlag
Christin Sandow (Hrsg.), Käthe Fries, Schießen Sie mich nieder, Lukas Verlag 2017
Gertrude Schneider, Reise in den Tod, Deutsche Juden in Riga 1941-1944, Laumann-Verlag, 2008,
Gertrude Schneider, Exile and Destruction, The Fate of the Austrian Jews 1938-1945; Praeger 1995
Hilde Sherman: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M.-Berlin-Wien, 1984
Anita Kugler, Scherwitz – Der Jüdische SS-Offizier, 2017